Für eine andere Wohnungspolitik: jetzt erst recht!

Als fachpolitisch zuständige Abgeordnete möchte ich heute nach dem Rücktritt von Andrej Holm, den ich sehr bedaure, meine Sichtweise dazu schildern. Dabei will ich mich jetzt explizit nicht dazu äußern, ob das Kreuz im Fragebogen der HU an der falschen Stelle war oder nicht. Auch will ich jetzt hier nicht diskutieren, ob eine Person mit so einer Vita überhaupt ein solches Amt als Staatssekretär bekleiden darf. Vielmehr möchte ich den Fokus auf die Zukunft richten. Denn nach wie vor bin ich überzeugt: Rot-Rot-Grün kann und wird es besser machen. Und ich werde weiter dafür kämpfen (und das gilt für die Grünen insgesamt), dass wir einen Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik, den die 85% Mieter*innen dieser Stadt dringend brauchen, einleiten.

Zwar verlieren wir nun einen kompetenten, engagierten und klugen Kopf als Staatssekretär. Andrejs Rücktritt ist wirklich ein herber Verlust. Aber trotz des Bedauerns stelle ich fest: keiner ist unersetzbar. Wer glaubt, die Wohnungspolitik dieser Stadt lässt sich anhand einer Person ändern, der unterschätzt die Widerstände. Zumal der Koalitionsvertrag auch ohne ihn zustande kam – bei aller Würdigung seines Wirkens. So sehr wie ich für viele progressive Vorschläge in dem Koalitionsvertrag gekämpft habe, so sehr werde ich nun für dessen Umsetzung kämpfen. Auch wenn wir uns nicht in allen Forderungen durchsetzen konnten, habe ich gemeinsam mit den Linken in den über vierwöchigen Koalitionsverhandlungen hart gekämpft, um die bisherige Senatspolitik, die nur auf teuren Neubau setzt und die BestandsmieterInnen faktisch vernachlässigt, zu stoppen. Die im Koa-Vertrag vereinbarten Bausteine wie die Reparatur des bestehenden Sozialen Wohnungsbaus, die Verschärfung diverser Mieterschutzrechte und die soziale Neuausrichtung der Landeseigenen Wohnungsunternehmen (uvm.) für eine bedarfsgerechte Wohnungspolitik sind entscheidend, um die soziale Spaltung der Stadt noch zu stoppen. Das wird extrem schwer. Und genau deshalb muss nun die Devise gelten: jetzt erst recht. Denn es geht um die Menschen, die konkret betroffen sind. Ob mit einem Staatssekretär Holm oder nicht – sie erwarten von uns zu Recht konkrete Verbesserungen ihrer Wohnsituationen und vor allem die Umsetzung des Koalitionsvertrages. Und dieser Verantwortung will ich mich auch weiterhin stellen.

Dass das nicht von Heute auf Morgen geht, dass es starke Widerstände gibt und geben wird und dass wir das wenn überhaupt nur gemeinsam – die Bewegungen und die Koalition – schaffen können, das ist ganz klar. Umso erstaunter bin ich nun über Äußerungen darüber, wer am Rücktritt Schuld ist oder wie viel Verantwortung trägt. Bei mir melden sich seit Wochen viele Initiativen, MitstreiterInnen und AktivistInnen. Leider ist in der Öffentlichkeit zweimal der Eindruck entstanden, wir Grüne hätten den Rücktritt von Andrej Holm gefordert bzw. ihn nicht ausreichend unterstützt. Auch Andrej lässt das in seiner heutigen Erklärung auf seiner Homepage anklingen. Insgesamt scheint die Story verbreitet zu werden, SPD und Grüne seien am Rücktritt Schuld. Wenn es denn so einfach wäre. Wir Grünen haben an keiner Stelle seinen Rücktritt gefordert. All diejenigen, die das behaupten, vermute ich, tun dies aus politischem Kalkül. Am Donnerstag Abend haben wir Grüne und ich persönlich im Plenum den Linken unsere Solidarität zugesichert. Und überhaupt, ich finde alle drei Partner haben es gemeinsam verbockt (Stichwort „Gutes Regieren geht nur gemeinsam“). Welche Konsequenzen und Schlussfolgerungen nun gezogen werden, müssen unsere Parteispitzen klären.

Ich wünsche Andrej Holm alles Gute – politisch, beruflich wie privat. Wir werden sicherlich auf seine Expertise auch nicht verzichten müssen. Und ich appelliere an alle Initiativen und AktivistInnen, mit uns gemeinsam weiter zu kämpfen – für eine gemeinwohlorientierte, soziale und progressive Wohnungspolitik! Jetzt erst recht!

6 Kommentare

  1. Eine sehr schöne Einleitung wie ich finde. 

    Aber ob es unter diesen "Startbedingungen" wirklich jetzt noch Tatsache werden kann dass R2G es besser machen kann und wird steht meines Erachtens momentan in den Sternen. 

    Die Causa Holm ist zu einem Poltikum geworden, zum Indiz dafür dass noch immer der Immobilienmarkt die Fäden führt, wenn auch verdeckt! Da hätte ich mir sowohl von links als auch von grün deutlich mehr Willensstärke und lautstarken Protest gegenüber Herrn Müllers Alleingang gewünscht. Wollten Sie nicht auf Augenhöhe koalieren? Das sieht aktuell nach allem Anderen aus.

    Wenn R2G schon so beginnt, kann sie es dann wirklich besser machen als die Vorgängerkoalitionen?

    Ihre Worte Fr. Schmidberger klingen mit Verlaub eher nach einem "Schwamm drüber" denn nach einem wirklichen Bedauern oder gar einer Unterstützung Holms auch im Abgang.

    Wenn Sie auf Augenhöhe koalieren wollen und Berlin gemeinsam schaffen wollen dann wäre es an der Zeit Gedanken darüber zu verschwenden an der Personalie zu rütteln die ohne Absprache so einfach mit so sinnentleerten Worten kompetentes Personal "hinauskomplimentiert" statt ernsthaft gemeinsam zu arbeiten.

    Ich als mittlerweile "notorischer" Grün-Wähler wünsche mir ernsthaft dass Sie in diesem 3er-Gespann aktiver und vor allem stärker sind!

    Holm ist nicht so schnell vergessen…

    es grüßt Sie herzlichst

    Sebastian Rohrlach 

     

  2. Danke für deine öffentliche Klastellung und weitere Unterstützung!

    Norbert Rheinlaender, Dipl.-Ing. Arch.

    Aktivist zum Park am Gleisdreieck, Tempelhofer Feld und Görlitzer Park; außerdem BI Westtangente, Lokale Agenda 21, B 21 e.V. u.a.

  3. Frau Schmidberger, was wäre denn passiert, wenn Lompscher keine Kündigung geschrieben hätte? Genau, dann hätte der Senat entscheiden müssen. 5 Leute SPD, 3 Leute Linke und 3 Leute Grüne. Wer war da wohl das Zünglein an der Wage? Richtig. Die Grünen.

    Die Aussage " Wir Grünen haben an keiner Stelle seinen Rücktritt gefordert. All diejenigen, die das behaupten, vermute ich, tun dies aus politischem Kalkül." ist schlau und mit "politischem Kalkül" gewählt. Faktisch ist klar, dass ihr ohne mit der Wimper zu zucken für die Entlassung gestimmt hättet. Und eines ist auch klar. Holm war zwar vor allem ein Symbol und noch keine Realpolitik. Aber wenn ihr nichteinmal für ein Symbol eintreten könnt, dann erst recht nicht für eine konkreten soziale Politik. Und ganz ehrlich, die Grünen und soziale Politik:

    "Witzischkeit kennt keine Grenzen,
    Witzischkeit kennt kein Pardon
    und wer witzisch is,der hat gut Lache"

     

     

     

  4. Liebe Katrin,

    ich finde deine Stellungnahme gerade jetzt besonders wichtig und ich kann sie nur unterstützen. Jetzt Grabenkämpfe auszufechten, um zu klären, wer den Fehlstart politisch zu vernatworten hat, bringt uns nicht weiter und nützt nur jenen, die immer schon behauptet haben, dass diese Koalition nicht handlungfähig ist. Spannend wird die Neubesetzung werden. Ich hoffe, es wird nicht der gleiche Fehler gemacht und auf die Symbolkraft weithin anerkannter Wissenschaftler gesetzt. Ein guter Wissenschaftler ist noch längst kein guter Staatssekretär.

    Gruß Werner

     

Kommentare sind geschlossen.