Tempelhof-Volksentscheid: Senat verliert, Berlin gewinnt – Wohnungspolitik für die Menschen anstatt für Investoren

Herzlichen Glückwunsch an „100% Tempelhof“! Der rot-schwarze Masterplan ist endgültig gescheitert. Die Berlinerinnen und Berliner haben dem Senat eine klare Absage erteilt. Die Baupläne waren unsozial, unökologisch und überdimensioniert. Außerdem sollten sie von oben herab durchgedrückt werden, echte Bürgerbeteiligung war nicht vorgesehen. Der erfolgreiche Volksentscheid ist somit auch ein Zeichen gegen den Politikstil des Senats.

Umso wichtiger ist es jetzt, mit breiter Öffentlichkeit über eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik zu diskutieren. Dass der Senat der Stadtgesellschaft die Schuld am eigenen Versagen gibt und behauptet, mit dem erfolgreichen Volksentscheid sei eine Lösung des Wohnungsproblems verhindert worden, ist nicht nur falsch, sonder hilft auch den Mieterinnen und Mietern nicht. Wenn der Senat es ernst meint mit einer sozialen Wohnungspolitik, dann muss er endlich anfangen, im Sinne der Berlinerinnen und Berliner zu handeln und nicht bloß im Interesse der Investoren zu agieren. Ein Kurswechsel in der Wohnungspolitik, den wir seit langem fordern, ist nötiger denn je.

Berlin braucht dringend

  • eine Verdoppelung der Mittel für ein Neubauprogramm mit sozial verträglichen Mieten (1000 Wohnungen pro Jahr, wovon nur 333 bezahlbar für Geringverdiener sein sollen, reichen nicht aus),
  • statt 700 Millionen Euro Schattenhaushalt bei den Landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, diese Summe als Direktzuschuss vom Land,
  • eine Überarbeitung des Mietenbündnis mit den Landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, das die Mieter mit kleinem Geldbeutel in den Fokus ihres Handelns stellt,
  • ein wirksames Gesetz des Senats zum Verbot von 12.000 Ferienwohnungen ohne Bestandsschutz bis 2016, sondern lediglich bis Ende 2014.
  • den Stopp von Immobilienspekulation durch Einführung einer Umwandlungsverordnung,
  • die Rettung der 140.000 Sozialwohnungen, eine Rekommunalisierung des Bestands darf dabei kein Tabu sein,
  • das Wahrnehmen von Vorkaufsrechten von Grundstücken und Häusern für die Schaffung und Sicherung von bezahlbaren Wohnraum in Kooperation mit den Bezirken und den Landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften,
  • das Umsetzen einer wirklich neuen Liegenschaftspolitik, die den Ausverkauf der Stadt endlich beendet und nachhaltige Flächenpolitik fördert!

Viele Möglichkeiten also, um preiswerten Wohnraum zu schaffen und Verdrängung zu verhindern – ganz ohne Tempelhofer Feld. 

OFFENER BRIEF: Kein effektiver Mieterschutz ohne Umwandlungsverordnung und Nutzung des Vorkaufrechts durch die Berliner Bezirke

Die Grünen fordern den Berliner Senat in einem offenen Brief auf, den Erlass einer Umwandlungsverordnung nicht länger zu verschleppen und der Immobilienspekulation in Berlin endlich Grenzen zu setzen. Außerdem schlagen die grünen Baustadträte, die Mietenpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion Katrin Schmidberger und die beiden Landesvorsitzenden vor, den Berliner Bezirken die Nutzung des Vorkaufrechts für Wohnungen zu ermöglichen. „Beide Instrumente (stellen) eine sinnvolle Ergänzung zu den bisherigen städtebaulichen und wohnungspolitischen Eingriffsmöglichkeiten der Bezirke dar und ermöglichen einen effektiveren Schutz von Mieterinnen und Mietern in besonders betroffenen Kiezen“, heißt es in dem Brief wörtlich. Der Senat müsse aufgrund der rapiden Verknappung von preisgünstigem Wohnraum seine monatelangen Beratungen schnell abschließen, damit die Bezirke endlich aktiv werden können.

Hintergrund: Mit einer Umwandlungsverordnung könnten die Bezirke in Milieuschutzgebieten die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen mit einem Genehmigungsvorbehalt versehen. In Hamburg hat diese Maßnahme nachweislich zu einem besseren Schutz von Mietern vor Spekulation geführt. In Berlin befindet sich die geplante Verordnung seit Monaten im Mitzeichnungsverfahren des Senats.

In Milieuschutzgebieten haben Bezirke zudem theoretisch die Möglichkeit, bei Immobilienverkäufen im öffentlichen Interesse ein Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Damit aus der Theorie auch eine Praxis wird, braucht es aber die Einrichtung eines Wohnungsankauf-Fonds, auf den die Bezirke dafür auch zugreifen können.

Den Offennen Breif im Wortlaut gibts hier als PDF

Rede zur aktuellen Stunde: „Gescheiterte Wohnungspolitik der 80er Jahre – was unternimmt der Senat gegen Armutsviertel am Berliner Stadtrand?“

Am vergangenen Donnerstag diskutierte das Abgeordnetenhaus in der aktuellen Stunde zum Thema "Gescheiterte Wohnungspolitik der 80er Jahre – was der Senat gegen Armutsviertel am Berliner Stadtrand?". Über 10 Jahre hat der Senat nichts dafür getan, dass die Stadt für alle bezahlbar bleibt. Berlin braucht endlich ein Gesamtkonzept für faire Lebenschancen, einen Mix aus Sozialpolitik und Wohnungspolitik. Der Erhalt bezahlbarer Mieten für Familien, Alleinerziehende, Rentner, Studenten und Künstler sind der Dreh- und Angelpunkt für eine lebenswerte und sozial gerechte Stadt!

Die Rede zum Nachlesen im Wortlaut gibt`s hier:

„Rede zur aktuellen Stunde: „Gescheiterte Wohnungspolitik der 80er Jahre – was unternimmt der Senat gegen Armutsviertel am Berliner Stadtrand?““ weiterlesen