Recht auf angemessenes Wohnen – Grüner Beschluss für eine neue Berliner Linie der Vernunft

Der Landesausschuss der Berliner Grünen – quasi der kleine Parteitag – hat gestern einen Antrag von Benedikt Lux und mir beschlossen. Kernforderung ist ein neuer Umgang mit Hausbesetzungen in der Stadt. Zukünftig sollen Verhandlungen und eine Orientierung am Züricher Modell die „Berliner Linie der Vernunft“ bilden.

Wie in Deutschland muss auch in der Schweiz zunächst ein Strafantrag durch den Eigentümer gestellt werden. Jedoch wird zunächst ein Kompromiss zwischen den Eigentümer*innen und den Besetzer*innen versucht, um eine langfristige Befriedung zu erreichen, auch durch Zwischennutzungsverträge. Zudem wird das Gebäude bzw. Wohnhaus durch die Polizei überhaupt erst geräumt, wenn der Eigentümer vorweisen kann, dass eine neue Nutzung, ein Abriss oder eine Sanierung unmittelbar bevorsteht. Damit wird erreicht, dass Räumungen erst so spät wie nötig vorgenommen werden. Viele Häuser, die von Zwischennutzer*innen in Anspruch genommen werden, dienen sogar der Entwicklung von sozialen oder alternativen Lebensweisen und Kultur.

Denn klar ist auch: Berlin wäre nicht so vielfältig und bunt, wie es heute ist, hätte es die Hausbesetzer*innen-Szene z.B. in den 1980er Jahren nicht gegeben.

Der Beschluss „Recht auf angemessenes Wohnen: Spekulativen Leerstand auf allen Ebenen konsequent bekämpfen – Berliner Linie der Vernunft weiter entwickeln“ kann hier nachgelesen werden.

Verhandeln statt Räumen – Statement zu #besetzen

​Es ist wirklich bitter, dass keine Verhandlungslösung zwischen dem Senat und den Besetzer*innen erzielt wurde, obwohl diese in greifbarer Nähe war. Teile des Senats waren anscheinend nicht bereit, eine politische Lösung zu erzielen und haben noch vor dem Ablauf der Beratungsfrist die Räumung angeordnet. Das ist einer Rot-Rot-Grünen Regierung, die sich eine solidarische Wohnungspolitik auf die Fahnen schreibt, unwürdig. Nach wir vor halte ich den „Kreuzberger Weg“, also Verhandeln bis es quietscht, für den Besten.

Besetzungen wie gestern in der Bornsdorfer Straße geschehen aus einer existenziellen Not und politischen Ohnmacht heraus. Nur gemeinsam können breit getragene nachhaltige Lösungen gefunden und die Wohnungsnot bekämpft werden.

Jetzt gilt es mit den Besetzer*innen über eine gemeinwohlorientierte Nutzung zu verhandeln. Zudem sollten die Strafanzeigen zurück gezogen werden. Bei spekulativem Leerstand sollten Hausbesetzungen zukünftig geduldet werden, statt Wohnraum verfallen zu lassen. Was in Großbritannien, Frankreich und Ungarn möglich und erfolgreich gegen Spekulation und Wohnungsnot eingesetzt wird, kann auch in Berlin ein wirksames Instrument sein.

Natürlich stehen wir als Politiker*innen dadurch nicht weniger in der Pflicht, die gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für eine solidarische Stadt zu schaffen.

Bezahlbares Wohnen für Berlin – Aktuelle Stunde im Abgeordnetenhaus

In der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses stand das Thema Wohnen im Mittelpunkt. Unser Ziel ist eine soziale Wohnungspolitik, die sich den Interessen der Menschen in dieser Stadt verpflichtet fühlt – und nicht dem maximalen Profit von Investoren oder der privaten Immobilienwirtschaft. Wir wollen die Berliner Mischung und die Vielfalt in den Kiezen erhalten und haben dazu mit Rot-Rot-Grün schon viel geliefert „Bezahlbares Wohnen für Berlin – Aktuelle Stunde im Abgeordnetenhaus“ weiterlesen

Änderung der Bauordnung: erste Novelle soll Immobilienspekulation erschweren

In der Koalitionsvereinbarung hatten wir Änderungen bei der Berliner Bauordnung erkämpft, die jetzt teilweise in eine erste Novelle eingeflossen und seit April in Kraft in Kraft sind. Im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag haben wir zur Bauordnung folgendes vereinbart:

Mit der beschlossenen und in Kraft getretenen Änderung der Bauordnung wird der Abriss von Wohnraum endlich wieder genehmigungspflichtig nachdem Rot-Rot 2006 lediglich eine Anzeigepflicht eingeführt hatte. In der Folge konnten Bezirke gegen den Abriss häufig nichts unternehmen. Die Anzeigepflicht bot keinerlei Schutz für bestehenden Wohnraum und hat oft sogar das Gegenteil bewirkt – zu Lasten der Mieterstadt Berlin.  Denn aus Investorensicht ist immer öfter der Abriss bestehender Gebäude und ein anschließender Neubau im hochpreisigen Eigentumssegment attraktiver, als bestehenden Wohnraum zu nutzen. Ergänzend wurde im ebenfalls überarbeiteten Zweckentfremdungsverbots-Gesetz (tritt am 1. Mai in Kraft) festgelegt, das die Schaffung vom vorgeschriebenen Ersatzwohnraum zukünftig nur noch dann anerkennt wird, wenn dieser im gleichen Bezirk und mit vergleichbaren Mietpreisen geschaffen wird. Um Altbauten vor Abriss zu schützen, soll der vorgeschriebene Ersatzbau auch nur unter der Voraussetzung der Beibehaltung des Maßes der baulichen Nutzung erlaubt sein. Wird ein beantragter Ersatzwohnraum anerkannt, wird der Abriss aber erst genehmigt, sobald eine Baugenehmigung für das Gebäude mit Ersatzwohnraum vorliegt. Das sind die beiden entscheidenden Instrumente, um den Abriss von bestehendem Mietwohnraum einigermaßen zu verhindern, auch wenn dies nicht in jedem Fall gelingen wird.

Außerdem verkürzen wir mit der beschlossenen Änderung der Bauordnung die Geltungsdauer von Baugenehmigungen und Bauvorbescheiden, denn viele Flächen liegen in Berlin auch Brach obwohl Baurecht besteht, weil einige Investoren lieber damit spekulieren statt ihre Bauvorhaben zu realisieren. Seit 2016 wurden 119.000 Baugengehmigungen in Berlin ausgesprochen, allerdings wurden nur 65.000 Bauvorhaben realisiert. Zukünftig soll die Geltungsdauer der Baugenehmigung deshalb statt drei nur zwei Jahre betragen sowie die Frist zur Fertigstellung genehmigter Bauvorhaben von sieben auf sechs Jahre reduziert werden.

Und last but not least: wir weisen in der Bauordnung darauf hin, dass ökologische Baustoffe und Teile verwendet werden, die weitestgehend nach dem Abbruch wiederverwendet oder recycelt werden können. Damit wollen wir den Baustoff Holz besonders voranbringen, der schon erfolgreich für den Geschosswohnungsbau eingesetzt wird – leider noch zu selten in Berlin. Dabei bietet gerade der Holzbau große Chancen für den günstigen Neubau von Mietwohnungen.

Übrigens: In der 2. Jahreshälfte werden wir eine weitere Novelle erarbeiten. Diese soll sich dann mit dem Schwerpunkt Ökologie und Nachhaltigkeit beschäftigen und die Abstandsflächen wieder erweitern.

Die beschlossenen Änderungen zur Berliner Bauordnung sind hier zu finden. Im Vorfeld gab es im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen ein Anhörung mit Experten zur Bauordnung, das Wortprotokoll gibt es hier.