Schluss mit dem Wildwuchs an Ferienwohnungen – bezahlbaren Wohnraum schützen

Bis zu viermal mehr Miete bekommen Vermieter, wenn sie ihre Wohnung als Ferienwohnung vergeben, also eine Zweckentfremdung von Wohnraum betreiben. Insgesamt soll dies bei bis zu 18.000 Wohnungen der Fall sein, die sich vor allem im Gebiet innerhalb des S-Bahnrings konzentrieren. Bis Ende 2001 musste sich ein/e VermieterIn eine solche Umwidmung des Wohnraums noch genehmigen lassen. Durch fehlende politische Steuerung in der Wohnungspolitik und eine steigende Zahl der Haushalte ist in Berlin mittlerweile wieder eine Verknappung von Wohnraum eingetreten. Besonders bemerkbar ist diese in den unteren Preissegmenten des Mietwohnungsmarktes. Daher ist es dringend geboten, dass Wohnraum nicht mehr frei und uneingeschränkt dem Wohnungsmarkt entzogen werden kann. Mit einem gesetzlichen Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum kann die Verringerung des vorhandenen Wohnraumbestandes eingeschränkt werden. SPD und CDU haben zwar den MieterInnen Abhilfe versprochen, doch blockieren sie sich bei diesem Thema gegenseitig. Und das, obwohl es dazu einen Beschluss des Abgeordnetenhauses seit Mai 2011 gibt. Weil die Zeit drängt, hat die Grüne Fraktion am 31. Januar dieses Jahres einen eigenen Gesetzesentwurf ins Parlament eingebracht.

Das grüne Zweckentfremdungsgesetz

Diskussion auf Rbb „Im „Parlament“:

Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen dem grünen Entwurf und den Ankündigungen des Senats. Zum eine soll die Zweckentfremdungsverbotsverordnung auf die ganze Stadt ausgedehnt, zum anderen die rückwirkende Anwendung dieses Gesetzes auf die letzten zehn Jahre ermöglicht werden. Die besonders schutzwürdigen Interessen von sozialen Projekten wie z.B. Betreuungseinrichtungen und Kitas oder der Schutz bei Selbständigen werden bei unserem Gesetzesentwurf berücksichtigt.

Das Gesetz stadtweit anzuwenden ist notwendig, da die Verengung des Wohnungsmarktes in ganz Berlin bereits eine kritische Schwelle überschritten hat. Angesichts des starken Zuzugs nach Berlin, der positiven Bevölkerungsentwicklung und der weiterhin zunehmenden „Versingelung“ der Haushalte muss davon ausgegangen werden, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt noch weiter anspannen wird. Hamburg hat bei der Beschränkung eines Zweckentfremdungsgesetzes auf einzelne Bezirke bzw. Teile der Stadt, wie es der Berliner Senat vorsieht, negative Erfahrungen gemacht. Daher will der Hamburger Senat nun das gesamte Stadtgebiet unter das Gesetz stellen. Berlin sollte daraus lernen. Rot-Schwarz will sich aber lediglich auf die sogenannten Innenstadt-Bezirke beschränken. Bezirke wie Neukölln oder Lichtenberg stehen auch heute schon durch die große Nachfrage unter Druck. Eine Beschränkung des Gesetzes auf wenige Innenstadtgebiete wäre auch deshalb nicht ausreichend, weil dann die Zweckentfremdung von Wohnraum in den benachbarten Bezirken umso attraktiver würde. Bezirke wie Marzahn-Hellersdorf dagegen werden das Gesetz erst einmal nicht anwenden müssen, weil dort noch keine Zweckentfremdung stattfindet.


Unser Entwurf sieht auch eine sog. „unechte Rückwirkung“ vor und verlangt damit, dass eine Genehmigung auch für bereits zweckentfremdete Wohnungen beantragt werden muss. Damit wird ermöglicht, dass gerade die vielen in den letzten Jahren errichteten Ferienwohnungen in den Innenstadt-Bezirken überprüft werden können. Ob eine Genehmigung erteilt wird, soll im Ermessen der zuständigen Bezirksämter liegen. Der Vertrauensschutz wird also nicht generell aufgehoben, sondern im Einzelfall von den Bezirksämtern entschieden. Diese müssen gerichtsfest nachweisen können, dass durch die Zweckentfremdung vorrangige öffentliche Belange (z.B. Kitas) oder schutzwürdige private Interessen (z.B. Existenzbedrohung) das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums nicht überwiegen. Wenn aber Bezirksämter z.B. feststellen, dass andere MieterInnen durch die intensive Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen stark beeinträchtigt werden oder die/der VermieterIn aufgrund der höheren Renditeerwartung systematisch MieterInnen entmietet, können sie auf dieser Grundlage auch rückwirkend die Zweckentfremdung untersagen.


Davon unangetastet bleibt das Recht von EigentümerInnen bzw. MieterInnen, ihre Wohnung temporär zu vermieten, wenn sie z.B. im Urlaub sind. Anders als von der CDU behauptet, werden auch Betreuungseinrichtungen und Kitas besonders berücksichtigt. Auch FreiberuflerInnen werden vor einer Existenzgefährdung durch das Gesetz geschützt. Außerdem liegt laut diesem Entwurf erst dann eine Zweckentfremdung einer Wohnung vor, wenn die/der MieterIn 50 Prozent und mehr ihrer/seiner Wohnfläche zu gewerblichen Zwecken nutzt. Damit wird das Gesetz den besonderen Ansprüchen verschiedener Interessengruppen gerecht und erwirkt gleichzeitig eine wirksame Eindämmung der Vernichtung von Wohnraum. Der rot-schwarze Senat dagegen will – falls das Gesetz Ende Februar kommen sollte – einen Bestandsschutz aller Zweckentfremdungen für vier Jahre garantieren. Das wäre angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt fatal.

Weiterführende Infos:

Link zum Gesetzentwurf als PDF

Rede im Plenum dazu als Video: