Abschlussbericht Vergesellschaftung: Vergesellschaftung ist politisch machbar und finanzierbar

Zum heute vorgelegten Abschlussbericht der Expertenkommission Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen erklärt Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten:

„Der Abschlussbericht bestätigt, dass Vergesellschaftung die politisch machbar sowie finanzierbar ist. Gerade weil die Vergesellschaftung von Wohnraum juristisches Neuland ist, war es richtig, eine Expert*innenkommission einzurichten, die die rechtlichen Wege und Möglichkeiten einer Vergesellschaftung untersucht. Wir danken den Expert*innen für die Mitarbeit.

Anders als beim Mietendeckel sieht die Kommission eine Zuständigkeit des Landes Berlin als sicher gegeben. Sie ist demnach auf große private Wohnungsunternehmen anwendbar und mit der Berliner Verfassung vereinbar. Bemerkenswert ist, dass die Vergesellschaftung als mildestes Mittel „für die Zwecke des Allgemeinwohls“ bewertet wird. Eine Entschädigung muss dabei nicht nach dem Verkehrswert, sondern kann mindestens deutlich darunter oder sogar nach Vorgaben einer sozialen Bewirtschaftung der Bestände erfolgen.
Die Kommission spielt den Ball nun zurück an die Politik. Ein Umsetzungsgesetz für die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen muss die Antwort des Senats auf den Abschlussbericht sein. Eine Verzögerung der Umsetzung würde auch das Vertrauen in das politische System beschädigen. Gerade die SPD hatte sich per Beschluss verpflichtet, sollte die Vergesellschaftung von Wohnraum für Berlin möglich sein, den Volksentscheid auch umzusetzen. Jetzt muss die SPD-Fraktion beweisen, dass Parteitagsbeschlüsse und damit die sozialdemokratische Handschrift in der Koalition auch wirklich zählen.
Und auch die CDU muss ihre ideologischen Scheuklappen absetzen und darf sich dem Abschlussbericht nicht verweigern. Sie steht als stärkste Fraktion in der Verantwortung, das mehrheitliche Votum der Berliner*innen zu respektieren. Zudem kann es nicht sein, dass sie ein Herz für Enteignungen bei Autobahnen hat, während sie Mieter*innen dieses Instrument ideologisch verweigert.

Der Druck auf dem Wohnungsmarkt wird weiter zunehmen, auch weil die bestehenden Instrumente, wie im Bundesmietrecht oder das kommunale Vorkaufsrecht, seit Jahren eben nicht geschärft oder wieder hergestellt werden im Sinne der Mieter*innen. Auch bestehende Landesgesetze gegen Leerstand und Abriss werden in den nächsten Jahren durch Schwarz-Rot voraussichtlich nicht verbessert. Nur ein mehrheitlich gemeinwohlorientierter Wohnungsmarkt kann dauerhaft bezahlbare Mieten und eine soziale Wohnraumversorgung für die Berliner*innen erreichen.
Auch deshalb muss das Instrument Vergesellschaftung jetzt in ein Gesetz gegossen werden. Der Senat sollte hierzu einige Expert*innen der Kommission sowie weitere Expert*innen aus der Wohnungswirtschaft bei der Gesetzeserarbeitung einbinden.

Neue Genossenschaftsförderung: Junge Genossenschaften werden nicht ausreichend unterstützt

Heute wird die neue Genossenschaftsförderung im Hauptausschuss beschlossen. Die Reform trägt im Ansatz die Handschrift des vorherigen Senats, wichtige Forderungen vor allem jüngerer bzw. kleinerer Genossenschaften wurden aber nicht erfüllt.

Die Reform der Genossenschaftsförderung wurde bereits für das vergangene Jahr angesetzt, aber wie so vieles wurde auch dieses Thema durch die SPD verschleppt. Ein längst überfälliger Schritt für die Unterstützung genossenschaftlichen Wohnens wird nun erfüllt. Positiv ist: Der Senat hat durch die Verlängerung der Bindungszeiten deutlich nachgebessert, hat die WBS-Vermietungsquote bei der Darlehensförderung erhöht, eine Zuschuss-Option eingeführt und das Verfahren insgesamt vereinfacht. Jedoch war der Senat hier nicht so großzügig wie bei der ebenso heute im Hauptausschuss gebilligten Neubauförderung.

Hierzu erklären Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten und André Schulze, Sprecher für Haushalt und Finanzen:

Katrin Schmidberger:
„Auffällig und kritisch ist, dass gerade jungen Genossenschaften weiterhin unnötige Steine in den Weg gelegt werden, wenn sie Wohnraum dauerhaft sichern wollen. Ein großes Problem für junge Genossenschaften ist oft fehlendes Eigenkapital. Zukünftig werden Nachrangdarlehen durch die IBB nicht mehr anerkannt, was viele Vorhaben gefährdet oder sogar verunmöglicht. Die Konditionen des Bestanderwebs müssen daher unbedingt nachgebessert werden. Warum alternative, gemeinwohlorientierte Träger – wie das Mietshäusersyndikat – im Gegensatz zur letzten Richtlinie nicht mehrantragsberechtigt sind, ist ebenso nicht nachvollziehbar.“

André Schulze:
„Das Land Berlin sichert Sozialwohnungen durch Ankäufe, um belegungs- und mietpreisgebundene Wohnungen dauerhaft zu sichern. Den schwindenden Bestand zu halten und zu erhöhen, ist ein zentraler politischer Auftrag und haushalterisch auch sinnvoll. Warum Genossenschaften nicht gefördert werden, wenn sie Sozialwohnungen ankaufen wollen, ist nicht nachvollziehbar. Die bisherige Praxis, in diesen Fällen Zwischenfinanzierungen zu gewährleisten, war sinnvoll und sollte beibehalten werden. Hier die Genossenschaften auszubremsen, ist wohnungspolitisch kontraproduktiv.

Mit dem Wegfall der Vorgabe, dass im Rahmen der genossenschaftlichen Neubauförderung mindestens die Hälfte der geförderten Wohnungen im ersten Fördersegment zu errichten ist, führt der Senat seine Politik gegen einkommensschwache Mieter*innen fort. Hier ist auch bei den Genossenschaften ein stärkerer Fokus auf Haushalte mit geringem Einkommen zu verankern.“

Reform des Wohnraumgesetzes zu Gunsten von Eigentümerinteressen

Heute hat der Senat eine Reform des Wohnraumgesetzes beschlossen. Das geht zu Lasten der Mieter*innen im (alten) Sozialen Wohnungsbau, kommentiert Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten:

Der Entwurf sieht neben einer dringend erforderlichen Anhebung des Mietzuschusses die Einführung einer sog. „gesetzlichen Verpflichtungsmiete“ vor. Unter dem Deckmantel von mehr Mieter*innenschutz wird suggeriert, dass der Senat nun dafür sorgt, dass die hohen Mieten der damals geförderten und sich noch in der Bindung befindenden Sozialwohnungen nun für alle Mieter*innen bezahlbar sind.

Tatsächlich aber sorgt der Senat nun dafür, dass Berlin aus dem sog. Kostenmietenprinzip praktisch aussteigt. Konkret besteht dadurch die Gefahr, dass die Kostenmiete nicht mehr für eine Begrenzung der Mieten sorgt, sondern dass die sog. vertragliche Verpflichtungsmiete nun gesetzlich verankert wird. Wir sehen hier die Gefahr neuer Mieterhöhungsmöglichkeiten, insbesondere durch nun mietensteigernde außergewöhnliche Instandsetzungsmaßnahmen. Gerade beim Sozialen Wohnungsbau Westberliner Zeiten sind Instandhaltungsmaßnahmen lange nicht im nötigen Umfang erfolgt.“

Wir fordern die fiktiven Kosten endlich abzuschaffen, damit die zu hohen Mieten sinken. Und zwar ohne zusätzliche Subvention des Landes Berlin. Zudem muss die Kostenmiete als Mietendeckel erhalten bleiben und sichergestellt werden, dass keine Mieten oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt werden können. Denn freifinanzierte Wohnungen können offenbar durch die ortsübliche Vergleichsmieten wirtschaftlich betrieben werden. Erst recht bei ehemalig geförderten Wohnungen muss das auskömmlich sein.“

Der Mietspiegel zeigt: Selbstverpflichtungen funktionieren nicht

Der neue Mietspiegel erlaubt bis zu 5,4% Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Sprecherin für Wohnen und Mieten, Katrin Schmidberger, erklärt dazu:

„Bis auf einen gestiegenen Mietspiegel hat Giffeys Wohnungsbündnis nach einem Jahr nichts vorzuweisen. Das zeigt, dass sich der Wohnungsmarkt in Berlin nicht durch Selbstverpflichtungen für die private Wohnungswirtschaft regulieren lässt. Nach den hohen Kostensteigerungen von Inflation, Energie- und Betriebskosten sind viele Mieter*innen jetzt schon am Limit. Gleichzeitig wird die geringe Kaufkraft vieler Berliner Haushalte nochmal zusätzlich geschwächt. Die Berliner Haushalte brauchen konkrete Entlastungen bei den Mietkosten, durch Gesetze und nicht durch Selbstverpflichtungen, die nicht funktionieren.

Dass Vermieter*innenverbände womöglich den Mietspiegel nicht anerkennen, weil sie höhere Mietsteigerungen einklagen wollen, muss von Seiten des Senats verhindert werden. Hier steht er in der Pflicht, „Kooperation statt Konfrontation“ auch für Mieter*innen durchzusetzen.

Im Rahmen des Wohnungsbündnisses wurde den Mieter*innen – zumindest von großen privaten Wohnungsunternehmen – durch eine freiwillige Selbstverpflichtung zugesagt, dass die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete auf maximal 11% in drei Jahren gesenkt wird – statt 15% wie bundesgesetzlich erlaubt. Zusätzlich sollten Mieterhöhungen auf 2% bis 2023 für alle WBS-berechtigten Haushalte begrenzt werden. Ob diese niedrigere Kappungsgrenze und die Härtefallregelungen von allen beteiligten Wohnungsunternehmen seit Abschluss des Bündnisses umgesetzt bzw. eingehalten werden, wurde bis heute vom Senat nicht beantwortet. (Siehe aktuelle Antwort des Senats)

Auch der Bund ist gefordert zu handeln. Eine Mietrechtsreform ist überfällig. Gerade weil die Wohnkostenbelastung für immer mehr Haushalte überlastend ist, fordern wir Grüne einen temporären Mietenstopp (Nettokaltmiete) und eine Länderöffnungsklausel – denn Mieten sind regional unterschiedlich und sollten daher auch regional festgelegt werden. Der soziale Frieden gerade in den Städten ist durch den angeheizten Mietmarkt in Gefahr. Hier darf die Bundesregierung nicht durch Untätigkeit das Problem weiter verschärfen.“