Die heutige Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hatte heute das Thema „Abschlussbericht der Expertenkommission zum Volksentscheid „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ und Ausblick auf das „Vergesellschaftungsrahmengesetz“ zum Thema. Dazu habe ich folgendes Statement abgegeben:
Die Diskussion in der Ausschusssitzung heute hat erneut bekräftigt, dass Vergesellschaftung rechtlich machbar und finanzierbar ist. Auch die abgegebenen Sondervoten stünden nach der Vorsitzenden der Expert*innenkommission, Frau Däubler-Gmelin, einem entsprechenden Gesetz nicht im Wege. Die offenen Fragen zur Verhältnismäßigkeit und Entschädigungshöhe müssen aber geklärt werden.
Statt auf Vergesellschaftung hat die SPD damals auf das Wohnungsbündnis gesetzt. Die vergangenen Wochen haben gezeigt: Das Bündnis ist kläglich gescheitert, die Konsequenzen müssen jetzt gezogen werden. Nach Jahren der sprudelnden Gewinne wollen sich die privaten Wohnungskonzerne nun auf Kosten von Mieter*innen und Steuerzahler*innen ihre Renditen auch in Krisenzeiten garantieren, ganz dem Motto: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Während sie zeitgleich ihre Haupt-Daseinsberechtigung, das Schaffen von Wohnraum, stark oder, wie im Falle von Adler und Vonovia/Deutsche Wohnen, komplett eingestellt haben. Es zeigt sich immer wieder: Freiwillige, intransparente Selbstverpflichtungen können keine echten Gesetze und echten Mieterschutz ersetzen!
Und die Zeit drängt: Wenn 220.000 Berliner Miethaushalte mehr als 40% des Haushaltseinkommens für das Wohnen aufbringen müssen, ist das alarmierend. Weitere 250.000 Haushalte leben mit einer Mietbelastungsquote von 30-40%. Insgesamt sind damit fast ein Drittel der Berliner Mieter*innen mit den Mietkosten tendenziell überlastet. Wer immer noch bezweifelt, dass ein Wohnungsmarkt, der von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen dominiert wird, deutlich niedrigere Mieten hervorbringt, muss lediglich nach Wien schauen. Rund 62% des Wohnungsbestands in der österreichischen Hauptstadt unterliegen dem Allgemeinwohl, was zu deutlich niedrigeren Mieten und einer höheren Lebensqualität führt. Nicht umsonst wird Wien regelmäßig zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt.
Die Expert*innenkommission sollte die juristische Antwort auf die offenen Fragen zur Vergesellschaftung geben, aber auch jetzt, trotz des positiven Berichts, will der Senat weiterhin verschleppen, statt direkt umsetzen und ein allgemeines Rahmengesetz vor einem Umsetzungsgesetz erarbeiten. Auch die Mitglieder der Expert*innenkommission haben bekräftigt: Ein allgemeines Rahmengesetz ist unnötig, da sich die konkreten und offenen Fragen nur in einem Umsetzungsgesetz (z.B. Verhältnismäßigkeit und Entschädigungshöhe) klären lassen können. Mit einem Rahmengesetz würde sich kein Maßstab für weitere Umsetzungsbereiche und spätere Gesetzgebung setzen lassen, da das spätere Gesetz sich immer durchsetzen würde. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtes, von gesetzgeberischen Institutionen befragt zu werden, ob erarbeitete Gesetze zulässig sind. Eine Prüfung kann nur von der Opposition beauftragt werden.
Der Abschlussbericht hat zudem ergeben, dass deutlich unter Markt- bzw. Verkehrswert entschädigt werden kann. Es ist eben nicht so, dass das Land Berlin bei einer Vergesellschaftung analog zur Enteignung entschädigen muss – in diesem Fall muss nämlich nach Marktwert entschädigt werden. Daher ist klar: Die damalige Kostenschätzung des Senats über 36 Milliarden Euro ist hinfällig und muss überarbeitet werden.
Das Argument „Vergesellschaftung schafft keine neue Wohnung“, das auch heute vom Senat vorgebracht wurde, ist unterkomplex und folgt zu einem gefährlichen Schwarz-Weiß-Denken, das der aktuellen Debatte nicht weiterhilft. Es geht um die Sicherung des Bestandes zu gleichbleibenden bzw. gesenkten Mieten. Die Kombination aus kaum noch existentem belegungsgebundenem Bestand und der stark fallenden Anzahl von Sozialwohnungen mit den Plänen von Schwarz-Rot, die Ansprüche auf WBS deutlich auszuweiten, bedarf dringend neuer kommunaler Wohnungen. Kein Neubau der Welt kann diesen Bedarf decken, da es bereits heute für jede Sozialwohnung zehn WBS-Berechtigte gibt. Auch die Gefahr, private „Investor*innen“ im Wohnungsbau zu verprellen, ist ebenfalls fadenscheinig, da die dringend gebrauchten Sozialwohnungen fast ausschließlich von den landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) gebaut werden. Die Anhebung der Fördermittel für unsere LWUs wäre daher die beste Neubaustrategie und nicht Bittsteller der privaten Wohnungsunternehmen zu werden. Diese haben ihre fehlende Verlässlichkeit im Wohnungsbündnis bereits zur Schau gestellt. Für uns Bündnis 90/GRÜNE ist klar, dass nur ein Zusammendenken verschiedener Maßnahmen die aktuelle Dynamik auf dem Wohnungsmarkt eindämmen kann- Vergesellschaftung ist dabei ein wichtiger Baustein. Wir fordern daher die zügige Erarbeitung eines Umsetzungsgesetzes, statt das Vorhaben weiterhin verschleppen zu wollen. Die Mitglieder der Kommission haben sich bereit erklärt, an dem Gesetz weiterzuarbeiten und ihre Expertise zur Verfügung zu stellen.
Wir Grüne werden gemeinsam mit der Initiative weiterhin den Druck auf den Senat erhöhen und uns weiterhin für die Umsetzung des Volksentscheids einsetzen!