Die Entwicklung des Wohnungsmarktes stellt den Berliner Senat vor große Herausforderungen. Preiswerter Wohnraum ist knapp und daher stark umkämpft. Gerade Menschen, die staatliche Transferleistungen in Anspruch nehmen, haben oft das Nachsehen.
In der sogenannten Wohnaufwendungenverordnung (WAV) werden für Leistungsbeziehende die jeweiligen Miet- und Heizkostenzuschläge ermittelt. Nachdem es jahrelang ganze Klagefluten vor Gericht gab und die Anzahl der Zwangsumzüge massiv stieg, werden diese Miet- und Heizkostenzuschüsse seit Mai 2012 vom Senat neu geregelt. Doch auch heute liegen noch über 63.000 Bedarfsgemeinschaften über den Richtwerten der WAV und leben in stetiger Angst vor einem drohenden Zwangsumzug.
Richtwerte weiterhin zu niedrig
In Berlin erhalten derzeit 364.913 Bedarfsgemeinschaften Leistungen für ihre Unterkunft und Heizung. Da eine Bedarfsgemeinschaft aus mehreren Personen bestehen kann, sind insgesamt ca. 700.000 Menschen betroffen. Wie viele Personen von den Neuregelungen der WAV profitieren, vermag der Senat bisher nicht zu sagen.
Da aber die Richtwerte nur leicht erhöht wurden, ist vor allem eine leichte Entlastung der großen Bedarfsgemeinschaften (5 Personen und mehr) und damit der kleinsten Gruppe der Betroffenen zu erwarten. Zwei Drittel der Betroffenen leben jedoch in Ein-Personen-Haushalten – und gerade für sie stiegen die Richtwerte nur unwesentlich. Daher überschreiten 63.658 Bedarfsgemeinschaften die neuen Richtwerte noch immer und sind von Kostensenkungsaufforderungen durch Umzug oder eigene Zuzahlung bedroht. Zwar gab es Jahr 2012 nur 612 Umzüge, was der Senat als Erfolg der WAV bezeichnet. Es muss aber eher davon ausgegangen werden, dass viele Betroffene keine kostenadäquate Wohnung gefunden haben. 15.212 Bedarfsgemeinschaften sind zurzeit darauf angewiesen, einen Teil ihrer für Nahrung, Bildung, Bekleidung etc. vorgesehenen ALG II-Regelleistung für die Miete aufzuwenden, da die Mietkostenübernahme des Senats die Kosten nicht deckt. Nur so können sie in ihrer Wohnung bleiben.
Auch die neuen Richtwerte gehen also offensichtlich an der Realität des Wohnungsmarktes vorbei. Zahlreiche neue Klagen sind wieder die Folge. Inzwischen wurde die WAV vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg für unwirksam erklärt. Es deutet sich an, dass dieses Urteil die Handlungsspielräume für eine neue WAV deutlich einschränkt. Damit müssen die Sozialleistungsträger derzeit auf einer rechtlich unsicheren Grundlage über die Höhe der Kostenübernahmen entscheiden.