von Julian Schwarze und Katrin Schmidberger
Mit der Streichung des Runden Tischs Liegenschaftspolitik setzt der Berliner Senat ein fatales Zeichen: Die unter Rot-Grün-Rot eingeleitete Öffnung der Stadtentwicklungspolitik für zivilgesellschaftliche Beteiligung wird von CDU und SPD offenbar nicht weitergeführt. Anstatt die Stadt gemeinsam mit Initiativen, Expert*innen und Bürger*innen zu gestalten, wird unter dem neuen Senat wieder hinter verschlossenen Türen entschieden, zugunsten privater Interessen.
Der Runde Tisch war ein zentrales Instrument für Transparenz und demokratische Kontrolle in der Boden- und Liegenschaftspolitik Berlins. Seine Auflösung bedeutet das Ende eines dringend nötigen Dialogs über die soziale und nachhaltige Nutzung städtischen Eigentums. Damit kehrt der Senat zurück zu einer Politik, in der öffentliche Flächen zunehmend privatisiert und der Einfluss der Stadtgesellschaft zurückgedrängt wird.
Das Graue Kloster: Ein Beispiel für den neuen Kurs
Wie drastisch sich dieser Kurswechsel auswirkt, zeigt der Skandal um das Graue Kloster. Der vom Land Berlin kürzlich abgeschlossene Vergleich mit der gleichnamigen Stiftung ist ein Geschenk an Private auf Kosten der Allgemeinheit. Zwei zentrale Grundstücke in Mitte sowie eine Million Euro sollen in private Hände übergehen, unter Bedingungen, die weder rechtlich zwingend noch wirtschaftlich nachvollziehbar sind.
Ein absurdes Geschenk an die Stiftung
Die in der Öffentlichkeit verbreitete Behauptung, die Grundstücke hätten lediglich einen Wert von 500.000 Euro, ist nachweislich falsch. Der Bodenrichtwert liegt bei 8.500 Euro pro Quadratmeter, real ergibt sich damit ein Grundstückswert von rund 2,5 Millionen Euro. Statt also einen fairen Gegenwert zu verhandeln, verschenkt Berlin nicht nur wertvolles Eigentum, sondern auch dringend benötigte Haushaltsmittel.
Kein echter Rechtsstreit, sondern ein jahrzehntelanges Taktieren
Entgegen der offiziellen Darstellung handelt es sich nicht um einen „35-jährigen Rechtsstreit“, der endlich zu einem Ende geführt wurde. Vielmehr wurde das Verfahren über Jahrzehnte auf Eis gelegt, ohne gerichtliche Prüfung, offenbar mit dem Ziel, durch Vergleich einen aus öffentlichen Interessen nicht vertretbaren Deal zu ermöglichen. Berlin gibt kampflos auf.
Kulturerbe wird verschachert
Besonders bitter ist der Verlust aus historischer Sicht: Das Graue Kloster ist kein x-beliebiges Grundstück, sondern ein Ort mit hoher kultureller Bedeutung. Dass Teile des Areals in einem fragwürdigen Vergleich ohne demokratische Debatte verscherbelt werden, ist ein Affront gegenüber allen, die sich für den Erhalt öffentlichen Eigentums und einer offenen Stadtgesellschaft einsetzen.
Widerstand bleibt nötig
Der Fall Graues Kloster steht exemplarisch für eine Stadtentwicklungspolitik, die sich von Gemeinwohlorientierung verabschiedet. Es geht nicht nur um zwei Grundstücke – es geht um die Frage, wem die Stadt gehört. Die Petition zur Rückforderung der Flächen bleibt daher hochaktuell. Auch das bereits 1953 übertragene Gelände gehört auf den Prüfstand. Berlin darf nicht zur Beute privater Stiftungen werden.