IBB Wohnungsmarktbericht 2023: Senat muss Mieterhöhungs-Tsunami stoppen

Zum IBB-Wohnungsmarktbericht 2023 erklärt Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten:

„Der neue IBB-Wohnungsmarktbericht ist ein Alarmsignal. Überhöhte Angebotsmieten im Neubau wie Bestand, die Entkoppelung der Neuvertragsmieten von den Bestandsmieten, die Mietenexplosion durch möbliertes, temporäres Wohnen und der Verlust von Sozialwohnungen – all diese negativen Entwicklungen sind höchst besorgniserregend. Der Berliner Wohnungsmarkt steht vor dem Kollaps. Denn selbst der gutverdienende Mittelstand kann diese Mietsteigerungen nicht mehr so weiter tragen. 

Die mittlere Angebotsmiete (Median) ist in gerade mal einem Jahr um über 21% gestiegen – das ist der höchste Anstieg seit Beginn der Untersuchungen. Damit droht Berlin bald unbezahlbar zu werden. Auch weil die Einkommensentwicklung stark hinterher hängt. Es ist unverständlich angesichts dieser Entwicklungen wie der BBU zu seiner Forderung nach noch höheren Mieten gekommen ist. Bezahlbarkeit ist ein zentrales Kriterium für die Attraktivität und als Standortfaktor für Berlin. Während das verfügbare Einkommen seit 2013 um 27% gestiegen ist, sind die Angebotsmieten (Wieder/Neuvermietung) um 47% gestiegen. Auch die Neubaupolitik des Senats ist gescheitert, weil die Mieten im Neubau durchschnittlich 63% höher liegen als im Bestand – der Berliner Wohnungsmarkt wird durch den Neubau meist eben nicht entlastet. Selbst der Senat will nicht nur preisgünstige Mietwohnungen bauen, wie am Molkenmarkt erkennbar. 

Mietrecht ist zwar Bundesrecht. Das entlässt den Senat aber nicht aus seiner Verantwortung. Er wird den Mieter*innen nicht gerecht, wenn er den Neubau gegen den Bestand ausspielt und den Mieterschutz nicht als weiteres, zentrales Instrument nutzt. Berlin bleibt beim Mieterschutz weit unter seinen Möglichkeiten zum Beispiel bei der Bekämpfung von spekulativem Leerstand, Zweitwohnungen, Mietwucher und möbliertem Wohnen. Hier ist nun ein mutiges und konsequentes Vorgehen des Senats gemeinsam mit den Bezirken dringender denn je, bevor es für die Berliner*innen zu spät ist.“

Der BBU-Marktmonitor ist eine Kampfansage an Mieter*innen

Zur Vorstellung des BBU-Marktmonitors und der Forderung des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. nach höheren Mieten erklärt Katrin Schmidberger, Sprecherin für Mieten und Wohnen:

„Es kann nicht sein, dass die Mieter*innen höhere Mietsteigerungen tragen müssen, damit die Finanzierung des Neubaus rentabler für die Immobilienwirtschaft wird. Es kann auch nicht sein, dass der Neubau von den Bestandsmieter*innen alleine geschultert werden muss. Der BBU rühmt sich sonst mit relativ niedrigen Mieten seiner Mitgliedsunternehmen, da kann die heutige Ankündigung der Kehrtwende nur verwundern. Wir erinnern deshalb den BBU daran, dass er im Rahmen des Wohnungsbündnisses des Senats den Mieter*innen ein Leistbarkeitsversprechen abgegeben hat. Es ist dringend erforderlich, dass der BBU die Zusage von Frau Kern nach der letzten Sitzung des Mietenbündnisses umsetzt, künftig die Kaltmieten bei den BBU-Unternehmen auf 30 Prozent zu begrenzen, wenn die landeseigenen Wohnungsunternehmen sogar mit einer Grenze von 27 Prozent wirtschaften können. Die heutige Ankündigung, „nachdrücklicher als bisher von den gesetzlichen Möglichkeiten zur Anpassung ihrer Mieten Gebrauch“ zu machen, ist auch nicht vereinbar mit dem Wohnungsbündnis, wonach Mietsteigerungen eben nicht bis zu den gesetzlich erlaubten 15 Prozent in drei Jahren betragen sollen, sondern lediglich 11 Prozent. Auch angesichts des neuen Mietspiegels, der bald veröffentlicht wird, ist das ein verheerendes Signal für die Mieter*innen. Vom Senat erwarten wir eine klare Absage an die Forderungen des BBU und klare Parteinahme für die Mieter*innen.

Der BBU ignoriert mit seinem Vergleich mit München, dass die Berliner*innen über durchschnittlich 25 Prozent weniger Einkommen verfügen und dass die Berliner*innen bereits jetzt nach den Münchner*innen die höchste Wohnkostenbelastung tragen müssen. Insgesamt müssen laut Mikrozensus vom August 2023 schon jetzt 200.000 Berliner Haushalte mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens allein für die Bruttokaltmiete ausgeben. Weitere 250.000 Haushalte leben mit einer Mietbelastungsquote von 30 bis 40 Prozent. Insgesamt sind damit fast ein Drittel der Berliner Mieter*innen mit den Mietkosten tendenziell überlastet. Auch volkswirtschaftlich betrachtet sind hohe Mieten keine positive Entwicklung für Berlin, sondern schwächen zusätzlich die Kaufkraft – die eh schon leidet seit der hohen Inflation. So schadet man dem Ziel, dass der Wohlstand in Berlin wächst.“

Die Schwarz-Rote Koalition lässt die Mieter*innen bei den Heizkosten alleine und gefährdet damit auch das gesellschaftliche Klima in unserer Stadt!

Am 21.02.2024 war ich in Lichtenrade und habe erlebt, wie verzweifelt, wütend, überfordert und ratlos die über 100 anwesenden Mieter*innen angesichts horrender Nachforderungen für Heiz- und Betriebskosten sind. Herr Dr. Nas, von der CDU war natürlich nicht da. Leider fehlte die CDU nicht das erste Mal. Wenn es um den Mieterschutz geht, ist die CDU einfach nie da.

Es flattern immer mehr Nachforderungen für Heiz- und Betriebskosten in die Häuser. Immer mehr Betroffene melden sich bei uns Grünen, die teils Nachzahlungen von 2000, 3000 oder gar 6000 Euro erhalten haben – und das auch bei sehr kleinen Wohnungen. Und obwohl sie sich beim Heizen doch stark eingeschränkt haben. Viele verstehen die Welt nicht mehr, und was mich besonders besorgt, ist, dass viele auch dadurch am Abwehrkrieg der Ukraine gegen Russland oder gar unserer Demokratie zweifeln – aus Unwissen und Angst, weil diese Rechnungen eben zur Schuldenfalle werden, im schlimmsten Fall sogar zum Verlust der Wohnung führen können. Hinzu kommt: Auch die zukünftige Miete steigt massiv, weil die Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten sich verdoppeln oder gar verdreifachen. Das können viele Mieter*innen schlicht nicht stemmen. Auch weil die Mieter*innen ja gar keinen Einfluss darauf haben, wie der Energielieferant ausgewählt wird, kann es auch nicht sein, dass diese Kosten alleine auf die Mieter*innen abgewälzt werden!

Unser Verdacht ist: Die Betriebs- und Heizkosten haben sich deutlich erhöht aufgrund des Krieges, aber nicht alle so immensen Kostensteigerungen können damit begründet werden. Bei Vonovia kann man ja seit Jahren lesen, dass es deutschlandweit regelmäßig zu auffällig hohen Nachforderungen für die zweite Miete kommt.

Hier mal nur zwei Beispiele von vielen: In der Torfstraße in Berlin-Wedding haben die 31 Mietparteien Nachforderungen von ca. 6.000 Euro erhalten. Die Crux dabei ist: Hier wurde 2021 unnötigerweise der Arbeitspreis an einen monatlichen Index der Gasbörse gekoppelt. In Schöneberg wurden in einem Doppelhaus mindestens 65 Mieter*innen Wärmelieferungskosten berechnet, die fast doppelt so hoch lagen wie der durchschnittliche Verbraucherpreis für Fernwärme. Wärmelieferant ist hier eine Firma, an der die Vonovia mit 49 % beteiligt ist. Vonovia bereichert sich somit zusätzlich an den Mieter*innen, indem sie schlechte Verträge für ihre Mieter*innen verhandelt – daran erkennt man: Wir reden hier nicht über zu viel Verbrauch, schlecht gedämmte Gebäude oder gar verschwenderisches Heizverhalten, sondern, das Problem hat System und systemische Probleme müssen auch politisch angegangen werden.

Deshalb brauchen wir einen Heizkostenhilfsfonds, oder wie München ihn nennt, einen Wärmefonds, der gerade Menschen hilft, die eben keine Transferleistungen beziehen, weil sie knapp über den Einkommensgrenzen liegen, aber eben auch nicht mal eben 6000 oder 8.000 Euro auf der Kante haben, um das zu bezahlen.

Aber ein Wärmefonds für Mieter*innen reicht nicht, weil es ja nicht sein kann, dass jetzt die öffentliche Hand die Kosten trägt, damit sich Vonovia und Adler weiter gesund finanzieren können – wir brauchen hier eine Taskforce, deren Aufgabe es ist, für transparente Aufarbeitung und Aufklärung zu sorgen. Es muss festgestellt werden, wie es zu solchen überhöhten Heizkosten gekommen ist, damit man dies in Zukunft verhindern kann. Die Mieterverbände wie der Berliner Mieterverein oder der AMV sind doch auch teils schon überlastet aufgrund der vielen Problemanzeigen. Und auch auf Schreiben von Mieterverbänden und Mietrechtsanwälten antwortet Adler ja oft nicht einmal. Der Senat kann und muss hier für eine stadtweite Lösung sorgen, indem er mit den Mieterverbänden und Verbraucherschutzzentralen, aber auch mit Energieunternehmen wie Vattenfall zusammen für Transparenz und Bereinigung der überhöhten Forderungen sorgt.

Zugeben, bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen hat der Senat dafür gesorgt, dass keine Mieter*in ihre Wohnung verliert – eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber in Bezug auf die großen Privaten duckt sich Schwarz-Rot mal wieder weg: Als wäre es dem Senat fast schon peinlich, dass da keine Verbindlichkeit gelingt, verlieren der regierende Wegner und Senator Gaebler auch in dem Werbevideo des Senats zum Wohnungsbündnis kein Wort über den Schutz von Mieter*innen vor überhöhten Nachzahlungen. Und selbst in der Pressekonferenz am Freitag zum Wohnungsbündnis hat der Senator erst vergessen das Thema zu erwähnen, um dann die Information nachzuschieben, dass auch bei Privaten keinem Mieter gekündigt werden soll – es hätte ja kein Unternehmen widersprochen, als der Senat das Problem „kurz“ thematisiert hat.

Das sogenannte Leistbarkeitsversprechen der landeseigenen Wohnungsunternehmen legt fest, dass Mieter*innen nicht mehr als 27 % ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete ausgeben müssen. Die Begrenzung auf die Kaltmiete ist bereits problematisch, da die Nebenkosten einen immer größeren Anteil an der Gesamtmiete ausmachen. Im Rahmen des Wohnungsbündnisses sollte diese Regelung nun auch für die privaten Vermieter*innen des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) und des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA) gelten. So hatte es zumindest Frau Kern vom BBU auf der Pressekonferenz des Wohnungsbündnisses geäußert. Keine zwei Wochen später hat es der Senator Gaebler aber auch schon wieder vergessen. In der Ausschusssitzung am 26.02.2024 verneinte Gaebler die Absprache, dass sich nun auch die Mitglieder des BBU und ZIA an das Leistbarkeitsversprechen halten werden. Neben der hinreichend bekannten Unzuverlässigkeit von Seiten der Vermieter*innen im Wohnungsbündnis reiht sich der Senat nun in diese Riege ein.

Der Senat wird den Mieter*innen mit dem Wohnungsbündnis nicht gerecht, dafür aber umso mehr der Immobilienlobby. Er verschleppt nicht nur die Umsetzung des Volksentscheids zur Vergesellschaftung von ca. 250.000 Wohnungen börsennotierter, großer Wohnungsunternehmen. Mit dem Schneller-Bauen-Gesetz soll jetzt sogar ein Blankoscheck beim Bauen – egal wie teuer gebaut wird und für wen – ausgeteilt werden. Im Gegensatz zu Vonovia und Co wird der Senat aber hier mit einem Gesetz verbindlich und will nicht nur die Bezirke und damit die Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort übergehen, sondern auch den Umwelt- und Naturschutz den Renditeinteressen einiger weniger unterwerfen. Und das im vorauseilenden Gehorsam, obwohl es keine Verbindlichkeit im Bündnis von Seiten der Wohnungsunternehmen gibt. Das ist kein Deal auf Augenhöhe und vor allem kein guter Deal für die Berliner*innen!

Der Senat duckt sich weg und heizt somit nicht nur die soziale Spaltung in der Stadt damit an, sondern auch die Politikverdrossenheit insgesamt. Wir Grüne werden hier nicht müde und werden den Senat immer wieder eine soziale Verantwortung erinnern.

Am besten nicht abreißen! – Gesetz für den Erhalt und Schutz von Wohnraum vor Abriss längst überfällig

Bauen, bauen, bauen und Kooperation mit den privaten Wohnungskonzernen – das war der mietenpolitische Plan von CDU und SPD. Die Strategie ist schon innerhalb der ersten 100 Tage der Schwarz-Roten Koalition zerbröselt: Das Wohnungsbündnis fällt auseinander, Mietregelungen werden nicht eingehalten und auch beim Neubau sind die Partner*innen der Koalition aus der Privatwirtschaft ein Totalausfall! Weniger Baugenehmigungen, weniger Baubeginne, weniger Baufertigstellungen, alles weit unter den Zielen der Koalition und alles schlechter als unter Rot-Grün-Rot. Über 60.000 Wohnungen sind bereits genehmigt, werden aber immer noch nicht gebaut.

Während der Neubau stockt, tut der Abriss dies leider nicht. Zwar darf Abriss nicht ohne Genehmigung erfolgen, aber positive Bescheide für Abriss von intaktem Wohnraum sind noch immer die Regel statt Ausnahme: im Jahr 2021 war das in 91,8% der Fälle so, oft sogar ohne jegliche Auflagen. So werden immer noch jährlich ca. 2000 Wohnungen abgerissen. Nicht nur wird bezahlbarer Wohnraum zerstört, wo doch Angesichts der stetig schrumpfenden Anzahl von Sozialwohnungen jede Wohnung zählt; es ist auch klimapolitisch reiner Irrsinn. Dennoch erlaubt Schwarz-Rot weiter, dass Wohnraum abgerissen werden darf, wenn die Kosten für die Instandhaltung nicht innerhalb von 10 Jahren wieder komplett eingenommen werden können durch die Mieten. Diese Regelung heizt den Abriss von Wohnraum sogar noch an. Das muss aufhören! Hier kann und muss das Land Berlin im Rahmen der Zuständigkeit für das Wohnungswesen endlich handeln.

Zusätzlich ist durch die aktuelle Baukrise und den bereits genannten Bauverzug völlig unklar, wann der abgerissene Wohnraum durch neuen ersetzt wird. Für die alten Mieter*innen ist das aber sowieso völlig irrelevant. Die Mieten in den Häusern, die auf ihrem vertrauten Zuhause gebaut werden, sind für sie sowieso nicht bezahlbar.

Auf Grundlage von Vorschlägen des Berliner Mietervereins haben wir Grünen deshalb das „Am besten nicht Abreißen Gesetz“ eingebracht. Durch Änderungen in der Bauordnung und Änderungen im Zweckentfremdungsverbotsgesetz würde dies den Abriss von Wohnraum deutlich erschweren. Auch die Berliner Architektenkammer hatte bereits klare Vorschriften für ein Abrissmoratorium gefordert. Diesen wollten wir schon Ende 2021 nachkommen und die bestehenden Gesetze verbessern, damals hat es aber die SPD blockiert. Jetzt machen wir hier diesen Vorschlag: https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen/vorgang/d19-1202.pdf

Wir können uns Abriss aus wohnungspolitischen, wirtschaftlichen wie ökologischen Gründen längst nicht mehr leisten. Aktuell werden immer noch Mieter*innen verdrängt, weil Eigentümer*innen neue Luxusbauten errichten wollen und dazu vorhandenen, oft preisgünstigen Wohnraum abreißen. Damit muss endlich Schluss sein! Denn wenn SPD und CDU schon keinen effektiven Mieter*innenschutz machen, wenn Sie schon keine Wohnungen bauen, dann müssen sie wenigstens aufhören bestehenden Wohnraum zu vernichten.

Wer mehr wissen will kann sich gerne den 36. Runden Tisch Liegenschaftspolitik vom 15.09.2023 angucken. Ab Stunde Eins, Minute Sechs rede ich nochmal ausführlich über die Abrissthematik: https://www.youtube.com/live/Lb-PWdrda4Q?si=i-DCLmHtSPSKKR73&t=3997