Mehr Sozialwohnungen für Berlin – Weiterentwicklung der kooperativen Baulandentwicklung und Leitlinien für das “Neuköllner Modell” 

Die Zahlen sind alarmierend: Der Anteil bezahlbarer Wohnungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt sinkt rapide und Neubautätigkeiten können diesen Verlust aktuell nicht ausgleichen. In einem Antrag schlagen wir Maßnahmen vor, wie der Anteil geförderter Wohnungen vor allem bei privaten Bauvorhaben erhöht werden kann. 

Kontinuierlicher Verlust geförderter Wohnungen

Vor allem in begehrten Kiezlagen geht durch das Auslaufen von Sozialbindungen  kontinuierlich bezahlbarer Wohnraum im Bestand verloren. Nach aktuellen Zahlen sind in ganz Berlin von ca. 150.000 mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen aus dem Jahr 2012 nur noch rund 90.000 übrig. Bis 2026 wird die Zahl voraussichtlich auf 82.000 Wohnungen weiter sinken und bis mindestens 2032  laut IBB-Bericht auf dem Niveau verbleiben. Damit ist und bleibt der Berliner Bestand geförderter Wohnungen deutlich unter der Zielmarke von mindestens 100.000 Einheiten. Eine schriftliche Anfrage von mir zeigt gleichzeitig, dass immer noch nicht genügend Förderanträge für neue Sozialwohnungen gestellt werden. Der Verlust von Sozialwohnungen ist damit weiterhin höher als durch Neubau geleistet werden kann. 

Private Bauherr*innen in die Pflicht nehmen

Wir müssen die privaten Bauherr*innen stärker in die Pflicht nehmen, geförderte Wohnungen in Bauvorhaben zu realisieren. Denn die soziale Wohnraumversorgung Berlins steht vor der großen Herausforderung, trotz aktueller Baukrise den Bestand geförderter Wohnungen zu erhöhen. Wir haben einen Antrag im Plenum gestellt in dem wir wir den Senat auffordern, „die Instrumente der Befreiungen und Dispensverträge vermehrt zum Einsatz [zu] bringen, um die Idee des kooperativen Baulandmodells zu ergänzen“ aus dem Koalitionsvertrag endlich umzusetzen. München macht bereits vor, wie es gehen kann. Mit den Vorgaben der sozialen Bodennutzung (SoBoN) wird dort erfolgreich durchgesetzt, dass beim Neubau von Wohnungen 60 % dieser im mietpreis- und belegungsgebundenen Segment mit einer 40-jährigen Laufzeit geschaffen werden müssen. 

“Neuköllner Modell” für ganz Berlin 

Zusätzlich muss auch das sog. „Neuköllner Modell“ ausgewertet werden. Unter diesem werden seit 2020 Bauherr*innen verpflichtet, mehr Sozialwohnungen zu errichten, wenn sie vom Baunutzungsplan abweichen wollen. In Neukölln wurden damit bereits 151 zusätzliche Sozialwohnungen gebaut. Es braucht eine Untersuchung und Evaluierung dieses Modells, um eine Leitlinie für alle Bezirke zu erstellen. Der Senat muss hier endlich tätig werden und das “Neuköllner Modell” für alle Bezirke anwendbar machen. 

Den ganzen Antrag findet ihr: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/DruckSachen/d19-1902.pdf

Fachgespräch „Möbliertes Wohnen & Wohnen auf Zeit“ 
am 11.09.2024

Volles Haus am späten Abend!

Am vergangenen Mittwoch fand das Fachgespräch der GRÜNEN zum Thema statt. Das Thema wird gerade in Berlin immer wichtiger, denn wer in der Hauptstadt aktuell auf der Suche nach einer langfristigen Wohnung ist, hat meistens Pech: Über die Hälfte der Berliner Wohnungsinserate sind möblierte Wohnungen auf Zeit. 

Das Problem: Bei möblierten Wohnungen zieht die Mietpreisbremse nicht, die Angebotsmieten liegen rund 60% höher als bei regulären Wohnungen, in Berlin bei 24,44 €/qm durchschnittlich und mit Luft nach oben. Es kommt vor, dass für eine 43 qm-Wohnung rund 4600 Euro/Monat verlangt werden.

Um diesen Missbrauch einzudämmen, müsste der Bundestag die Mietpreisbremse schärfen, denn die Regulierung von Möblierten Wohnen auf Zeit ist Bundesaufgabe. Dass das wohl in dieser Legislatur nicht passieren wird, hat die Bundestagsabgeordnete der Grünen Hanna Steinmüller berichtet. Die FDP, bzw. Justizminister Buschmann blockiert nicht nur hier, auch andere Projekte, die sogar im Koalitionsvertrag stehen, werden im kommenden Jahr wohl nicht angegangen.

Ein besonderer Fokus des Fachgesprächs lag auf den Bezirken: Der Sprecher für Stadtentwicklung und Bauen aus Charlottenburg-Wilmersdorf, Jun Chen, stellte ein Gutachten vor, das der Frage nachgeht, wie Bauplanungsrecht, Erhaltungssatzung und Zweckentfremdungsverbot auf die verschiedenen Arten von möblierten Wohnungen angewandt werden können. Anschließend haben unsere grünen Bezirksstadträte Fallbeispiele aus der Praxis vorgestellt und ihre aktuellen Strategien gegen die Errichtung von Microapartments und Grundrissänderungen für möblierten Wohnraum vorgestellt. Jochen Biedermann in Neukölln hat vor dem Verwaltungsgericht einen Prozess gegen Grundrissänderungen laufen. Dort sollte eine 2-Zimmer-Wohnung in eine 6-Zimmer-Wohnung verändert werden und statt 580 €/qm für die gesamte Wohnung rund 500 €/Zimmer gefordert werden. Florian Schmidt hat berichtet, wie in der Warschauer Straße 59 einzelne Betten vermietet werden und wie er in einem Neubauprojekt die Errichtung von Kleinstwohnungen zu verhindern versucht – auch dieses Verfahren ist vor Gericht.

In der anschließenden Gesprächsrunde wurden die verschiedenen Instrumente adressiert und darüber hinaus verschiedene zivilrechtliche Möglichkeiten diskutiert. Die ASUM berichtete, dass die Erhebung der Daten zu möbliertem Wohnraum schwierig ist, da Mieter*innen meist nicht reagierten. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. prüft eine strategische Prozessführung gegen Wunderflats, die Seite, die an der Vermittlung verdient Mietverträge bereitstellt. Auch wenn auf Bundesebene nichts passiert – auf den anderen politischen Ebenen wird das Problem von „möbliertem Wohnen auf Zeit“ tatkräftig angegangen. 

Soziale Lösungen statt Symbolpolitik mit Zaun!

Ein Zaun um den Görli verdrängt die sozialen Probleme in die Straßen und Hauseingänge der Anwohner, statt sie zu lösen. Nur soziale Hilfe bekämpft die eigentlichen Ursachen.

Als Anwohnerin erlebe ich die zunehmende Verelendung vieler Menschen, die wachsende Obdachlosigkeit wie auch Drogenproblematik rund um den Görli tagtäglich. Seit Corona hat sich die Situation leider verschärft, viele Menschen fühlen sich damit alleingelassen. Hausgemeinschaften müssen ihre Haustüren absperren, um Einbrüche, Vandalismus und das Elend vieler Menschen nicht vor der Wohnungstür zu haben. Es wäre Aufgabe des Senats diese Menschen nicht auf der Straße verwahrlosen zu lassen, und genauso Aufgabe der Eigentümer*innen, die Haustüren einbruchsicherer zu machen, anstatt einfach nur Jahr für Jahr die Mieten zu erhöhen. Denn das ist die Realität vor Ort. Die Probleme rund um den Görli sind aber kein von Kreuzberg gemachtes Problem. Das weiß auch der Senat: Die gleichen Probleme gibt es in anderen Kiezen in der Stadt bis nach Spandau.

Allen hier ist klar: Ein Zaun um den Park wird nicht dafür sorgen, dass wir Anwohner*innen entlastet werden, denn die Konsument*innen und Dealer werden noch mehr in Hauseingänge und Hinterhöfe verdrängt. Wir erleben schon seit Frank Henkels Zeit, dass sich Kriminalität und soziale Probleme nur verlagert haben. Dieser Senat wiederholt die Fehler der Vergangenheit. Mit einem Zaun um den Park wird diese Verdrängung nur noch mehr statt weniger werden. Man löst Probleme in der Stadt nicht, indem wir diese nur verschieben oder woanders hin verlagern. Sie werden auch nach einem Zaunbau bleiben.

Statt teurer Symbolpolitik, mit der er „es Kreuzberg mal richtig zeigen will“, sollte sich Kai Wegner die Situation vor Ort genau anschauen. Der letzte Besuch des Senats war nicht mehr als eine kurze Stippvisite, er hat sich kein einziges Projekt im Park angeschaut. Es braucht weder falsche Fakten für die Beweggründe des Zauns noch teure Symbolpolitik, sondern es braucht endlich eine Verbesserung der Lebensrealität der Menschen vor Ort, sprich pragmatische Lösungen, die wirken.

Es gibt im Görli einige Kinderspielplätze. Neben all den Familien, die den Park rege nutzen, nutzen auch einige Kitas und Kinderläden diese. Bevor man nun mit Zäunen alle Menschen aussperrt, wäre es effektiver und günstiger, die Spielplätze als sichere Orte zum Spielen zu schützen. Dafür kann eine Umzäunung der Spielplätze sinnvoll sein. Spielplätze müssen für Kinder da sein, und zwar ohne diese jeden Morgen erstmal von Spritzen und Dreck reinigen zu müssen. Der Bezirk hat das so etwa mit beim Spielplatz in der Falckensteinstraße Ecke Görlitzer Straße gemacht. Wir alle können beobachten, dass es funktioniert: der Spielplatz ist ein geschützter Bereich, die Kinder fühlen sich wohl und sicher. Auch im Park, beim Angebot Sport 365, funktioniert die Abgrenzung zum Park durch kontrollierten Einlass und den umzäunten Bereich. Das ist sicher nicht DIE Lösung für alle Probleme, aber immerhin etwas Konkretes für einige.

Der Regierende muss sich aus seiner ideologischen Komfortzone heraus bewegen und nach pragmatischen Lösungen suchen. Er sollte sich in der Realität mit all den vielen kleinteiligen und konkreten Ansätzen beschäftigen. Dazu gehört übrigens die bei weitem nicht gesicherte und bisher nicht nachhaltige Finanzierung der Drogen- und Suchthilfe. Statt die nächsten Hundertschaften durch den Park zu schicken, braucht es gezielte Polizeiarbeit, die Strukturen bekämpft statt kleine Dealer zu jagen, Kontaktbereichsbeamte für Gewerbetreibende und mehr Präsenz auch in den Nachtstunden. Die traurige Realität ist aktuell, dass selbst Notrufe wegen Diebstahl oder Vandalismus abgetan werden oder es sehr lange dauert, bis die Polizei kommt. Einige Anwohner*innen sagen sogar, sie hätten aufgegeben, die Polizei anzurufen. Die Planlosigkeit des Senats bei der Kriminalitätsbekämpfung im und um den Görli verstärkt leider auch das Gefühl vieler Anwohner*innen, der Rechtsstaat nimmt ihre Hilferufe nicht ernst. Das ist gefährlich für uns und den sozialen Zusammenhalt.