„Deutsche Wohnen und Co. enteignen“: Aktuelle Stunde zum Volksbegehren

In der gestrigen Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses stand das Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ im Mittelpunkt. Die Opposition versuchte u.a. Ängste zu schüren, Berlin würde zukünftig eine schlechtere Bewertung auf den Finanzmärkten durch die umstrittenen Rating-Agenturen bekommen – unbegründet, wie wir finden. Stattdessen sollte die Rolle der privaten Rating-Agenturen und ihre Querverbindungen zu großen Immobilienunternehmen mehr in den Fokus gerückt werden.

Wenn über die Hälfte der Berliner*innen Angst davor hat, ihr Zuhause zu verlieren, dann ist für uns klar, dass wir im Gegensatz zur Opposition die verschiedenen Instrumente nicht gegeneinander ausspielen, sondern alle anwenden: Neubau, Rekommunalisierung bzw. Ankauf und den Bestandsschutz. Die Zeit des Entweder-Oder ist längst vorbei.

Meine Rede dazu ist hier zu sehen (Quelle des Videos: rbb):

Seit 2008 haben sich die Mieten in Berlin mit 104 Prozent mehr als verdoppelt – während die Einkommen nur um 24,7 Prozent gestiegen sind. Die Berliner*innen mussten in den letzten 10 Jahren den stärksten Anstieg aller Städter verkraften. Auch wenn es viele kleine Privateigentümer*innen und verantwortungsvolle Bestandshalter*innen gibt, immer mehr große Wohnungsunternehmen, Fonds und Briefkastenfirmen pressen aus den Leuten raus, was geht. Mittlerweile ist der Anteil der börsennotierten Wohnungsunternehmen mit 15 Prozent in Berlin der höchste im ganzen Land.

Der Berliner Wohnungsmarkt wird immer mehr zum Spielball der Finanzmärkte – das müssen wir dringend stoppen. Deshalb müssen endlich auf Augenhöhe mit diesen Unternehmen verhandeln können. Und deswegen kann das Volksbegehren ein scharfes Schwert und große Chance sein. Wir sollten das Instrument der Vergesellschaftung dabei als langfristige Maßnahme betrachten, dass unterschiedlich zum Einsatz kommen kann. Wenn die Deutsche Wohnen und andere z.B. einen stadtweiten Vertrag unterschreiben, indem sie sich verpflichten, die Mieten leistbar zu machen und sich endlich an den Mietspiegel zu halten, dann muss es gar nicht soweit kommen. Dazu muss aber diesen Wohnungskonzernen klar werden, dass sie ihr Geschäftsmodell beenden müssen: Es muss Schluss sein mit der Erzielung von überhöhten Werten und Dividenden, die mit der Bausubstanz bzw. dem wirklichen Wert der Häuser oft überhaupt nichts zu tun haben und nur durch Verdrängung der Bestandsmieter*innen funktionieren.

Es ist außerdem sehr zu begrüßen, dass mit dem sog. Mietendeckel ein weiteres Instrument in der Prüfung ist. Doch wie beim Volksbegehren auch betreten wir juristisches Neuland und es gibt da noch viele Fragen, zb. ob der Mietendeckel auch bei Modernisierungen greifen kann. Diese Fragen müssen jetzt schnell geklärt werden. Aber während der Mietendeckel als akute Notmaßnahme nur für einen begrenzten Zeitraum gelten kann, bietet das Volksbegehren die Möglichkeit, den Wohnungsmarkt auch nachhaltig stärker gemeinwohlorientiert ausrichten. Daher kann es nicht um ein Entweder-Oder gehen. Beide Ansätze sind wichtig auf dem Weg zu einer gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik.