Vorschaltgesetz zum Sozialen Wohnungsbau verabschiedet

Am Donnerstag hat das Abgeordnetenhaus das „Erste Gesetz zur Änderung des Wohnraumgesetzes Berlin“ beschlossen. Mit dieser Änderung werden endlich erste wichtige Ungerechtigkeiten und Absurditäten, die es nur im Sozialen Wohnungsbau in Berlin gibt, abgeschafft. Mit der Änderung des Wohnraumgesetzes werden rückwirkende Mieterhöhungen für Objekte des sozialen Wohnungsbaus ausgeschlossen. Außerdem wird verhindert, dass Wohnobjekte, die keine Anschlussförderung erhalten haben, bei Verkauf die Eigenschaft „öffentlich gefördert“ verlieren.

Durch die Umstellung von Nettokalt- auf Bruttowarmmiete als Bezugsgröße für Mietzuschüsse bei gleichzeitiger Erhöhung des maximal anrechnungsfähigen Mietbetrages von 10,- Euro auf 14,- Euro pro Quadratmeter angemessener Wohnfläche werden künftig mehr Menschen in Berlin als bisher von Mietzuschüssen profitieren können. Außerdem wird die Maximalbegrenzung des Mietzuschusses angehoben. Lag diese für betroffene Mieter*innen bisher bei 2,50 Euro pro Quadratmeter angemessener Wohnfläche, wird sie nun für Menschen mit Wohnberechtigungsschein je nach Einkommenssituation bei maximal 5,- Euro je Quadratmeter liegen, wobei die Mietzuschüsse die Hälfte der monatlichen Bruttowarmmiete nicht überschreiten dürfen. Dies bedeutet für betroffene Mieter*innen im sozialen Wohnungsbau, insbesondere von Objekten mit hohen Mietnebenkosten, eine weitere spürbare Entlastung gegenüber dem Status quo.

Doch dieser Beschluss kann nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer großen Reform des sozialen Wohnungsbaus sein. Unser Ziel bleibt es, die verbliebenen 110 000 Sozialwohnungen für die soziale Wohnraumversorgung dauerhaft und nachhaltig zu retten.

Meine Rede im Plenum ist hier zu sehen (Quelle des Videos: rbb):

Auch bei der Einbringung des Vorschaltgesetzes einige Wochen zuvor habe ich zum Vorschaltgesetz und den geplanten Änderungen im Sinne der Mieter*innen im Plenum des Abgeordnetenhauses gesprochen (Quelle des Videos: rbb):

Tourismus in Berlin: es muss umgedacht werden

Seit Jahren machen wir Grüne uns für eine andere Tourismuspolitik in der Stadt stark. Ende Februar kündigte die Grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop ein neues Konzept für einen stadtverträglichen und nachhaltigen Tourismus an – ein Umdenken in diesem Bereich ist längst überfällig.

Ein paar Wochen zuvor veröffentlichte Kopenhagen seine neue Tourismus- und Standortstrategie mit dem Titel „Das Ende des Tourismus wie wir ihn kennen“ („The End Of Tourism As We Know It“). Zwar sind beide Städte im Tourismusbereich nicht vergleichbar, dennoch liefert Kopenhagen mit seiner neuen Strategie einige interessante Ansatzpunkte, die durchaus auch für Berlin von Relevanz sind. Das trifft insbesondere auf die Feststellung zu, dass die Erwartungen der Besucher*innen sich wandeln und damit der Städtetourismus sein Profil entscheidend geändert hat. Städtische Räume und Ressourcen werden von Tourist*innen und Einheimischen zunehmend ähnlich genutzt. Die Grenzen zwischen touristischer und nicht-touristischer Aktivität verschwimmen immer mehr. Städtetourist*innen wollen in das Alltagsleben eintauchen, für einen temporären Zeitraum Teil der Nachbarschaft sein. Sie suchen das Authentische und nicht das perfekte Postkartenmotiv. Gerade in Berlin ist das seit Jahren zu beobachten. Neben den klassischen Tourist*innenattraktionen rücken immer mehr die Kieze in den Fokus. Längst ist der Tourismus dadurch zu einem raumprägendem Faktor und alltäglichem Phänomen in vielen Stadtteilen geworden.

Kombiniert mit einer veränderten innerstädtischen Nachfrage stellt das die Stadt vor neue Herausforderungen. Insbesondere im Nachtleben ziehen die Hotspots in Kreuzberg, Neukölln oder Friedrichshain immer mehr Berliner*innen aus der ganzen Stadt an, die sich mit den Tourist*innen mischen. Immer häufiger klagen Anwohner*innen über eine zunehmende Ballermannisierung. Dabei geht es nicht nur um klassische Verträglichkeitsprobleme, wie zunehmende Lärm- und Müllbelästigung. Auch die gewachsenen lokalen Strukturen verändern sich und mit ihnen die Lebenswelten der Kieze. Mietwohnungen werden als Ferienwohnungen zweckentfremdet, die oft bunt gemischte Einzelhandelsstruktur geht verloren. Das gewerbliche Angebot richtet sich zunehmend an die Bedürfnisse der wachsenden Besucher*innen und nicht mehr an die der Bewohner*innen. Das führt bereits seit Jahren zu einem zunehmenden Akzeptanzverlust bei der Bevölkerung in den stark beanspruchten Innenstadtbezirken. Eine Umfrage zeigt: etwa ein Drittel der Bewohner*innen fühlt sich durch Tourist*innen gestört.

Nachdem der Senat sich in den letzten Legislaturperioden vornehmlich den nächsten Besucherrekord vor Augen hatte, haben wir Grüne jetzt erreicht, dass die neue Landesregierung neue Schwerpunkte setzen wird. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass das Tourismuskonzept hinsichtlich eines langfristig stadtverträglichen und nachhaltigen Tourismus neu aufgestellt und mit einem zielorientierten Maßnahmenplan unterlegt wird. Dieser soll insbesondere die Vielfalt in den Kiezen erhalten und für einen Interessensausgleich zwischen den Anwohner*innen, Gewerbetreibenden und Besucher*innen sorgen. Besonders stark touristisch beanspruchte Bezirke sollen mehr unterstützt werden, insbesondere bei den Themen öffentlicher Raum und Infrastruktur. Ebenso stehen Fragen des Reisebusverkehrs sowie die von Grüner Seite seit Jahren geforderte Aufstellung eines Hotelentwicklungsplanes im Fokus.

Ein neues Konzept für einen stadtverträglichen und nachhaltigen Tourismus in Berlin muss diese Punkte vereinen. Herkömmliche touristische Steuerungsinstrumente – wie klassische Leitsysteme – funktionieren nur noch begrenzt. Umso wichtiger ist es, einen ressortübergreifenden Ansatz zu entwickeln, wie mit dem innerstädtischen Massentourismus umgegangen werden soll. Anstatt Tourist*innen dabei isoliert zu betrachten, sollten sie gemeinsam mit den Berliner*innen als Stadtnutzer*innen in den Blick genommen werden. Gemeinsam mit den Bezirken, den Bürger*innen, den Gewerbetreibenden und der Wissenschaft sollten in einem ersten Schritt zu erfüllende Ansprüche und Eckpfeiler erstellt werden, ein entsprechend breit aufgestellter Beirat die Erarbeitung eines neuen Konzeptes begleiten. Vor Beschlussfassung sollte eine breite Debatte in der Stadtgesellschaft erfolgen. Das kostet zwar Zeit, bietet aber auch die Chance, verlorene Akzeptanz wiederherzustellen.

Einem neuen Konzept müssen Sofortmaßnahmen vorangehen, die die drängendsten Probleme in den stark beanspruchten Bezirken anpacken. Dazu gehört z.B. mehr Geld für häufigere Straßenreinigungen – die nicht auf die Anwohner*innen umgelegt werden dürfen – oder mehr öffentliche und kostenfreie Toiletten. Aus einem Teil der Einnahmen aus der City-Tax könnte ein Aktionsfonds gebildet werden, auf den die Bezirke zurückgreifen können. Ebenso ist stadtentwicklungspolitische Steuerung immer neuer Hotels und Hostels ein Punkt, der zeitnah umgesetzt werden kann und dringend muss.

Der Text erschien Anfang Mai 2017 im Friedrichshain-Kreuzberger Stachel der Grünen.

Gemeinwohl statt Mietenspekulation – Grüne Wohnungspolitik für ganz Berlin

Im Mittelpunkt der Fraktionsklausur Anfang Mai stand die Wohnungspolitik. Dabei ging es auch um das grüne Konzept einer Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit. Damit sollen dauerhafte Bindungen von gemeinnützigen, bezahlbaren Wohnungen entstehen. Wenn sich private Anbieter von Wohnungen darauf verpflichten, werden ihnen im Gegenzug Steuern erlassen. Dabei gilt: Einmal öffentlich gefördert, immer öffentlich gebunden. Bis Ende der 1980er Jahre gab es eine solche Gemeinnützigkeit in der Bundesrepublik bereits. Die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit war angesichts der Folgekosten und des eklatanten Mangels an bezahlbarem Wohnraum einer der größten bau- und haushaltspolitischen Fehlentscheidungen der Vergangenheit. 

Auf Landesebene haben wir im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag ein großes Paket an Maßnahmen für mehr Mieterschutz und öffentlichen Wohnungsbau geschnürt. Das alleine reicht aber nicht. Gemeinsam mit den Initiativen vor Ort und den fünf grünen Bezirksbaustadträten machen wir uns stark für eine Wende in der Wohnungspolitik. Bestehende Lücken im Mietrecht müssen geschlossen und bestehende Instrumente wie die Mietpreisbremse schlagkräftiger werden. Wir wollen den Milieuschutz gegen Verdrängung ausbauen und wirksame Mietobergrenzen einführen. Der Milieuschutz muss endlich zu einem echten Mieterschutzinstrument weiterentwickelt werden. Wichtig ist uns auch, dass die Spekulation mit Wohnraum beendet wird. Ob beim NKZ oder bei Hausverkäufen in Milieuschutzgebieten: Als Grüne setzen wir uns dafür ein, dass die kommunalen Vorkaufsrechte gestärkt werden und zum Einsatz kommen.

Der Beschluss GRÜNE WOHNUNGSPOLITIK FÜR GANZ BERLIN – GEMEINWOHL STATT MIETENSPEKULATION kann hier nachgelesen werden. Ebenso steht eine Kurzversion zur Verfügung.

Spekulation beendet: Das NKZ ist endlich in kommunaler Hand

Bei einem Verkauf des Neuen Kreuzberger Zentrums (NKZ) an private Investoren hätten den Bewohner*innen drastische Mieterhöhungen, Verdrängung und Spekulation gedroht. Daher haben wir Grünen das kommunale Vorkaufsrecht gefordert. Mit Erfolg!

Ende März wurde bekannt, dass das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ) am Kottbusser Tor mit knapp 300 Wohnungen und 90 Läden in einem Höchstbieterverfahren verkauft werden soll. Der Meistbietende war die Juwelus GmbH & Co KG mit einem Angebot von 57 Millionen Euro. In dem Kaufpreis stecken auch Verbindlichkeiten, denn die Investitionsbank Berlin (IBB) verlangt aufgrund der alten Förderung etwa 40 Millionen Euro zurück. Auch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag hatte mit knapp 56 Mio. Euro mitgeboten. 

Handelt es sich beim NKZ zwar um Sozialen Wohnungsbau, so ist der Kauf trotzdem attraktiv bzw. spekulativ, weil die sozialen Bindungen in spätestens zwölf Jahren enden. Die Mieten liegen zwischen vier und sechs Euro/qm. Hier leben viele einkommensschwache Haushalte – etwa 1200 Mieter*innen aus 30 Nationen. Da das NKZ mittlerweile aus der Belegungsbindung gefallen ist, kann nur das Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet dauerhaft bezahlbare Mieten sichern. Denn in der Zwischenzeit können die Eigentümer die Mieter*innen rauskaufen, und wer bleibt, dem drohen starke Mieterhöhungen und Verdrängung, die wir über den Milieuschutz nicht verhindern können. Deshalb war es zentral, entschlossen das Vorkaufsrecht zu prüfen und einzufordern. Dazu hatte die grüne Bezirksfraktion auch erfolgreich einen Antrag in die BVV eingebracht.

Und dann kam alles ganz schnell und anders: denn die Juwelus GmbH &Co. KG hat nun bis zur Frist am 20. April bei der IBB keine Sicherheit zur Kaufsumme hinterlegt und ist somit ausgeschieden.

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