Wohnungspolitische Rede bei der Aufstellung zur Grünen Landesliste

Am vergangenen Wochenende wurde die Grüne Landesliste für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2021 gewählt. Ich trete wieder als Direktkandidatin für Kreuzberg 61 im Wahlkreis 1 an, in dem ich vor fünf Jahren für ein Mandat im Abgeordnetenhaus direkt gewählt worden bin. Auf der Landesliste habe ich mich daher erst weiter hinten beworben. Ich habe aber die Chance genutzt, um eine Rede zur aktuellen wohnungspolitischen Situation, zur Bilanz der letzten Jahre und den kommenden Aufgaben zu halten. Das Ziel ist klar: eine gerechte und soziale Wohnungs- und Mietenpolitik für die ganze Stadt, bei der die Menschen und nicht die Renditen im Mittelpunkt stehen. Dafür werde ich auch weiterhin mit vollstem Einsatz kämpfen:

Ein Schutzschirm für Mieter*innen und einkommensschwache Haushalte in der Corona-Krise – Berliner Senat und Bund legen Maßnahmenpakete vor

Heute hat der Rot-Rot-Grüne Senat in seiner Sitzung bzw. wir als Rot-Rot-Grüne Koalition weitgehende Maßnahmen zur Verbesserung des Mieterschutzes und zur Vermeidung von Wohnungsverlusten für die Dauer der COVID-19-Pandemie beschlossen. Die extreme Situation hat bekanntlich die wirtschaftliche Situation vieler Berlinerinnen und Berliner verschärft. Vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen, Kleinstunternehmer*innen, Kultur- und Kleingewerbetreibende müssen mit weitgehenden Einkommensverlusten rechnen. Viele von ihnen wissen nicht mehr, wie sie ihre Mieten aufbringen können. Ebenso massiv betroffen, sind Wohnungslose und Mieter*innen, gegen den ein Zwangsräumungsverfahren droht oder sogar ansteht.

Gegen viele solche laufenden Zwangsräumungsverfahren sind wir in den letzten Tagen vorgegangen und haben uns an Eigentümer*innen gewandt, diese vorübergehend auszusetzen; in vielen Fällen erfolgreich. Neben den Landeseigenen Wohnungsunternehmen haben sich auch einige privaten Wohnungsunternehmen bereit erklärt, laufende Zwangsräumungen und Kündigungen auszusetzen. Auch das Amtsgericht Charlottenburg hat seine Richter*innen darauf hingewiesen, keine derartigen Urteile auszusprechen. Die Senatsverwaltung für Justiz hatte sich bereits mit einem Appell an die Aufsichtsbehörde der Gerichtsvollzieher*innen gewandt und für eine Aussetzung geworben. Wenn Bürgerinnen und Bürger sich grundsätzlich in ihrer Wohnung oder Unterkunft aufzuhalten haben, dann wäre es verantwortungslos und unsolidarisch, diese auf die Straße zu setzen. Derzeit sind viele Ämter unterbesetzt und können entsprechend nicht schnell genug reagieren, um die Menschen vorübergehend mit Wohnraum zu versorgen. Auch viele Notunterkünfte sind geschlossen.

Der heute beschlossene Maßnahmenkatalog soll in den nächsten sechs Monaten für ganz Berlin solche Verfahren stoppen sowie Mieterinnen und Mieter, die nicht in der Lage sind, ihre Miete zu bezahlen, umfassend schützen.

Die wichtigsten wohnungspolitischen Maßnahmen auf einen Blick:

  • Der Berliner Senat wird dafür sorgen, dass die sechs Landeseigenen Wohnungsunternehmen und die Berlinovo Mieterhöhungen aussetzen. Bei Mietrückständen sollen von Fall zu Fall kulante Lösungen vereinbart werden. Zudem sollen keine Kündigungen aufgrund von Zahlungsrückständen ausgesprochen werden. Auch Räumungen von bewohnten Wohnungen werden ausgesetzt und überprüft.
  • Der Senat appelliert an private Vermieterinnen und Vermieter in gleicher Weise zu verfahren. Zudem ist der Bund gerade dabei im Schnellverfahren zu beschließen, dass Kündigungen von Mietverhältnissen wegen Mietschulden für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 nicht möglich sind – und zwar sowohl bei Wohnungsmieter*innen als auch Gewerbemieter*innen. Der von der Bundesjustizministerin vorgeschlagene Zeitraum von sechs Monaten, wie ursprünglich von der Bundesregierung angekündigt, wurde nach Druck der CDU auf drei Monate gekürzt.
  • Es ist sicherzustellen, dass bei Verstößen gegen Melde- und Informationspflichten gemäß MietenWoG Bln (Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin) aufgrund von COVID-19 bis auf Weiteres auf Sanktionen verzichtet wird.
  • Der Senat wird auf Versorgungsunternehmen darauf hinwirken, dass diese bis auf Weiteres auf Strom- und Gassperren verzichten.
  • es wird solange die Krise andauert keinerlei Wohnungsräumungen geben, teils sind auch Räumungen von Gewerbeimmobilien ausgesetzt.
  • Der Senat wird sich an der Erarbeitung von Maßnahmenprogrammen vom Bund zum Umgang mit Mietverzichten, Mietausfällen und Mietrückständen aktiv beteiligen und bei Bedarf eigene Hilfsprogramme für Mieter*innen und Vermieter*innen entwickeln. Hierbei ist der gemeinsame Vorschlag vom DMB (Deutscher Mieterbund) und GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen) für einen Solidarfonds einzubeziehen.

Das von der Bundesregierung beschlossene „Sozialschutz-Paket“ für einkommensschwache Haushalte sowie für Gewerbe- und Wohnungsmieter*innen soll die sozialpolitischen Folgen in einem ersten Schritt abfedern. Wir Grüne begrüßen zwar die Aussetzung der Kündigungsmöglichkeiten für Vermieter*innen bei Zahlungsverzug der Mieter*innen. Dieses Moratorium für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 hilft erst nur existentielle Not zu lindern, kann aber Mieter*innen keinen mittelfristigen Schutz vor dem Verlust der Wohnung oder gewerblicher Räume bieten. Wir fordern deswegen seine Verlängerung mindestens bis zum 30. September 2020. Es ist bereits jetzt davon auszugehen, dass die Situation und deren Auswirkungen länger dauern wird.

Beantragung von Grundsicherung wird erleichtert

Zudem ist im Sozialschutz-Paket der Bundesregierung vorgesehen, dass die Kosten der Unterkunft (KdU, Mietkostenzuschuss für Transferleistungsbezieher*innen) bei Neuanträgen nicht überprüft, sondern schlichtweg als angemessen gewertet werden. Das ist ein guter Schritt. Jetzt sollte auch noch die Bundesagentur für Arbeit angewiesen werden, alle Mietschulden konsequent zu übernehmen, um Wohnungslosigkeit zu verhindern. Es ist auch richtig, dass jetzt alle Sanktionen gegen Hartz IV-Empfänger*innen ausgesetzt wurden.

Mein Kollege im Bundestag und sozialpolitischer Sprecher der Grünen Fraktion, Sven Lehmann hatte sich bereits Anfang letzter Woche mit einem Brief an Hubertus Heil und Detlef Scheele mit Forderungen und Maßnahmen für die Grundsicherung in Zeiten der Corona-Krise gewandt. Seinen Brief finden Sie hier.

Die nun vorgesehene befristete Aussetzung der Berücksichtigung von Vermögen bei der Beantragung von Grundsicherung, die Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie Erleichterungen bei der Berücksichtigung von Einkommen in Fällen einer vorläufigen Entscheidung, muss auch nach der Aufhebung dieses Gesetzes beibehalten werden.

Wie geht ’s weiter?!

Die mittel- und langfristigen Maßnahmen werden wir im Bund wie im Land diskutieren müssen. Beispielhaft sei hier genannt, dass wir nicht nur über Stundungen, sondern auch Mieterlasse und einen Fonds auf Bundesebene für Vermieter*innen wie Mieter*innen konkret helfen müssen. Auch sollte die Heilungsfrist bei Kündigungen durch Mietrückstände für die Zeit nach Corona von zwei auf sechs oder sogar neun Monate ausgeweitet werden. Denn nach Ablauf des Kündigungsmoratoriums werden viele Mieter*innen Schwierigkeiten haben, die angehäuften Mietrückstände zu begleichen. Zudem plant der Bund Verzugszinsen von voraussichtlich knapp 6 Prozent für die Miete. Das ist unangemessen hoch. Haushalte mit niedrigen bis mittleren Einkommen wären damit überfordert und kaum in der Lage bis zum 30. Juni 2022 die aufgelaufenen Schulden abzutragen, vor allem wenn die Krise noch länger anhält. Deshalb werden wir weiter darauf drängen, hier sozial gerechte und langfristige Lösungen zu finden – sowohl im Bund- als auch auf Landesebene.

Zudem sollte durch den Bund geprüft werden, inwieweit weitere Regelungen, z B. im Baugesetzbuch, ebenfalls an die Corona-Krise angepasst werden müssen. So sollte zum Beispiel die Frist beim kommunalen Vorkaufsrecht deutlich verlängert werden. Denn derzeit ist es Mieter*innen wie auch den Kommunen sehr schwer möglich, das Vorkaufsrecht innerhalb von zwei Monaten ausreichend zu prüfen oder gar zu ziehen. Auch andere Planungs- und Bauverfahren müssen jetzt mit Verzögerungen rechnen.

Alle Mieter*innen, die Fragen oder Probleme haben, können sich derzeit telefonisch und online beraten lassen bei der ASUM oder beim Berliner Mieterverein.

Sie können sich aber auch gerne an mein Team und mich wenden, am besten per E-Mail und per Post. Bleiben Sie gesund!

Recht auf Wohnen – Maßnahmen für eine soziale Wohnungspolitik beschlossen

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) in Bielefeld, dem Bundesparteitag der Grünen, stand direkt zu Beginn die Wohnungskrise im Mittelpunkt. Beschlossen wurde der wichtige Antrag „Recht auf Wohnen“. Er enthält zahlreiche Vorschläge und Forderungen, wie die Wohnungspolitik mieter*innenfreundlich und sozial neu aufgestellt werden kann und muss. So soll z.B. das Recht auf Wohnen als ein soziales Grundrecht in das Grundgesetz aufgenommen werden. Ebenso wollen wir Mieterhöhungsmöglichkeiten kappen, die kommunalen Vorkaufsrechte stärken und Spekulation mit Wohnraum bekämpfen. Wir wollen eine neue Wohngemeinnützigkeit und Wien als Vorbild. Der Ausverkauf unserer Städte muss gestoppt werden – meinen Redebeitrag zum Antrag „Recht auf Wohnen“ könnt ihr hier sehen:

Der beschlossene Antrag „Recht auf Wohnen“ kann hier nachgelesen werden.

Aktuelle Stunde zum Wohnungsbau: die CDU hantiert mit fragwürdigen Zahlen

In der vergangenen Woche diskutierte das Abgeordnetenhaus in der aktuellen Stunde das Thema Wohnungsbau. Die CDU hatte dies unter dem Titel „Erneuter Rückgang beim Wohnungsbau, Berlins Mieten bald unbezahlbar? Rot-Rot-Grün und der Regierende Bürgermeister brechen alle Versprechen“ angemeldet. Doch alleine der Titel zeigt schon, dass die CDU die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt völlig verkennt. Denn viele Berlinerinnen und Berliner können doch heute schon ihre Miete nicht mehr bezahlen. Es brennt seit 10 Jahren in dieser Stadt! In vielen Kiezen hat sich die Bevölkerung quasi schon längst ausgetauscht. Erst kürzlich hat eine neue Untersuchung wieder belegt, dass das Wohnen in Deutschland längst zum Armutsrisiko geworden ist: 40 Prozent der deutschen Großstadt-Haushalte geben mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Miete aus. Das „bald“ der CDU müsste mit einem „schon längst“ ersetzt werden. Immerhin lässt sich aber sagen, dass die Union das Problem nicht mehr völlig bestreitet – ein Schritt Richtung Realität.

Meine Rede zur aktuellen Stunde im Plenum ist hier zu sehen (Quelle des Videos: rbb):

Auch der behauptete erneute Rückgang stellt sich bei einem Blick in die Statistik als falsch heraus. Weder das „erneut“ stimmt, noch der „Rückgang“. Denn letztes Jahr wurden sogar mehr Wohnungen gebaut, als das Jahr zuvor, in dem die CDU noch regiert hat. Für dieses Jahr liegen die Zahlen logischerweise noch nicht ganz vor, aber was wir sehen ist: gesunken sind nur die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn nicht jede neu gebaute Wohnung entlastet auch den angeheizten Wohnungsmarkt. Und im Gegenzug sind die Genehmigungen für andere Wohnungen sogar gestiegen. Aber abgerechnet und bewertet wird erst nach Ablauf des Jahres, wer das vor dem Kassensturz versucht, verlässt den Pfad der seriösen Politik.

Wer über Neubau redet, der muss auch den Bauüberhang kritisieren. Denn die Lücke zwischen den Baugenehmigungen und den tatsächlich gebauten Wohnungen wird immer größer. Es gibt 60.000 Wohnungen in dieser Stadt, die nur auf dem Papier stehen, real aber nie gebaut wurden – der allergrößte Teil davon übrigens nicht von den Landeseigenen Wohnungsunternehmen, sondern von privaten Bauherren. Der Bauüberhang ist mittlerweile größer als der derzeitige jährliche Zuzug nach Berlin. Das stinkt nach Spekulation. Denn anstatt dass gebaut wird, wird mit den Genehmigungen wild spekuliert und auf immer weiter steigende Preise gesetzt. Dieses Monopoly wurde auch noch durch die Berliner Bauordnung jahrelang begünstigt, denn einmal erteiltes Baurecht konnte fast bis auf den Sankt-Nimmerleinstag verlängert werden. Um das zu verhindern, haben wir unser Versprechen wie im Koalitionsvertrag vereinbart gehalten und wir haben die Bauordnung an dieser Stelle geändert.

Natürlich sind auch wir ungeduldig und wollen, dass es in vielen Punkten der Wohnungspolitik schneller vorangeht. 20 Jahre verfehlte Wohnungspolitik sind aber leider nicht in 2 Jahren zu reparieren. Viele Instrumente, die es auf Landesebene gibt, nutzen wir oder bauen sie aus: ob Milieuschutz, das Vorkaufsrecht, die kostenlose Mieterberatung, die erhöhte Neubauförderung, die Genossenschaftsförderung, die verbesserte kooperative Baulandentwicklung, die Kooperationsvereinbarung mit den Landeseigenen Wohnungsunternehmen, das geschärfte Zweckentfremdungsverbotsgesetz und vieles mehr. Und natürlich geben wir uns damit nicht zufrieden, sondern bereiten schon die nächsten Bausteine vor: ein neues Wohnungsaufsichtsgesetz, längere oder dauerhafte Sozialbindungen beim Neubau, der Bodenfonds oder der Ausbau der Kooperation mit den Genossenschaften.

Was wir daher versprechen können ist, dass wir jeden Tag kämpfen: Damit Mieter wieder mehr Rechte haben als Briefkastenfirmen, damit Wohnen wieder zur öffentlichen Daseinsvorsorge wird und damit die Menschen in ihren Kiezen auch bleiben können!