Mietendeckel für Berlin beschlossen

In der gestrigen Plenarsitzung hat das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der rot-rot-grünen Koalition das „Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“ – kurz den Mietendeckel für Berlin – beschlossen. Der Mietendeckel ist ein Beitrag dazu, den Wohnungsmarkt wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Er ist ein Instrument, damit auch Menschen mit kleinem Geldbeutel wieder eine Chance auf dem Wohnungsmarkt haben und wir gemischte Quartiere erhalten. Den gewonnenen Spielraum gilt es jetzt für preiswerten Neubau zu nutzen. Dazu muss der Senat jetzt besonders den Genossenschaften endlich zu machbaren Konditionen Grundstücke anbieten. Rot-Rot-Grün steht jetzt in der Pflicht, die Bezirke und die IBB bei der Umsetzung zu unterstützen.

Richtig ist, dass wir mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten. Aber wie der Staats- und Verwaltungsrechtler Christian Pestalozza treffend festgestellt hat: eine ungeklärte Rechtsfrage darf kein Grund sein, die Hände in den Schoß zu legen. Politik ist dazu da, um die Lebenssituation der Menschen zu verbessern. Es ist unsere Pflicht das Grundrecht auf Wohnen zu verteidigen. Denn im Grundsatz geht es doch darum, ob der Markt für die Menschen oder die Menschen für den Markt da sind.

Bevor das Abgeordnetenhaus über das Gesetz zum Mietendeckel abgestimmt hat, gab es im Rahmen der aktuellen Stunde eine Aussprache – meinen Redebeitrag gibt’s hier (Quelle des Videos: rbb):

Zusammengefasst werden die Mieten mit dem Gesetz für 2020 und 2021 auf dem Niveau des vergangenen Jahres eingefroren. Stichtag für die Miethöhe ist der 18. Juni 2019, das war der Tag, an dem der Senat die Eckpunkte für das Gesetz beschlossen hat. Von 2022 an sind Mietsteigerungen von maximal 1,3 Prozent im Jahr erlaubt, aber nur bis zu den festgelegten Mietobergrenzen.

Auf den Seiten der grünen Fraktion im Abgeordnetenhaus haben wir außerdem die wichtigsten Fragen zum Mietendeckel in einem FAQ zusammengefasst.

Die wichtigsten Punkte des Mietendeckels auf einen Blick:

  • Die Mieten in Berlin werden für die nächsten fünf Jahre zum Stichtag 18. Juni 2019 eingefroren bzw. niedrig gehalten. So wird es die versprochene Atempause für ca. 1,5 Mio. Haushalte geben. Auch für Staffel- und Indexmieten ist die am 18. Juni 2019 geltende Miete entscheidend.
  • Der Mietendeckel gilt auch bei möblierten Wohnungen, die zur Vermietung angeboten werden. Auch andere Zuschläge sind nicht erlaubt (ausgeschlossen natürlich ist die Kautionszahlung).
  • Damit faire und gemeinwohlorientierte Vermieter*innen wie etwa Genossenschaften mit niedrigen Mieten den nötigen Spielraum für Investitionen bekommen, wird es die Möglichkeit geben, ab 2022 die Mieten moderat anzupassen. Die Miete darf aber nicht um mehr als 1,3 Prozent jährlich steigen bis zu den Mietobergrenzen. Zudem passt die Senatsverwaltung die Mietobergrenzen an die Reallohnentwicklung nach 2 Jahren an. Diese Regelung sorgt vor allem für mehr Rechtssicherheit, weil sie die Verhältnismäßigkeit beim Eingriff ins Eigentum sicherstellt.
  • Als Grundlage für Mietobergrenzen gilt die Miettabelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die auf Basis des Mietspiegels 2013 errechnet wurde und die Berliner Einkommensentwicklung bis heute mit einbezieht. Dadurch ergeben sich für die unterschiedlichen Baualtersklassen jeweils unterschiedliche Mietobergrenzen. Bei Wohnungen mit „moderner Ausstattung“, die im Gesetz genau definiert ist, erhöht sich die Mietobergrenze um 1 Euro/QM.

  • Bei Neuvermietungen darf die Miete nicht höher als die Vormiete sein oder – falls diese zu hoch angesetzt war – die maximale Mietobergrenze aus der Miettabelle verlangt werden. So verhindern wir, dass gerade Neu- bzw. Wiedervermietungen zu sprunghaften Anstiegen der Mieten führen und verschaffen den Wohnungssuchenden wieder eine stärkere Ausgangslage.
  • Überhöhte Mieten, die 20 Prozent über der Mietobergrenze in der Tabelle liegen, können neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes abgesenkt werden. Dabei werden Zu- und Abschläge für die einfache Lage (-28 Cent), die mittlere Lage (-9 Cent) und die gute Lage (+74 Cent) berücksichtigt. So gehen wir effektiv gegen Wucher vor.
  • Wird Wohnraum mit einer Miethöhe von unter 5 Euro neu vermietet und wird dieser vorher auf einen „modernen Ausstattungsstand“ gebracht, so darf die Miete bei Wiedervermietung sich maximal um 1 Euro erhöhen, jedoch nur bis zur Mietobergrenze von 5,02 Euro/QM.
  • Für die für den Klimaschutz dringend nötigen energetischen Modernisierungen haben wir erreicht, dass bis zu 1 Euro auf die Miete umgelegt werden kann, jedoch nur für Maßnahmen, die auch wirklich das Klima schützen – wie z.B. die Dämmung der obersten Geschoss- oder der Kellerdecke. Hierfür werden wir eine Positivliste mit entsprechenden Maßnahmen erarbeiten. Auch in diesen Fällen dürfen die Kosten aber nur insoweit umgelegt werden, wenn die Ausgangsmiete unterhalb der jeweiligen Mietobergrenze liegt. Für darüberhinausgehende ökologische Sanierungskosten werden wir Förderprogramme zur Verfügung stellen bzw. einen Mietzuschuss einrichten und so die Mieter*innen unterstützen. Damit es beim dringend benötigten Neubau weiter vorangeht, sind Erst- sowie Folgevermietungen von Neubauten nicht vom Mietendeckel betroffen. Alle Bauten mit dem Fertigstellungsdatum ab dem 1.1.2014 sind also nicht Bestandteil des Mietendeckels. Vermieter*innen, die durch die neuen Regelungen dauerhaft in eine wirtschaftliche Schieflage geraten würden, kann nach Antragstellung und Überprüfung eine Erhöhung der Miete genehmigt werden – hierbei handelt es sich um die sog. Härtefallregelung. In diesem Fall können Mieter*innen für die höhere Miete oberhalb der Mietobergrenze einen Zuschuss beantragen.
  • Wir stellen sicher, dass wir nach Ablauf der fünf Jahre eine soziale Regelung bei künftigen Mieterhöhungen erreichen können und somit mögliche Mietpreissprünge verhindern: Auf Druck von uns Grünen werden wir ein Mietkataster einführen, in dem wir alle Miethöhen (sowie Eigentümerstrukturen) sammeln, auswerten und damit eine ortsübliche Vergleichsmiete berechnen. Damit sind wir gut vorbereitet, um in fünf Jahren anhand dieses Mietkatasters Mieterhöhungen einzuschränken. Denn nach dem Bundesmietrecht sind Mietdatenbanken zur Mieterhöhungsbegründung erlaubt. Außerdem gelten natürlich auch alle anderen mieten- und baupolitischen Instrumente weiterhin parallel zum Mietengesetz. Eine plötzliche Mieterhöhung um 40 Prozent ist jetzt nicht möglich – und wird es auch dann nicht sein.

Berlin geht mit dem Mietendeckel neue Wege. Dafür braucht es Mut. Diesen Mut haben wir.

Offener Brief zum Erhalt des Ladens Kamil Mode am Kottbusser Damm 9

Nach 16 Jahren erfolgreichem Betrieb hat der Eigentümer Kamil Mode gekündigt bzw. war bisher zu keinerlei Verlängerung des Mietvertrages bereit. Gemeinsam mit anderen KollegInnen von R2G habe ich am 25. April einen offenen Brief an den Eigentümer verfasst, weil er sich leider bisher allen Gesprächen verschlossen hat.

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Sehr geehrter Herr Cussler,

wir alle haben uns in den vergangenen Wochen und Monaten in zahlreichen Schreiben an Sie gewandt und uns für den Verbleib von Kamil Mode eingesetzt. Auch die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg hat eine entsprechende Resolution beschlossen.
Eine Reaktion Ihrerseits blieb jedoch bisher aus. Ihre Entscheidung mag zwar rechtlich korrekt sein, Ihrer Verantwortung als Eigentümer werden Sie so aber nicht gerecht.

Deshalb wenden wir uns mit diesem offenen Brief und Appell erneut an Sie, um den Verbleib des Familienbetriebes am Kottbusser Damm 9 in Kreuzberg zu ermöglichen. Wir fordern Sie auf, sich einem Gespräch über Möglichkeiten für einen neuen Mietvertrag nicht länger zu verweigern. Wir sind der Meinung, dass es auch in Ihrem Interesse liegen sollte, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Seit 16 Jahren bietet Kamil Mode ein beliebtes Angebot für die angrenzende Nachbarschaft. Der Familienbetrieb ist im Kiez verwurzelt und erfreut sich einer großen Kundschaft. Die derzeitigen Entwicklungen werden daher nicht nur seitens der Politik und der Verwaltung, sondern vielmehr noch durch die Nachbarschaft und die Zivilgesellschaft genauestens verfolgt. Es besteht Einigkeit,
dass ein weiteres Café, Bistro oder Restaurant nicht dem Bedarf des Kiezes entspricht und vielmehr zur Beförderung von gewerblichen Monostrukturen beitragen würde.

Wir alle erleben seit einigen Jahren, dass immer mehr wichtige Teile der sozialen und kleingewerblichen Infrastruktur verloren gehen – meist durch immer weiter steigende Gewerbemieten oder auslaufende und nicht verlängerte Verträge. Die Attraktivität der Kieze hängt jedoch unbedingt auch mit der kleinteiligen Struktur zusammen, die eine ausreichende, persönliche und räumlich nahe Versorgung mit sozialen
und anderen Dienstleistungen sicherstellt. Das Geschäft befindet sich in einem sog. Milieuschutzgebiet. Diese Gebiete sollen die soziale Zusammensetzung der Wohnbevölkerung schützen und erhalten. Dafür ist aber auch eine funktionierende Nahversorgung unerlässlich.
Und gerade die kleinen, seit vielen Jahren verwurzelten Läden sind Orte gelebter Nachbarschaft. Die Erhaltung funktionierender Viertel mit einer vielfältigen, gewerblichen Mischung, in denen Menschen und Familien gerne leben, sollte selbstverständlich in unser aller – und somit auch Ihrem – Interesse liegen.

Für den Familienbetrieb kommt erschwerend hinzu, dass er aufgrund der angespannten Situation auf dem Gewerbemietmarkt bisher keinen Ersatzstandort gefunden hat. Auf das Angebot, auch über die Mietkonditionen zu verhandeln, sind Sie überhaupt nicht eingegangen. Gerade für Herrn Qadi bedeutet das wenige Jahre vor seinem Ruhestand den Verlust seiner Existenzgrundlage. Es wird berichtet, dass Sie statt des Familienbetriebs Kamil Mode lieber „etwas Schönes“ in den Räumen des Kottbusser Damms 9 haben möchten. Wir hoffen sehr, dass hier nur ein Missverständnis vorliegt.

In Zeiten von Wohnungsnot und der zunehmenden sozialen Spaltung unserer Stadt, ist die Raumfrage zu der sozialen Frage geworden. Für Sie mag die Vermietung des Gewerberaumes eine Frage des Geschmacks oder einer höheren Rendite sein, für die Menschen im Kiez und Herrn Qadi geht es aber um die Existenz und um den sozialen Zusammenhalt. Durch die Art Ihres Agierens, also die konsequente Verweigerung eines Dialogs seit Monaten, schüren Sie aus unserer Sicht leider Vorurteile gegenüber Vermieter*innen und heizen die angespannte Stimmung in Berlin mit an.

Wir appellieren deshalb nachdrücklich an Sie, entsprechend Ihrer Verantwortung als Vermieter zu handeln und einen Verbleib von Kamil Mode zu ermöglichen. Gerne stehen wir für Gespräche zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Canan Bayram, Mitglied des Bundestages
Gaby Gottwald, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses
Andy Hehmke, Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport
Friedrichshain-Kreuzberg
Cansel Kiziltepe, Mitglied des Bundestages
Pascal Meiser, Mitglied des Bundestages
Florian Schmidt, Bezirksstadtrat für für Bauen, Planen und Facility Management
Friedrichshain-Kreuzberg
Katrin Schmidberger, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses

Verkauf zum Höchstpreis beenden, Vorkaufsrecht für Kommunen einführen – Bundesratsinitiative für ein neues BImA-Gesetz

Unter der Überschrift „Verkaufsstopp bei der BImA zum Höchstpreis erwirken – Vorkaufsrecht und Erstzugriffsrecht für Kommunen zum Verkehrswert oder darunter stärken“ haben wir gemeinsam als Koalition einen Antrag im Abgeordnetenhaus eingebracht, der eine Änderung des BImA-Gesetzes und der Bundeshaushaltsordnung fordert. Hierfür soll der Senat eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen. Ziel ist es – wie von uns Grünen seit langem gefordert – die Liegenschaftspolitik der BImA grundsätzlich zugunsten der sozialen Wohnraumversorgung neu auszurichten. Der Ausverkauf von öffentlichen Flächen soll beendet werden. Insbesondere Immobilien und Grundstücke, die für das Wohnen geeignet sind, sollen nicht mehr zum Höchstpreis Privatisiert werden. 

Wir wollen mit der Bundesratsinitiaive außerdem erreichen, dass die Kommunen grundsätzlich vom Bund ein Vorkaufsrecht erhalten. Ebenso sollen die Kommune künftig von der BImA das erste Angebot als so genanntes Erstzugriffsrecht unterbreitet bekommen und Verkäufe in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten höchstens zum Ertragswert (in der Regel auf Grundlage der Einnahmen aus derzeitiger Miete) erfolgen. Außerdem sollen es eine Verpflichtung für den Käufer geben, zum überwiegenden Teil geförderten Wohnraum zu schaffen bzw. dauerhaft zu erhalten.

Der Antrag steht auf der Tagesordnung der Sitzung des Abgeordnetenhauses am kommenden Donnerstag (6.4.).

Dragoner-Areal: Verkauf wird endlich rückgängig gemacht

Lange hat es gedauert, nun hat der Bund endlich seine Blockade aufgegeben: der Kaufvertrag zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und einem Wiener Immobilienkonsortium wird rückabgewickelt. Bereits am 10. September 2015 wurde der Verkauf durch eine rot-grüne Mehrheit im Finanzausschusses des Bundesrats abgelehnt. Bisher verweigerte sich die BImA aber, den Beschluss zu akzeptieren. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass die Privatisierung des Dragoner-Areals endlich rückgängig gemacht wird.
 
Dragoner-ArealDie Rückabwicklung des Kaufvertrages kann aber nur der erste Schritt sein. Jetzt muss der Bund das Grundstück zu fairen Konditionen an das Land Berlin abtreten. Einen erneuten Verkauf durch die BImA zum Höchstpreis an private Investoren darf es nicht geben.

Unser Ziel bleibt weiterhin, auf dem Dragoner-Areal eine kiezfreundliche Mischung aus sozialer Infrastruktur, Kleingewerbe, Grünflächen und Kultur zu ermöglichen. Wohn- und Gewerberäume müssen preiswert sein und die bisherigen Nutzer dürfen nicht verdrängt werden. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag der neuen Rot-Rot-Grüne Landesregierung festgeschrieben – dort heißt es: „Die Koalition beabsichtigt, das Dragonerareal in Landeseigentum zu überführen und dort ein Projekt für preisgünstiges Wohnen und Arbeiten (Kleingewerbetreibende und Kreativwirtschaft) in Kooperation zwischen Bezirk, städtischen Wohnungsbaugesellschaften und gemeinwohlorientierten freien Trägern mit umfassender Bürgerbeteiligung umzusetzen.“