Eigentum verpflichtet

Mit unserem „Bezahlbare-Mieten-Gesetz“ wollen wir Grünen die soziale Wohnraumversorgung ankurbeln.

Die Vorstellung, dass der Markt alles regeln werde, ist gescheitert. Wenn Menschen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen keine Wohnung mehr finden, Pflegekräfte, Erzieher*innen oder Handwerker*innen aus der Stadt verdrängt werden und die Kaufkraft sinkt, steht nicht nur der soziale Zusammenhalt auf dem Spiel – sondern auch die Funktionsfähigkeit Berlins. Wer heute eine neue Wohnung sucht, zahlt im Schnitt fast doppelt so viel wie Bestandsmieter*innen. Gleichzeitig nimmt die Zahl bezahlbarer Mietangebote weiter ab. Eigenbedarfskündigungen, teure Zwischenvermietungen und Luxussanierungen sorgen zusätzlich für Verdrängung. Besonders betroffen sind Menschen mit geringem Einkommen, Familien, Ältere, Studierende oder Alleinerziehende. Laut Wohnraumbedarfsbericht 2025 finden Haushalte mit weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens bei Neuvermietungen nur in 5 % der Fälle eine leistbare Wohnung – bei vierköpfigen Familien liegt die Quote sogar bei nur 0,3 %. Gleichzeitig explodieren die staatlichen Ausgaben für Wohnkosten: Über 1,7 Milliarden Euro jährlich für Miete und Heizung von Transferleistungsbeziehenden, weitere 160 Millionen Euro für Wohngeld. Doch immer höhere Subventionen für überteuerte Mieten können nicht die Lösung sein. Wir brauchen stattdessen eine Neuausrichtung des Wohnungsmarkts – sozial, gemeinwohlorientiert und nachhaltig. Ein wichtiger Baustein ist dabei die Umsetzung des Volksentscheids zur Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände ab 3.000 Einheiten. Doch auch für Mieter*innen in kleineren Beständen braucht es Antworten. Wohnen muss wieder Teil öffentlicher Daseinsvorsorge werden. Dafür braucht Berlin verbindliche Regeln: Eigentum verpflichtet. Wer Wohnraum besitzt, trägt Verantwortung – für Instandhaltung, soziale Durchmischung und faire Mieten.

Verbindliche WBS-Quoten und Belegungsrechte

Darauf zielen die Eckpunkte eines „Bezahlbare-Mieten-Gesetzes“, die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Ende Juni beschlossen wurden. Vermieter*innen mit 50 oder mehr Wohnungen sollen künftig verpflichtet werden, einen Teil ihrer Wohnungen an Haushalte mit Wohnberechtigungsschein zu vermieten – und zwar zu einem Preis, der 20 % unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Bei 50 bis 99 Einheiten wären fünf Wohnungen betroffen, bei 100 und mehr 10 % des Bestandes, ab 1.000 Einheiten 25 %, ab 2.000 sollen es 30 % sein. Ein Teil dieses Kontingents soll besonders schutzbedürftigen Gruppen wie Wohnungslosen, Geflüchteten oder Menschen mit Behinderung vorbehalten sein, für die die Bezirke ein Belegungsrecht erhalten. Außerdem sollen Vermieter*innen verpflichtet werden, Rücklagen für Instandhaltung und ökologische Sanierung zu bilden – und diese einzusetzen, ohne dies zur Begründung für Mieterhöhungen zu nutzen. Zur Umsetzung fordern wir ein personell ausreichend ausgestattetes Landesamt für Wohnungswesen. Dieses Amt soll ein zentrales Wohnungskataster führen, Eigentümerstrukturen offenlegen, Verstöße erfassen und die Bezirke bei der Durchsetzung von Mieterschutz unterstützen – unter anderem durch die Übernahme von Prozesskosten. So können Zweckentfremdung, Missbrauch und soziale Ausgrenzung besser verfolgt werden. In der Praxis wissen wir: Es gibt viele verantwortungsbewusste Eigentümer*innen – aber auch solche, die dauerhaft und systematisch gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen. Das darf nicht folgenlos bleiben. Die zuständige Behörde soll in solchen Fällen die Vermietung untersagen können – und im Wiederholungsfall eine Veräußerung der betroffenen Immobilien an gemeinwohlorientierte Träger binnen zwei bis drei Jahren anordnen. Das Grundgesetz erlaubt jedenfalls derartige Eingriffe ins Mietrecht über eine umfassende öffentlich-rechtliche Regelung, wenn sie der sozialen Wohnraumbewirtschaftung dienen. Berlin hat die rechtlichen Möglichkeiten – Berlin muss sie endlich nutzen. Eigentum verpflichtet. Mit einem „Bezahlbare-Mieten-Gesetz“ wollen wir Grünen die soziale Wohnraumversorgung ankurbeln.

Das Vergesellschaftungsrahmengesetz von CDU und SPD: Ein Papiertiger, wirkungslos gegen die Wohnungsnot in unserer Stadt.

Statt endlich zu handeln, präsentiert Schwarz-Rot nur vage Eckpunkte für ein Rahmengesetz, doch ein Rahmen allein nützt nichts, wenn der Inhalt fehlt. Dieses Gesetz bleibt ein Papiertiger, wirkungslos gegen die Wohnungsnot in unserer Stadt. Die Mieten steigen weiter, die Verdrängung geht ungebremst weiter, und der Senat streitet sich öffentlich über das Grundprinzip der Vergesellschaftung.

Die Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt verschlechtert sich dagegen täglich, mit weiter steigenden Mieten und zunehmender Verdrängung. Statt dringend notwendige Inhalte zu liefern, beschränken sich CDU und SPD auf interne Diskussionsprozesse um das „Ob“ einer Vergesellschaftung. Das Rahmengesetz soll die Bedingungen für eine Enteignung auch in Bezug auf Wasser stellen – dabei haben wir die Berliner Wasserbetriebe längst rekommunalisiert. Im RBB-Interview stellte CDU-Chef Dirk Stettner klar: „Wir wollen ja niemanden enteignen, und wir werden auch niemanden enteignen.“ SPD-Fraktionschef Raed Saleh betonte zwar, dass das Gesetz dem Land das Eingreifen ermöglichen könne, doch ob es auch wirklich umgesetzt werde, bleibt offen.

Das ist politische Taktiererei, mit Ansage. Das Ganze gerät zur Politshow, während buchstäblich jeden Tag Menschen ihre Wohnung verlieren. Die Koalition setzt mehr auf Verzögerung als auf ernsthafte Lösungen. Das sehen nicht nur wir so, sondern auch “Deutsche Wohnen und Co enteignen” spricht von „Ablenkungsmanöver“ und „Placebo“.

Dabei ist das ursprüngliche Ziel klar: Bereits 2021 hatten 59,1 % der Berliner für die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne mit über 3.000 Wohnungen gestimmt. Seither warten wir auf die Umsetzung. Um die Zweifel in der SPD aufzulösen, hatten wir unter Rot-Grün-Rot dem Kompromiss zugestimmt, eine Expert*innenkommission einzusetzen, die die Verfassungsmäßigkeit prüfen sollte. Diese hat die Verfassungsmäßigkeit eindeutig bestätigt. Doch statt sich um die Umsetzung zu kümmern und die Finanzierung zu klären, ignoriert der Senat dieses Ergebnis, zivilgesellschaftliche Akteure sowie Expert*innen werden null einbezogen und das Thema wird seit Jahren auf die Bank geschoben.

Das ist politisches Versagen und zugleich ein Angriff auf die demokratische Kultur. Wenn selbst eine klare Mehrheitsentscheidung eines Volksentscheids folgenlos bleibt, bringt das den demokratischen Prozess in Verruf. Politikverdrossenheit ist so nicht nur nachvollziehbar, sie wird provoziert.

Statt Worte erwarten wir Taten. Kein Phrasengedöns, sondern konkrete Umsetzungspläne. Wir Grüne arbeiten eng mit der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ zusammen und stehen voll hinter dem Volksentscheid. Wir stellen klare inhaltliche Forderungen, entwickeln Vorschläge zur rechtssicheren Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne und treiben die Umsetzung voran, auch aus der Opposition heraus. Denn bezahlbares Wohnen darf kein Lippenbekenntnis bleiben, es muss ein gelebtes Grundrecht für alle sein.

Wer die Wohnungsfrage nicht jetzt politisch löst, wird dafür bei der nächsten Wahl die Quittung erhalten. Wir Grüne lassen uns nicht länger vertrösten. Berlin verdient echten Mieter*innenschutz!

Wohnen statt Rendite: Warum das Verbot von Ferienwohnungen in Wohngebieten notwendig ist

Ein richtungsweisendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin‑Brandenburg (OVG) hatte letztes Jahr klargestellt: Auch Wohnungen, die bereits vor Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbots 2014 als Ferienunterkünfte genutzt wurden, können rückwirkend illegal sein. Seitdem wurden rund 1.100 solcher Wohnungen identifiziert, von denen etwa 300 bereits wieder in den regulären Mietmarkt überführt wurden. Dies ist ein bedeutender Schritt, denn Wohnraum wird so nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft dem Markt zugeführt. Trotzdem liegt noch ein langer Weg vor uns.

In den Bezirken Mitte und Tempelhof‑Schöneberg wurden bereits hunderte Wohnungen zurückgeführt. Charlottenburg‑Wilmersdorf weist 236 betroffene Einheiten aus. Die Bezirke Neukölln sowie Friedrichshain‑Kreuzberg, welche besonders hart vom Ferienwohnungs-Boom betroffen sind, können keine verlässlichen Zahlen aufführen, was auf erhebliche Dunkelziffern hinweist. In Friedrichshain‑Kreuzberg wurden aber seit 2016 über 2000 ehemalige Ferienwohnungen zurückgeführt, ein großer Erfolg, der jedoch verdeutlicht, dass weiter viele Wohnungen unkontrolliert bleiben.

Der Landesrechnungshof kritisiert seit Langem: Die Bezirksämter würden ihre Kontrollpflichten nicht ausreichend wahrnehmen. Besonders in innerstädtischen Bezirken klafft eine große Lücke zwischen rechtlicher Grundlage und tatsächlicher Umsetzung. Dies liegt aber vor allem daran, dass den Bezirken die finanziellen Mittel fehlen. Hier muss der Senat den Bezirken bei der Ausführung helfen und eine adäquate Anzahl an Stellen in den Bezirksämtern zur Kontrolle von illegalen Ferienwohnungen finanzieren. Zusätzlich hat der Senat versagt, die Bezirke mit den Möglichkeiten für das sogenannte Scraping auszustatten. Dies beschreibt die automatisierte Auswertung von Daten auf den einschlägigen Vermietungsportalen und würde die Arbeit der Bezirke deutlich beschleunigen und vereinfachen.

Vor diesem Hintergrund ist ein generelles Verbot von Ferienwohnungen in Wohngebieten nicht nur sinnvoll, sondern dringend nötig. Mit dem OVG-Urteil wurden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, allen Eigentümer*innen klarzumachen: Wohnräume sind zum Leben da, nicht für dauerhafte Kurzzeitvermietung. In Bezirken wie Neukölln, Charlottenburg‑Wilmersdorf und Friedrichshain‑Kreuzberg, wo Wohnraum besonders knapp ist, müssen nun konsequent alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, mit klaren Regelungen, personeller Verstärkung der Ämter und digitaler Kontrolle. Niemand weiß, wie viele Ferienwohnungen es in Berlin wirklich gibt. Der Senat will es auch gar nicht wissen und weigert sich, die Bezirke hier ausreichend mit einem technischen Tool zu unterstützen.

Als Grüne setzen wir uns dafür ein, dass dieses Urteil konsequent umgesetzt und durch ein bundesweites beziehungsweise landesweites Verbot untermauert wird. Mit einem solchen Verbot in allgemeinen Wohngebieten würden wir Wohnraum schützen, Mietenstabilität fördern und den sozialen Zusammenhalt der Kieze stärken. Denn nur so können wir sicherstellen: Berlin bleibt eine Stadt zum Leben, nicht zum Profitmachen.

Marktversagen auch beim Gewerbe

Es braucht Mietenregulierung und eine andere Liegenschaftspolitik

Wie beim Wohnen wird auch beim Gewerbe am Bedarf vorbei gebaut oder überteuert vermietet. Gewachsene Kiezstrukturen wurden verdrängt oder drohen bald verloren zu gehen. Eine landesweite Gewerbe-Strategie und ein soziales Gewerbemietrecht sind längst überfällig.   

Schon seit 10 Jahren ist in vielen Kiezen zu beobachten, wie immer mehr kleine Ladenstrukturen verloren gehen, soziale Infrastruktur verdrängt wird und Monostrukturen entstehen. Gewerbemieter/innen leiden unter dem fehlenden Kündigungsschutz. Viele bangen jedes Jahr neu, wenn der Mietvertrag ausläuft. Zudem gibt es keinerlei Regulierung der Mieten. Diese Mietpreisspirale zwingt immer mehr Gewerbetreibende – ob im Handwerk, für soziale Einrichtungen oder im Einzelhandel – zur Aufgabe. Das Gewerbemietrecht, das auf der Bundesebene liegt, muss daher dringend geändert werden.

Der rot-grün-rote Senat hatte 2019 versucht, über eine Bundesratsinitiative Verbesserungen zu erreichen. Orientiert auch am Beispiel Frankreich. Dort dürfen Vermieter den Mieter/innen nicht aus wirtschaftlichen Gründen kündigen oder müssen entsprechend entschädigen, was in der Praxis einen guten Schutz bedeutet. Damals hatte zwar eine Mehrheit der Bundesländer unserem Vorschlag zugestimmt, ist aber an der Bundesregierung gescheitert. In Absprache mit anderen Städten muss jetzt trotzdem ein neuer Versuch gestartet werden, um Gewerbemieten in angespannten Lagen durch die Länder/Kommunen selbst deckeln zu können. 

Die Leerstandsquote für Büroflächen liegt in Berlin aktuell bei 7,6%. Von diesen knapp 1,7 Millionen qm konzentriert sich der Großteil auf die Innenstadt. Aber trotz des steigenden Leerstands werden in Berlin kaum Büros in Wohnungen umgewandelt, geschweige denn Planungen für weitere Bürobauten gestoppt. Ob die „Urbane Mitte“ oder der „Amazon Tower“: hier entstehen völlig überteuerte Büroflächen, die keiner braucht. Kitas, Jugendeinrichtungen, ambulante Dienste und stationäre Einrichtungen dagegen schon.

Sicherung sozialer Standorte

Landeseigene Wohnungsunternehmen (LWU) müssen ihrem sozialen Versorgungsauftrag auch beim Gewerbe gerecht werden und sollten aufgrund der akuten Notlage ihre Gewerberäume prioritär an von Verdrängung bedrohte soziale Nutzungen vergeben. Dies könnte sowohl in der Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und LWU als auch im Wohnraumversorgungsgesetz geregelt werden. Möglich wäre auch eine finanzielle Kompensation für die LWU und die Berliner Immobilienmanagement GmbH wenn sie für gemeinwohlorientierte Bedarfe Räume anbieten. Zusätzlich bedarf es eines Konzeptes für Zwischennutzung und Mehrfachnutzung, um Leerstand bei den LWU zu vermeiden.

Nicht nur in der Vermietung, auch in der Akquise und Bewirtschaftung neuer Grundstücke sind gemeinwohlorientierte Akteure vor immense Herausforderungen gestellt. Aktuell verhindern die liegenschaftspolitischen Vorgaben des Senats, dass soziale Träger Standorte langfristig sichern können. Die Herabsetzung der Erbbaurechtslaufzeiten von 99 auf 40 Jahre für gewerbliche,  soziale, kulturelle und sportliche Nutzung ist eine kaum zu bewältigende Hürde. 

Statt Signa, Vonovia und Co. zu hofieren, sollten die gemeinwohlorientierten Akteure endlich als Verbündete des Landes behandelt werden. Auch beim Ankauf von Wohnhäusern mit Gewerbeanteil muss die Förderung so ausgestaltet werden, dass bezahlbare Gewerberäume erhalten bleiben. Ein weiterer Ansatz auf privaten Grundstücken wäre, das kooperative Baulandmodell bei größeren Neubauvorhaben – Bauträger werden verpflichtet, auf 30% der Fläche Sozialwohnungen zu errichten – auf bezahlbare Gewerbeflächen zu erweitern. Auch das Potential kommunaler Gewerbehöfe sollte, wie in München, endlich gehoben werden. Wer die viel beschworene „Berliner Mischung“ erhalten will, muss dem Marktversagen beim Gewerbe endlich etwas entgegensetzen. Im Einzelfall haben wir es schon öfter geschafft, kleines Gewerbe zu erhalten. Es braucht aber politische Lösungen, die langfristig wirken können.