Vorkaufsrecht für Genossenschaften – Debatte im Plenum

In der letzten Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am 15. August ging es einmal mehr um das Thema Vorkaufsrecht. Im Zentrum stand die Frage, ob Genossenschaften einen Zuschuss aus Landesmitteln erhalten dürfen, wenn sie in Kooperation mit den Bezirken tätig werden und das Vorkaufsrecht zugunsten Dritter ausgeübt wird – rot-rot-grün hat sich Anfang August im Hauptausschuss dafür ausgesprochen und eine entsprechende Vorlage der Senatsverwaltung für Finanzen angenommen.

Eng damit verbunden war die Kampagne gegen das Modell der Genossenschaft „Diese e.G.“, die sich verschiedenen Vorwürfen ausgesetzt sah. In einem Statement nimmt die Genossenschaft hierzu ausführlich und transparent Stellung. Dennoch kam es zu einem Schlagabtausch im Plenum, in dem das Vorkaufsrecht insgesamt als Instrument zum Schutz der Mieter*innen vor Verdrängung durch die Opposition angegriffen wurde. Mein Redebeitrag dazu kann hier angesehen werden (Quelle des Videos: rbb):

Infos zum Berliner Mietendeckel

Ziel des geplanten neuen Berliner Mietengesetzes – das häufig auch einfach als Mietendeckel bezeichnet wird – ist es, die Mieter*innen vor immer weiter steigenden Mieten und damit Verdrängung zu schützen sowie Spekulation mit Wohnraum einzudämmen. Schon seit 2008 geht die Schere zwischen Einkommens- und Mietenentwicklung immer weiter auseinander. Besonders die Wohnungsunternehmen und Fonds, die überhöhte Mieten zur Erzielung ihrer Renditen verlangen, können mit einem Mietendeckel in ihrem Geschäftsmodell gebremst werden.

Im Kern soll das Gesetz die Mieten auf dem heutigen Stand für fünf Jahre einfrieren und überhöhte Mieten bei Neumietung auf eine angemessene und moderate Höhe reduzieren. Es wird zudem geprüft, ob bereits bestehende überhöhte Bestandsmieten abgesenkt werden können. Zu den Eckpunkten des Gesetzes gehört auch das Thema Modernisierung. Hierfür wird ein detailliertes Konzept erarbeitet, das gleichzeitig die Mieter*innen schützen und die Klimaziele für Berlin erreichen soll. Weitere offene Fragen sollen im Gesetzgebungsverfahren geklärt, um eine schlagkräftige Umsetzung zu erreichen.

Am 18.06.2019 wurden zunächst vom Senat mögliche Eckpunkte für ein Gesetz beschlossen. Nach diesem Beschluss wird nun von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ein Gesetzentwurf bis Mitte/Ende Oktober erarbeitet. Nach dessen Beschluss durch den Senat geht dieser ins Abgeordnetenhaus. Dort wird das Gesetz nach einer ersten und zweiten Lesung sowie Beratungen im Fachausschuss bis Ende des Jahres verabschiedet, so dass der Mietendeckel zum 01.01.2020 in Kraft treten kann.

Falls Sie Mieterhöhungsverlangen bekommen, sollten diese zunächst auf ihre Rechtmäßigkeit sowie auf die zulässige Höhe überprüft werden. Für eine Zustimmung haben Sie mindestens zwei Monate Zeit. Sie können in allen Bezirken (bis auf Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf) die kostenlose bezirkliche Mieterberatung in Anspruch nehmen. Aber auch der Berliner Mieterverein sowie die Berliner Mietergemeinschaft sammeln Fälle und beraten Mieter*innen.

Hier finden Sie die bezirklichen Beratungsstellen sowie die Adressen der Mieter*innen-Verbände (Stand: 20.06.2019):

Eine etwaige Zustimmung zur Mieterhöhung durch die Mieter*innen soll so spät wie möglich und unter Vorbehalt erfolgen. Der Senat für Stadtentwicklung und Wohnen sowie der Berliner Mieterverein weisen darauf hin, dass ausschlaggebend das Datum der Zustimmung durch die Mieter*innen ist. Stichtag für den Mietendeckel und die Miethöhe ist der 18.06.2019. Damit eine Mieterhöhung gültig ist, müsste das Mieterhöhungsverlangen viel früher als der Stichtag eingereicht worden und die Zustimmung durch die Mieter*innen vor dem 18.06.2019 erfolgt sein. Jedoch wollen Vermieterverbände die geplante Rückwirkung gerichtlich kippen.

Mieterhöhungen, denen nach dem 18.06.2019 zugestimmt wurde, können widerrufen werden sobald das Gesetz in Kraft tritt, das heißt im Amtsblatt steht (Januar 2020). Generell steht Mieter*innen gesetzlich eine zweimonatige Bedenkzeit für die Zustimmung oder Ablehnung zu. Die Mieterhöhung kann auch erst nach drei Monaten gelten, da der laufende Monat mitzählt. Sprich: jetzt – also im Juni – ausgesprochene Mieterhöhungen bedeuten, dass eine Erhöhung ab September möglich ist. Vereinzelt versuchen Vermieter*innen Druck auf die Mieter*innen auszuüben, indem sie eine schnellere Entscheidung einfordern. Das kann zurückgewiesen werden. Mieter*innen und der Mieterverein prüfen die Mieterhöhung ganz normal nach altem Recht. Muss ein Mieter danach eine höhere Miete zahlen, muss er das zunächst auch erfüllen. Weitere Informationen sind hier zu finden.

Vorgesehen sind Regelungen für wirtschaftliche Härtefälle für Vermieter*innen, wenn eine wirtschaftliche Unterdeckung des Hauses droht, d.h. wenn die Kosten für die Instandhaltung einen Verlust für die/den Vermieter*in des Wohnhauses bedeuten. Entsprechend können im Einzelfall abweichend Mieterhöhungen und höhere Mietvereinbarungen genehmigt werden, die dann z.B. für WBS-berechtigte Mieter*innen durch das Land Berlin kompensiert werden.

Für energetische Sanierungen bzw. Sanierungen, um Barrierefreiheit herzustellen, gibt es Ausnahmen: es gibt genehmigungsfreie Modernisierungsarbeiten bis zu einer festgelegten Umlagehöhe. Kostenaufwendige Modernisierungsmaßnahmen müssen von der IBB geprüft und von der Stadtentwicklungs- bzw. Bauverwaltung genehmigt werden. Der Mietendeckel ist das richtige Instrument, um sinnlose Modernisierungen, die bisher genutzt wurden, um die Mieten in die Höhe zu treiben oder sogar zu entmieten, zu unterbinden. Für diese Fälle sind nun Bußgelder von bis zu 500.000 Euro vorgesehen.

Das Ziel des Mietendeckels ist diejenige Vermieter*innen zu treffen, die mit ihren Wohnungen auf überhöhte Renditen absehen. Im Gesetzgebungsverfahren wird also auch darüber zu diskutieren sein, wie auf die Bedürfnisse von sozial- und gemeinwohlorientierten Vermieter*innen eingegangen werden kann. Die Rot-Rot-Grüne Koalition will keineswegs verantwortungsvolle Bestandshalter*innen bestrafen, aber Geschäftsmodelle, die einseitig zu Lasten der Mieter*innen gehen, um überhöhte Renditen zu erzielen, wie zum Beispiel die Deutsche Wohnen. Diese hat laut Informationen auf der Aktionärsversammlung letztes Jahr eine Rendite von insgesamt 21 Prozent erreicht. Auch Unternehmen wie Akelius, die nach Modernisierungen Quadratmeter-Preise von 30 Euro und mehr aufrufen, sollen gebremst werden.

Im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren wird das Gesetz ausgestaltet und selbstverständlich auch auf Kritikpunkte und Umsetzungsfragen detailliert eingegangen. Die Rot-Rot-Grüne Koalition und vor allem wir Grüne wollen gemeinwohlorientierte oder nicht-gewinnorientierte Bauträger wie Genossenschaften aber auch verantwortungsvolle und soziale Kleinvermieter*innen unterstützen, weil diese dauerhaft günstige bzw. leistbare Mieten anbieten und fair mit ihren Mieter*innen umgehen. Wir brauchen eine gemeinnützige Wohnungswirtschaft mehr denn je. Deshalb setzen wir uns auf Bundesebene schon lange für eine neue Wohngemeinnützigkeit ein und wollen diese steuerlich begünstigen.

Im Land Berlin haben wir zudem sowohl eine entsprechende Modernisierungsförderung als auch eine Genossenschaftsförderung aufgelegt. Weitere Unterstützungsinstrumente sind in Planung. Die Kritik der Genossenschaften und von sozial- und gemeinwohlorientierten Kleinvermieter*innen wird von uns ernst genommen und geeignete Möglichkeiten geprüft. Da Genossenschaften aus rechtlichen Gründen Modernisierungs- und Instandsetzungskosten nicht auf die Mieter*innen umlegen dürfen, muss eine adäquate Regelung gefunden werden. Jedoch bitten wir auch um Verständnis, dass aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes diese Bauträger nicht generell ausgenommen werden dürfen. Sonst wird die Rechtmäßigkeit des ganzen Gesetzes gefährdet.

Der Mietendeckel gilt nicht für Neubauwohnungen, deshalb führt auch das Argument, wir würden damit den Neubau stoppen ins Leere. Auch mietpreisgebundene Sozialwohnungen werden ausgenommen.

Weitere Informationen rund um den Mietendeckel sind hier zu finden.

Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen: mehr als 77.000 Unterschriften gesammelt

Heute hat die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ die Unterschriftensammlung bei der Senatsverwaltung für Inneres abgegeben. Rund 77.000 Berliner*innen haben für die Initiative unterschrieben, mindestens 20.000 wären nötig gewesen. Hier findet ihr meinen Kommentar dazu:

Wir gratulieren der Initiative für das Sammeln so vieler Unterschriften in kurzer Zeit. Die große Unterstützung ist ein klarer Auftrag an Rot-Rot-Grün. Jetzt es kommt vor allem auf die konkrete Ausgestaltung eines Gesetzes an. Daher steht jetzt der Senat in der Pflicht, sich mit der Initiative an einen Tisch zu setzen, um gemeinsam ein Gesetz zu erarbeiten. Das Verfahren darf nicht ausgebremst werden, indem das Volksbegehren vor das Landesverfassungsgericht gezerrt wird. Wir brauchen dringend eine gemeinwohlorientierte Neuausrichtung des Berliner Wohnungsmarktes. Hierfür ist das Volksbegehren ein Baustein.

„Deutsche Wohnen und Co. enteignen“: Aktuelle Stunde zum Volksbegehren

In der gestrigen Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses stand das Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ im Mittelpunkt. Die Opposition versuchte u.a. Ängste zu schüren, Berlin würde zukünftig eine schlechtere Bewertung auf den Finanzmärkten durch die umstrittenen Rating-Agenturen bekommen – unbegründet, wie wir finden. Stattdessen sollte die Rolle der privaten Rating-Agenturen und ihre Querverbindungen zu großen Immobilienunternehmen mehr in den Fokus gerückt werden.

Wenn über die Hälfte der Berliner*innen Angst davor hat, ihr Zuhause zu verlieren, dann ist für uns klar, dass wir im Gegensatz zur Opposition die verschiedenen Instrumente nicht gegeneinander ausspielen, sondern alle anwenden: Neubau, Rekommunalisierung bzw. Ankauf und den Bestandsschutz. Die Zeit des Entweder-Oder ist längst vorbei.

Meine Rede dazu ist hier zu sehen (Quelle des Videos: rbb):

Seit 2008 haben sich die Mieten in Berlin mit 104 Prozent mehr als verdoppelt – während die Einkommen nur um 24,7 Prozent gestiegen sind. Die Berliner*innen mussten in den letzten 10 Jahren den stärksten Anstieg aller Städter verkraften. Auch wenn es viele kleine Privateigentümer*innen und verantwortungsvolle Bestandshalter*innen gibt, immer mehr große Wohnungsunternehmen, Fonds und Briefkastenfirmen pressen aus den Leuten raus, was geht. Mittlerweile ist der Anteil der börsennotierten Wohnungsunternehmen mit 15 Prozent in Berlin der höchste im ganzen Land.

Der Berliner Wohnungsmarkt wird immer mehr zum Spielball der Finanzmärkte – das müssen wir dringend stoppen. Deshalb müssen endlich auf Augenhöhe mit diesen Unternehmen verhandeln können. Und deswegen kann das Volksbegehren ein scharfes Schwert und große Chance sein. Wir sollten das Instrument der Vergesellschaftung dabei als langfristige Maßnahme betrachten, dass unterschiedlich zum Einsatz kommen kann. Wenn die Deutsche Wohnen und andere z.B. einen stadtweiten Vertrag unterschreiben, indem sie sich verpflichten, die Mieten leistbar zu machen und sich endlich an den Mietspiegel zu halten, dann muss es gar nicht soweit kommen. Dazu muss aber diesen Wohnungskonzernen klar werden, dass sie ihr Geschäftsmodell beenden müssen: Es muss Schluss sein mit der Erzielung von überhöhten Werten und Dividenden, die mit der Bausubstanz bzw. dem wirklichen Wert der Häuser oft überhaupt nichts zu tun haben und nur durch Verdrängung der Bestandsmieter*innen funktionieren.

Es ist außerdem sehr zu begrüßen, dass mit dem sog. Mietendeckel ein weiteres Instrument in der Prüfung ist. Doch wie beim Volksbegehren auch betreten wir juristisches Neuland und es gibt da noch viele Fragen, zb. ob der Mietendeckel auch bei Modernisierungen greifen kann. Diese Fragen müssen jetzt schnell geklärt werden. Aber während der Mietendeckel als akute Notmaßnahme nur für einen begrenzten Zeitraum gelten kann, bietet das Volksbegehren die Möglichkeit, den Wohnungsmarkt auch nachhaltig stärker gemeinwohlorientiert ausrichten. Daher kann es nicht um ein Entweder-Oder gehen. Beide Ansätze sind wichtig auf dem Weg zu einer gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik.