Zusammen gegen #Mietenwahnsinn! – Aufruf und Demo am 21.9. für bezahlbaren Wohnraum

Unter dem Motto „Zusammen gegen #Mietenwahnsinn! Gemeinsam gegen Spaltung, Verdrängung und Wohnungslosigkeit – bezahlbarer Wohnraum für alle statt mehr Rendite für wenige“ ruft ein Bündnis aus über 200 Verbänden, Initiativen und Organisationen dazu auf, anlässlich des Wohnungsgipfels der Bundesregierung am Freitag für ein neues, faires Mietrecht am Freitag (21.9.) zu demonstrieren. Ab 12:00 Uhr geht es auf dem Washingtonplatz am Hauptbahnhof los. Die Kundgebung startet um 14:00 Uhr.

In einem breit getragenen Aufruf, den ich ebenso wie die Grünen insgesamt unterstütze, werden erste Maßnahmen für einen überfälligen Kurswechsel in der Wohnungs- und Mietenpolitik gefordert:

  • Mietpreisbremse schärfen, Verstöße mit Bußgeld sanktionieren.
  • Umlage nach Modernisierung auf 4 % der Baukosten beschränken und bei 1,50 €/qm im Monat innerhalb von 8 Jahren kappen!
  • Energetische Maßnahmen sollen möglichst warmmietenneutral sein!
  • Zwangsräumungen verhindern! Kündigungsschutz verbessern!
  • Sozialen und preisgünstigen Wohnungsneubau deutlich ausweiten und dauerhafte Bindungen einführen! Fördermittel für mindestens 100.000 leist­bare Wohnungen pro Jahr bereitstellen. Das Planungs­recht für das Gemeinwohl einsetzen!
  • Bodenpreise und Bodennutzung regulieren, Grundstücke der öffentlichen Hand nicht zum Höchstpreis veräußern!
  • Gemeinwohlorientierte Eigentümer*innen und Vermieter*innen stärken und eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einführen!
  • Eigentümerlobby zurückdrängen, Immobilienbesitz transparent machen!
  • Diskriminierung sanktionieren, mehr barrierefreien Wohnraum schaffen, Wohnungslosigkeit verhindern!
  • Kosten der Unterkunft und Wohngeld realitätsgerecht jährlich anpassen.

Der Aufruf kann hier nachgelesen werden.

Wir brauchen eine mietenpolitische Revolution in Berlin – Gastbeitrag im Tagesspiegel

Wir brauen ein neues soziales Mietrecht und eine Gemeinwohlorientierung im Wohnungsbereich. In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel vom 15. September skizziere ich, welche Maßnahmen dringend nötig sind – der Text ist hier nachzulesen:

Wir brauchen eine mietenpolitische Revolution in Berlin

Ob in der Bürgersprechstunde, auf dem Podium oder am Straßenstand: Verzweifelte Menschen, die nicht wissen, ob sie bald noch ihre Wohnungen Zuhause nennen dürfen, treffe ich tagtäglich. Ob überteuerte Modernisierungen, Mieterhöhungen über dem Mietspiegel oder Eigenbedarfskündigungen – die Missstände im Mietrecht frustrieren die Menschen zu Recht. Als Landes- und Bezirkspolitiker fühlen wir uns oft wie die Feuerwehr mit zu wenig Löschwasser im Schlauch.

Es ist 5 vor 12, um das massive Ungleichgewicht zwischen Vermietern und Mietern zu stoppen. Da hilft nur eins: Das Bundesmietrecht braucht eine radikale soziale Wende.

Es ist nicht sinnvoll, dass auf dem Land die gleichen Rahmenbedingungen wie in Stadtstaaten gelten, Mieten und Einkommen sind zu unterschiedlich. Zum Schutz der Mieter sollten die Kommunen selbst darüber entscheiden können, wann sie Mietobergrenzen für notwendig halten. Und beim Schutz von Mietwohnungen vor Umwandlung in Eigentumswohnungen brauchen die Länder endlich die Entscheidungsgewalt, um das Geschäftsmodell zu stoppen. Und es braucht dringend Schutzregeln für kleines Gewerbe. Dazu muss das Miet- und Baurecht auf Bundesebene komplett umgekrempelt werden. Aller Reförmchen zum Trotz: CDU und SPD in der Bundesregierung bleiben Handlanger der Immobilienlobby. Rot-Rot-Grün in Berlin bleiben so nur geringe Möglichkeiten, auf die Mietentwicklung zu wirken. Umso mehr brauchen wir eine mietenpolitische Revolution in den Bereichen, in denen wir Einfluss haben.

Wir brauchen Neubau – und zwar schnell. Aber das reicht nicht aus. In Wien sind über 60 Prozent der Wohnungen in kommunaler und genossenschaftlicher Hand. Die gemeinwohlorientierten Bauträger – landeseigene Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Stiftungen – stellen dort sicher, dass Wohnraum dauerhaft sozial gebunden und vor Spekulation geschützt ist. Durch ein Bündnis mit den gemeinwohlorientierten Bauträgern können wir es schaffen, in Berlin den Anteil von gerade mal 30 Prozent in den nächsten Jahren massiv durch Ankauf und Neubau zu erhöhen. Dazu brauchen sie günstige Grundstücke in Erbpacht und eine Neubauförderung, die weit über 30 Jahre hinaus geht. Ein Mietmoratorium, wie es zuletzt gefordert wurde, ist gut. Den Anfang müssen wir bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen machen. Einige hundert Millionen Euro Gewinne erzielen sie jedes Jahr und schlagen bei Modernisierungen und Neuvermietungen ganz schön zu. Die Aktiengesellschaften und GmbHs in Landesbesitz arbeiten oft noch zu renditeorientiert. Warum sie nicht in Anstalten öffentlichen Rechts umwandeln? Die Folge: Mehr Transparenz und stärkere Kontrolle. Außerdem sollte Berlin neue Wohnformen schützen und Mieterselbstverwaltung fördern. Auch Baugebote, Vorkaufsrechtssatzungen, Flächenankäufe und eine reformierte Bauordnung gehören in den Instrumentenkasten einer am Gemeinwohl orientierten Wohnungspolitik. Besonders wichtig ist jedoch, dass wir die Bezirke endlich ausreichend stärken, durch Personal und Geld. Sie sind es, die gegen illegalen Leerstand und Zweckentfremdungen, verfallene Häuser und fehlende Instandhaltungen vorgehen müssen. Und sie sind es, die neue Milieuschutzgebiete beschließen und das Vorkaufsrecht anwenden und kontrollieren können.

In Berlin haben wir kostenlose Mieterberatungen eingerichtet. Was wir aber noch brauchen, sind Angebote der Begleitung von Hausgemeinschaften vor Ort. Gerade bei Modernisierungen dauern die Prozesse oft Jahre. Es gibt so viele Betroffene, die verständlicherweise überfordert sind. Eine Beratung, die diese Menschen aktiv aufsucht und begleitet, kann vielen helfen, sie im Kampf um ihre Wohnung entscheidend zu stärken. Ein Klagefonds kann dafür sorgen, dass auch arme Mieter sich wehren können. Um diesen Kampf um unsere Stadt zu gewinnen, müssen wir noch viele und radikale Schritte gehen. Starten wir in Berlin endlich die mietenpolitische Revolution, statt auf eine dringend notwendige soziale Wende auf Bundesebene zu warten.

Problemimmobilien, Mietwucher und spekulativer Leerstand – für eine schnelle Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes

Das Problem: Überbelegung und Mietwucher, kein warmes Wasser, keine Heizung, Schimmel und Müll. Die Besitzer? Sind nicht zu erreichen und verstecken sich hinter dubiosen „Hausverwaltungen“. Problemimmobilien sind verwahrloste Mietshäuser, die von ihren Eigentümern bewusst vernachlässigt oder heruntergewirtschaftet werden. In Berlin gibt es rund 60 Problemimmobilien, die oft nicht mehr bewohnbar sind. Die Folge: Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz kann nicht mehr ange­wandt werden. Berlin benötigt daher andere Möglichkeiten, die Machenschaften mit Problemim­mobilien zu beenden. Denn: Problemimmobilien sind eine Zumutung für die Bewohner*innen, ein Konfliktherd in der Nachbarschaft, aber eine „Gelddruckmaschine“ für die Immobilienbesitzer.

Wenn wir nichts tun, wachsen die Machenschaften mit Problemimmobilien

Es ist zu befürchten, dass die Zunahme von Bautätigkeit in der Stadt auch eine Zunahme von Arbeitsausbeutung und damit der Vermietung von Schlafplätzen mit sich bringt. Damit gewinnt das Geschäftsmodell mit Problemimmobilien weiter an Attraktivität, denn Wohnraum bleibt knapp.

In vielen der Häuser leben Menschen, die anderswo keine Wohnungen bekommen und daher bereit sind, ohne Mietvertrag und gegen Barkasse zu „mieten“. Oft leben große Familien in viel zu kleinen Wohnungen und/oder in den Wohnungen werden einzelne Zimmer bzw. Schlafplätze für horrende Summen vermietet. Zudem sind die Bewohner*innen nicht selten auch von Arbeitsausbeutung betroffen.

Wer prekär beschäftigt oder auf Arbeitssuche ist, wer auf dem Wohnungsmarkt Diskriminierung erfährt oder wer mit dem Versprechen von Job und Schlafplatz angeworben wurde, hat oft wenig Alternativen. Hier stoßen auch die Behörden an ihre Grenzen, denn auch sie haben keine alternative Unterbringungsmöglichkeit für diese Gruppe wohnungsloser Menschen. Die Häuser und ihre Umgebung werden zum sozialen Brennpunkt, an dem sich Jugend- und Gesundheitsämter, Sozialarbeit und Mieterberatungen abarbeiten, während die eigentlich Verantwortlichen, die Hausbesitzer, oft weder kooperativ, noch greifbar sind.

Was hilft gegen die Machenschaften mit Problemimmobilien?

Wenn Berlin den Kampf gegen die Machenschaften mit Problemimmobilien gewinnen will, braucht es eine abgestimmte ressortübergreifende Gesamtstrategie: Verschärfung bzw. Anpassung von gesetzlichen Rahmenbedienungen und Beschleunigung von Verfahren, fnanzielle Unterfütterung und Personal für die Bezirke und eine bessere Koordinierung zwischen den verschiedenen Ämtern, sprich Beseitigung der Vollzugsprobleme.

Inwieweit hilft die Novellierung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes?

Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz bietet Eingriffsrechte bei Zweckentfremdungen von Wohnraum – also z.B. im Fall der Vermietung einzelner Schlafplätze. Um den oft schleichenden Prozess unterbliebener Instandhaltung und Verwahrlosung über Jahre hinweg zu stoppen, muss auch das Wohnungsaufsichtsgesetz reformiert werden.

Berlin braucht eine Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes

Nach dem Vorbild anderer Bundesländer (z.B. Hamburg) wollen wir mit einer Verschärfung des Wohnungsaufsichtsgesetzes die Rechte und Eingriffsmöglichkeiten der öffentlichen Hand bzw. Bezirke stärken und die durch die Problemimmobilie verursachten Kosten so weit möglich den Verursachern und Profteuren auferlegen. Unsere Vorschläge resultieren aus einem internen Fachgespräch unter Teilnahme von Experten, NGOs, der Bezirke und einiger Betroffener. Folgende Punkte sollten bei der Reform berücksichtigt werden:

1. Kosten umlegen: Kosten für angemessenen Ersatzwohnraum, für die Sachverhaltsaufklärung (z.B. für Gutachten, um Schimmelbefall, Ungeziefer oder Feuchtigkeit, Heizungsausfall, Leitungsschäden etc. festzustellen), für Müllbeseitigung usw. sollen künftig als öffentliche Last im Grundbuch eingetragen werden können (§ 8). Darüber hinaus sollen Bußgelder erhöht werden.

2. Rechtzeitiges Eingreifen ermöglichen: Wir wollen den Tatbestand der Verwahrlosung oder eines drohenden Missstandes einführen (§ 2). Das erlaubt ein früheres Eingreifen. Außerdem können Instandsetzungen bisher nur zum Schutz Dritter verlangt werden, nicht zugunsten der Mieter*innen.

3. Der Verfügungsberechtigte eines Hauses soll zur Sachverhaltsaufklärung verpfichtet werden können – auch bereits im Verdachtsfall. Damit wäre es künftig schwerer, dass Hausbesitzer*innen oder Hausverwaltungen die verängstigten Mieter*innen „davor warnen“, Behörden zur Begutachtung von Baumängeln in die Wohnung zu lassen (§ 10a und 13).

4. Die Kataloge der Missstände müssen angepasst werden – u.a. der Einbezug der Außenanlagen (§3). Damit können wir in Berlin auch gegen Verwahrlosung im Außenbereich von Gebäude vorgehen.

5. Effektive Eingriffsmöglichkeiten der Bezirke: Berlin braucht klare Regelungen der Ersatzvornahme, um zu lange Verhandlungen zu vermeiden. Als Vollzugsinstrument wollen wir ein Treuhänder-Modell einführen sowie ggf. Erweiterung der Gesetzesgültigkeit auf einzelne Wohnungen.

6. Einführung eines Fonds für die Bauaufsicht, um den Bezirken zu ermöglichen, zum Erhalt des Wohnraums in Vorkasse zu gehen. Die entstandenen Kosten sind durch Zugriff auf die Mieten zurückzuerstatten.

Wann kommt die Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes?

Bereits im September 2015 haben wir zehn grüne Vorschläge für den Umgang mit „Schrottimmobilien“ vorgelegt, darunter etliche Vorschläge für Änderungen des sogenannten Wohnungsaufsichtsgesetzes. Seit Januar 2016 tagt eine von der Obersten Bauaufsicht eingerichtete Arbeitsgruppe „Problemimmobilien“. Damit ist unsere Forderung nach einer Projektarbeitsgruppe auf Landesebene erfüllt. Sie erarbeitet ressortübergreifend und unter Einbezug der NGOs konkrete Handlungsempfehlungen. Ein wichtiger Punkt ist die Zusammenarbeit zwischen Bezirksämtern und Steuerbehörden. Aber auch die enge Begleitung aller Eingriffe durch Sozialarbeit für die Mieter*innen ist zentral, um erfolgreich sein zu können.

Die Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes steht aufgrund unseren Drucks seit 2016 im Koalitionsvertrag. Senatorin Lompscher hat die Überarbeitung des Gesetzes jetzt für 2020 angekündigt. Das halten wir für viel zu spät angesichts des seit Jahren bekannten Problemdrucks und angesichts der Tatsache, dass wir schon in der letzten Legislatur einen ausgereiften Gesetzentwurf vorgelegt haben.

Links der Medien:

Unsere grünen Forderungen zur Reform des Wohnungsaufsichtsgesetz gibt es hier auch als PDF zum Download.

Recht auf angemessenes Wohnen – Grüner Beschluss für eine neue Berliner Linie der Vernunft

Der Landesausschuss der Berliner Grünen – quasi der kleine Parteitag – hat gestern einen Antrag von Benedikt Lux und mir beschlossen. Kernforderung ist ein neuer Umgang mit Hausbesetzungen in der Stadt. Zukünftig sollen Verhandlungen und eine Orientierung am Züricher Modell die „Berliner Linie der Vernunft“ bilden.

Wie in Deutschland muss auch in der Schweiz zunächst ein Strafantrag durch den Eigentümer gestellt werden. Jedoch wird zunächst ein Kompromiss zwischen den Eigentümer*innen und den Besetzer*innen versucht, um eine langfristige Befriedung zu erreichen, auch durch Zwischennutzungsverträge. Zudem wird das Gebäude bzw. Wohnhaus durch die Polizei überhaupt erst geräumt, wenn der Eigentümer vorweisen kann, dass eine neue Nutzung, ein Abriss oder eine Sanierung unmittelbar bevorsteht. Damit wird erreicht, dass Räumungen erst so spät wie nötig vorgenommen werden. Viele Häuser, die von Zwischennutzer*innen in Anspruch genommen werden, dienen sogar der Entwicklung von sozialen oder alternativen Lebensweisen und Kultur.

Denn klar ist auch: Berlin wäre nicht so vielfältig und bunt, wie es heute ist, hätte es die Hausbesetzer*innen-Szene z.B. in den 1980er Jahren nicht gegeben.

Der Beschluss „Recht auf angemessenes Wohnen: Spekulativen Leerstand auf allen Ebenen konsequent bekämpfen – Berliner Linie der Vernunft weiter entwickeln“ kann hier nachgelesen werden.