Soziale Lösungen statt Symbolpolitik mit Zaun!

Ein Zaun um den Görli verdrängt die sozialen Probleme in die Straßen und Hauseingänge der Anwohner, statt sie zu lösen. Nur soziale Hilfe bekämpft die eigentlichen Ursachen.

Als Anwohnerin erlebe ich die zunehmende Verelendung vieler Menschen, die wachsende Obdachlosigkeit wie auch Drogenproblematik rund um den Görli tagtäglich. Seit Corona hat sich die Situation leider verschärft, viele Menschen fühlen sich damit alleingelassen. Hausgemeinschaften müssen ihre Haustüren absperren, um Einbrüche, Vandalismus und das Elend vieler Menschen nicht vor der Wohnungstür zu haben. Es wäre Aufgabe des Senats diese Menschen nicht auf der Straße verwahrlosen zu lassen, und genauso Aufgabe der Eigentümer*innen, die Haustüren einbruchsicherer zu machen, anstatt einfach nur Jahr für Jahr die Mieten zu erhöhen. Denn das ist die Realität vor Ort. Die Probleme rund um den Görli sind aber kein von Kreuzberg gemachtes Problem. Das weiß auch der Senat: Die gleichen Probleme gibt es in anderen Kiezen in der Stadt bis nach Spandau.

Allen hier ist klar: Ein Zaun um den Park wird nicht dafür sorgen, dass wir Anwohner*innen entlastet werden, denn die Konsument*innen und Dealer werden noch mehr in Hauseingänge und Hinterhöfe verdrängt. Wir erleben schon seit Frank Henkels Zeit, dass sich Kriminalität und soziale Probleme nur verlagert haben. Dieser Senat wiederholt die Fehler der Vergangenheit. Mit einem Zaun um den Park wird diese Verdrängung nur noch mehr statt weniger werden. Man löst Probleme in der Stadt nicht, indem wir diese nur verschieben oder woanders hin verlagern. Sie werden auch nach einem Zaunbau bleiben.

Statt teurer Symbolpolitik, mit der er „es Kreuzberg mal richtig zeigen will“, sollte sich Kai Wegner die Situation vor Ort genau anschauen. Der letzte Besuch des Senats war nicht mehr als eine kurze Stippvisite, er hat sich kein einziges Projekt im Park angeschaut. Es braucht weder falsche Fakten für die Beweggründe des Zauns noch teure Symbolpolitik, sondern es braucht endlich eine Verbesserung der Lebensrealität der Menschen vor Ort, sprich pragmatische Lösungen, die wirken.

Es gibt im Görli einige Kinderspielplätze. Neben all den Familien, die den Park rege nutzen, nutzen auch einige Kitas und Kinderläden diese. Bevor man nun mit Zäunen alle Menschen aussperrt, wäre es effektiver und günstiger, die Spielplätze als sichere Orte zum Spielen zu schützen. Dafür kann eine Umzäunung der Spielplätze sinnvoll sein. Spielplätze müssen für Kinder da sein, und zwar ohne diese jeden Morgen erstmal von Spritzen und Dreck reinigen zu müssen. Der Bezirk hat das so etwa mit beim Spielplatz in der Falckensteinstraße Ecke Görlitzer Straße gemacht. Wir alle können beobachten, dass es funktioniert: der Spielplatz ist ein geschützter Bereich, die Kinder fühlen sich wohl und sicher. Auch im Park, beim Angebot Sport 365, funktioniert die Abgrenzung zum Park durch kontrollierten Einlass und den umzäunten Bereich. Das ist sicher nicht DIE Lösung für alle Probleme, aber immerhin etwas Konkretes für einige.

Der Regierende muss sich aus seiner ideologischen Komfortzone heraus bewegen und nach pragmatischen Lösungen suchen. Er sollte sich in der Realität mit all den vielen kleinteiligen und konkreten Ansätzen beschäftigen. Dazu gehört übrigens die bei weitem nicht gesicherte und bisher nicht nachhaltige Finanzierung der Drogen- und Suchthilfe. Statt die nächsten Hundertschaften durch den Park zu schicken, braucht es gezielte Polizeiarbeit, die Strukturen bekämpft statt kleine Dealer zu jagen, Kontaktbereichsbeamte für Gewerbetreibende und mehr Präsenz auch in den Nachtstunden. Die traurige Realität ist aktuell, dass selbst Notrufe wegen Diebstahl oder Vandalismus abgetan werden oder es sehr lange dauert, bis die Polizei kommt. Einige Anwohner*innen sagen sogar, sie hätten aufgegeben, die Polizei anzurufen. Die Planlosigkeit des Senats bei der Kriminalitätsbekämpfung im und um den Görli verstärkt leider auch das Gefühl vieler Anwohner*innen, der Rechtsstaat nimmt ihre Hilferufe nicht ernst. Das ist gefährlich für uns und den sozialen Zusammenhalt.