Während Senator Müller bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene eine konsequente, engagierte und soziale Wohnungspolitik von Schwarz-Rot einfordert, lässt die große Koalition in Berlin konsequentes Handeln vermissen. Angesichts der diversen Wohnungsmarktanalysen, die uns seit Jahren den zunehmenden Wohnraummangel in Berlin bestätigen, ist es schon bemerkenswert, wie langsam und zögerlich bei der Wohnungspolitik gehandelt wird. Neuestes Beispiel ist der Neubau.
Vor zwei Jahren wurde im Koalitionsvertrag der Neubau von 30.000 Wohnungen vereinbart. Nun soll für fünf Jahre ein Wohnungsbaufonds in Höhe von 320 Millionen Euro eingerichtet werden. Damit sollen 7.000 Wohnungen zu „sozialverträglichen Mieten“ mit Belegungsrechten gefördert werden. So sieht es der Antrag von SPD und CDU vom September 2013 vor. Auf Nachfrage hat uns Senator Müller im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr mitgeteilt, dass damit Miethöhen von 6,x Euro gemeint sind bei einer Belegungsdauer von maximal 20 Jahren. Die Koalition geht außerdem davon aus, dass auf jede der geförderten Wohnungen zwei bis vier nicht geförderte kommen, so dass ein Neubauvolumen von 28.000 Wohnungen erzielt werden soll. Dafür sollen 775 Millionen Euro „haushaltsneutral“ für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften eingesetzt werden. Zusätzlich soll durch die Investitionsbank Berlin ein Wohnungsbaufonds mit 320 Millionen Euro angeboten werden. Im Haushaltsjahr 2014 und 2015 werden dafür insgesamt 74 Millionen Euro veranschlagt. Aus dem Fonds sollen sowohl die landeseigenen Wohnungsunternehmen als auch private Bauträger schöpfen. Auffällig in dem Antrag ist, dass 25% der Gelder für den Ankauf von Wohnungen und für die Förderung von Eigentumswohnungen angedacht sind. Sicherlich ist der Ankauf von Bestandswohnungen mehr als sinnvoll. Auch aufgrund des damaligen Verkaufs der fast 70.000 GSW-Wohnungen (bald „Deutsche Wohnen“) muss der kommunale Wohnungsbestand wieder massiv erhöht werden. Ankauf geht oft schneller und ist auch billiger. Gerade in Friedrichshain-Kreuzberg gibt es viele Häuser und Gebiete, wo eine Rekommunalisierung von Wohnraum dringend nötig wäre. Bisher scheiterte das immer am Senat. Anders sieht das bei der Schaffung von Eigentumswohnungen aus: diese müssen alles andere als gefördert werden. Zumal die in den letzten Jahren ausschließlich von Investoren oder sogenannten Baugruppen realisierten Bauvorhaben zu oft Eigentumswohnungen sind.
Neben den vielen offenen Fragen um ein konkretes Neubaukonzept gibt es aber einen positiven Vorstoß: nach dem Vorbild der Stadt München soll in Zukunft die sog. „Sozial Gerechte Bodennutzung“ angewandt werden. Damit können bei der Schaffung oder einen großen Veränderung von Baurecht die Bezirke bis zu 2/3 der folgenden Bodenwertsteigerung abschöpfen. Auch wenn das Konzept kompliziert (Stichwort: Städtebauliche Verträge) und in vielen Teilen Ostberlins nicht möglich ist, hat dies konkret zur Folge, dass damit Investoren und Bauträger zur Schaffung von bezahlbaren Wohnungen verpflichtet werden können. Dabei steht es ihnen frei, diese Wohnungen entweder selbst zu bauen oder das entsprechende Bauland an ein öffentliches Wohnungsunternehmen oder eine Genossenschaft abzugeben. So wird garantiert, dass zumindest ein Anteil von bis zu 30% der Wohnungen zu Miethöhen angeboten werden, die sich an den finanziellen Möglichkeiten der Menschen orientieren. Bei der konkreten Umsetzung müssen die Bezirke und der Senat jetzt aber schnell eine gemeinsame Strategie entwickeln.
Um die Erteilung von Baugenehmigungen zu beschleunigen, will der Senat in jedem Bezirk bis zu sechs befristete Stellen finanzieren. Weil es angeblich in Hamburg erfolgreich war, wird es zusätzlich noch Prämien von 500 Euro pro Wohnung für die Bezirke geben. Das ist erstaunlich. So gibt es doch bereits seit 2005 gestraffte Baugenehmigungsverfahren mit festen Fristen. Da kann nicht mehr viel beschleunigt werden und es geht auch nicht zuletzt um Sicherheit. Von Bürgerbeteiligung und der Information von AnwohnerInnen ganz zu Schweigen. Statt solcher Prämien muss das Personal langfristig und nachhaltig wieder deutlich verstärkt, aber vor allem auch geschult werden. Nur so können die Bezirke zügig und mit den Investoren auf Augenhöhe verhandeln. Berlin wächst, die Herausforderungen für die Stadtentwicklung werden nicht weniger. Die Mieterinnen und Mieter leiden immer mehr unter dem Renditedruck Völlig unverständlich ist aber die Reaktion des Senats, dass in Zukunft große Bauprojekte automatisch in die Zuständigkeit des Landes übertragen werden. Schließlich kann der Senat doch nicht immer gewährleisten, dass er die Neubauprojekte besser vor Ort im Interesse der Betroffenen umsetzen kann und will.