Recht auf Wohnen – Maßnahmen für eine soziale Wohnungspolitik beschlossen

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) in Bielefeld, dem Bundesparteitag der Grünen, stand direkt zu Beginn die Wohnungskrise im Mittelpunkt. Beschlossen wurde der wichtige Antrag „Recht auf Wohnen“. Er enthält zahlreiche Vorschläge und Forderungen, wie die Wohnungspolitik mieter*innenfreundlich und sozial neu aufgestellt werden kann und muss. So soll z.B. das Recht auf Wohnen als ein soziales Grundrecht in das Grundgesetz aufgenommen werden. Ebenso wollen wir Mieterhöhungsmöglichkeiten kappen, die kommunalen Vorkaufsrechte stärken und Spekulation mit Wohnraum bekämpfen. Wir wollen eine neue Wohngemeinnützigkeit und Wien als Vorbild. Der Ausverkauf unserer Städte muss gestoppt werden – meinen Redebeitrag zum Antrag „Recht auf Wohnen“ könnt ihr hier sehen:

Der beschlossene Antrag „Recht auf Wohnen“ kann hier nachgelesen werden.

Der rot-rot-grüne Mietendeckel – Wir kämpfen für den sozialen Zusammenhalt Berlins und setzen dem Mietenwahnsinn ein Stoppschild

Mit dem Mietendeckel ziehen wir die Notbremse und stoppen Verdrängung und Spekulation. Wir schaffen mit dem rot-rot-grünen Mietendeckel für Berlin eine neue Mietenregulierung auf der Landesebene und betreten damit juristisches Neuland. Schon seit 2008 galoppieren die Mieten der Einkommensentwicklung der Berliner*innen davon. In Berlin sind die Grundstückswerte seit 2008 um 870 Prozent angestiegen. In diesem Zeitraum haben sich die Mieten mit 104 Prozent mehr als verdoppelt – während die Einkommen nur um 24,7 Prozent gestiegen sind. Fast ein Viertel der Umzüge werden heute aufgrund von Verdrängung, durch Mieterhöhungen, Eigenbedarfskündigungen, teure Modernisierungen, fehlende Instandhaltung, Abrisse oder Druck von Eigentümer*innen verursacht.

Die Koalition ist angetreten, um die zunehmende Verdrängung der Berliner*innen und die fortschreitende soziale Spaltung der Stadt aufzuhalten sowie Spekulation konsequent einzudämmen. Dafür ist der Mietendeckel ein wichtiger Baustein, denn wir wollen in Berlin einen Wohnungsmarkt erreichen, bei dem auch Gering- und Normalverdiener*innen wieder eine Chance haben, zu bezahlbaren Preisen zu wohnen.

Mit der „Atmung von unten“ sorgen wir ab dem Jahr 2022 für den nötigen Spielraum für soziale Bestandshalter*innen und gemeinwohlorientierte Träger mit niedrigen Mieten für Investitionen, die auch den Mieter*innen zu Gute kommen. Uns geht es aber dabei nicht um die Erhöhung von Mieten, sondern um die Erhöhung der Rechtssicherheit des Mietendeckels.

Mit der Mietentabelle 2013 (plus Anpassung um die Einkommensentwicklung) beheben wir quasi die Lücken der Mietpreisbremse und des Mietspiegels und sorgen dafür, dass die Neuvermietungen nicht mehr spekulativ durch die Decke gehen bzw. dass es keinen finanziellen Anreiz mehr gibt, Mieter*innen wegen hoher zu erzielender Neuvertragsmieten loszuwerden. Und wir gehen noch einen Schritt weiter, indem wir ab 2021 auch überhöhte „Wucher“-Mieten absenken, denn es gibt kein Recht auf unendliche Renditen. Der Berliner Wohnungsmarkt darf nicht zu einem spekulativen Finanzmarkt werden.

Mit dem Mietendeckel verhindern wir einerseits das Herausmodernisieren, sorgen aber andererseits für mehr Förderung und ermöglichen sinnvolle Maßnahmen, die dem Klimaschutz und dem Barriereabbau dienen. Zwar sind bisher noch Umlagen von bis zu maximal 2 Euro/QM möglich, jedoch soll die Umlage durch einen höheren Mietzuschuss kompensiert und damit die einkommensschwachen Mieter*innen geschützt werden. Und vor allem wird es eine Positivliste für klimapolitisch sinnvolle Maßnahmen geben. Damit soll z.B. Maßnahmen wie die Dämmung von Kellerdecken zur Energieeinsparung möglich sein, überteuerte Modernisierungen, die lediglich der Erhöhung der Mieten dienen, jedoch nicht. Wir wollen mit dem Mietendeckel den Klima- und Mieterschutz ein Stück weit in Einklang bringen.

Mit dem rot-rot-grünen Mietendeckel betreten wir juristisches Neuland. Daher mussten wir gut abwägen, welches Modell gleichzeitig sozial und fair, aber auch umsetzbar und rechtssicher ist, damit das Gesetz die zu erwartende Klagewelle vor Gericht besteht und nicht gekippt wird.

Besonders zentral: es gilt die 5 Jahre jetzt umso mehr zu nutzen, um den bedarfsgerechten Neubau in unserer Stadt voran zu bringen, mehr Flächen in gemeinwohlorientierte Hand zu erreichen und die anderen wohnungspolitischen Instrumente wie den Milieuschutz, das Vorkaufsrecht, die Wohnungsaufsicht sowie das Zweckenfremdungsverbotsgesetz zu schärfen und auszuweiten. Denn auch die anderen Haushalte, die nicht unter den Mietendeckel fallen, gilt es mit aller Kraft zu schützen.

Der R2G-Mietendeckel – die wichtigsten Punkte auf einen Blick:

  • Die Mieten in Berlin werden für die nächsten fünf Jahre zum Stichtag 18. Juni 2019 eingefroren. So wird es die versprochene Atempause für ca. 1,5 Mio. Haushalte geben. Auch für Staffel- und Indexmieten ist die am 18. Juni 2019 geltende Miete entscheidend.
  • Der Mietendeckel gilt auch bei möblierten Wohnungen, die zur Vermietung angeboten werden.
  • Damit faire und gemeinwohlorientierte Vermieter*innen wie etwa Genossenschaften mit niedrigen Mieten den nötigen Spielraum für Investitionen bekommen, wird es die Möglichkeit geben, ab 2022 die Mieten moderat anzupassen. Die Miete darf aber nicht um mehr als 1,3 Prozent jährlich steigen – und zwar nur dann, wenn sie unterhalb der Mietobergrenzen liegt. Diese Regelung sorgt vor allem für mehr Rechtssicherheit, weil sie die Verhältnismäßigkeit beim Eingriff ins Eigentum sicherstellt.
  • Als Grundlage für Mietobergrenzen gilt die Miettabelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die auf Basis des Mietspiegels 2013 errechnet wurde und die Berliner Einkommensentwicklung bis heute mit einbezieht. Dadurch ergeben sich für die unterschiedlichen Baualtersklassen jeweils unterschiedliche Mietobergrenzen. Bei Wohnungen mit „moderner Ausstattung“, die im Gesetz genau definiert ist, erhöht sich die Mietobergrenze um 1 Euro/QM.
  • Bei Neuvermietungen darf die Miete nicht höher als die Vormiete sein oder – falls diese zu hoch angesetzt war – die maximale Mietobergrenze aus der Miettabelle verlangt werden. So verhindern wir, dass gerade Neu- bzw. Wiedervermietungen zu sprunghaften Anstiegen der Mieten führen und verschaffen den Wohnungssuchenden wieder eine stärkere Ausgangslage.
  • Überhöhte Mieten, die 20 Prozent über der Mietobergrenze in der Tabelle liegen, können neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes abgesenkt werden. Dabei werden Zu- und Abschläge für die einfache Lage (-28 Cent), die mittlere Lage (-9 Cent) und die gute Lage (+74 Cent) berücksichtigt. So gehen wir effektiv gegen Wucher vor.
  • Wird Wohnraum mit einer Miethöhe von unter 5 Euro neu vermietet und wird dieser vorher auf einen „modernen Ausstattungsstand“ gebracht, so darf die Miete bei Wiedervermietung sich maximal um 1 Euro erhöhen, jedoch nur bis zur Mietobergrenze von 5,02 Euro/QM.
  • Für die für den Klimaschutz dringend nötigen energetischen Modernisierungen haben wir erreicht, dass bis zu 1 Euro auf die Miete umgelegt werden kann, jedoch nur für Maßnahmen, die auch wirklich das Klima schützen – wie z.B. die Dämmung der obersten Geschoss- oder der Kellerdecke. Hierfür werden wir eine Positivliste mit entsprechenden Maßnahmen erarbeiten. Auch in diesen Fällen dürfen die Kosten aber nur insoweit umgelegt werden, wenn die Ausgangsmiete unterhalb der jeweiligen Mietobergrenze liegt. Für darüberhinausgehende ökologische Sanierungskosten werden wir Förderprogramme zur Verfügung stellen bzw. einen Mietzuschuss einrichten und so die Mieter*innen unterstützen.
  • Damit es beim dringend benötigten Neubau weiter vorangeht, sind Erst- sowie Folgevermietungen von Neubauten nicht vom Mietendeckel betroffen. Alle Bauten mit dem Fertigstellungsdatum ab dem 1.1.2014 sind also nicht Bestandteil des Mietendeckels.
  • Vermieter*innen, die durch die neuen Regelungen dauerhaft in eine wirtschaftliche Schieflage geraten würden, kann nach Antragstellung und Überprüfung eine Erhöhung der Miete genehmigt werden – hierbei handelt es sich um die sog. Härtefallregelung. In diesem Fall können Mieter*innen für die höhere Miete oberhalb der Mietobergrenze einen Zuschuss beantragen.
  • Wir stellen sicher, dass wir nach Ablauf der fünf Jahre eine soziale Regelung bei künftigen Mieterhöhungen erreichen können und somit mögliche Mietpreissprünge verhindern: Auf Druck von uns Grünen werden wir ein Mietkataster einführen, in dem wir alle Miethöhen (sowie Eigentümerstrukturen) sammeln und auswerten. Damit sind wir gut vorbereitet, um in fünf Jahren anhand dieses Mietkatasters Mieterhöhungen einzuschränken. Denn nach dem Bundesmietrecht sind Mietdatenbanken zur Mieterhöhungsbegründung erlaubt. Außerdem gelten natürlich auch alle anderen mieten- und baupolitischen Instrumente weiterhin parallel zum Mietengesetz. Eine plötzliche Mieterhöhung um 40 Prozent ist jetzt nicht möglich – und wird es auch dann nicht sein.

Der Gesetzesentwurf mit Stand vom 22. Oktober 2019 ist hier zu finden.

Der aktuelle grüne Diskussionsstand zum Berliner Mietendeckel

Seit dem Frühjahr diskutiert die ganze Stadt über die Einführung eines Mietendeckels für Berlin. Durch das öffentliche Mietpreisrecht wollen wir den Berliner*innen eine Atempause verschaffen, die ihre Mieten kaum noch bezahlen können. Wir betreten jedoch juristisches Neuland und müssen daher gut abwägen, welches Modell gleichzeitig sozial und fair, aber auch umsetzbar und rechtssicher ist, damit das Gesetz die zu erwartende Klagewelle vor Gericht besteht und nicht gekippt wird.

Pervertierte Preise und lückenhaftes Mietrecht

In Berlin sind die Grundstückswerte seit 2008 um 870 Prozent angestiegen. In diesem Zeitraum haben sich die Mieten hier mit 104 Prozent mehr als verdoppelt – während die Einkommen nur um 24,7 Prozent angewachsen sind. Die Mietpreise galoppieren der Einkommensentwicklung davon. Jeder fünfte bis sechste Haushalt bringt bereits über 40 Prozent des Nettoeinkommens für Wohnkosten auf. Jede*r zweite Berliner*in hat Angst vor Verdrängung. Fast ein Viertel der Umzüge werden aufgrund von Verdrängung verursacht, durch Mieterhöhungen, Eigenbedarfskündigungen, teure Modernisierungen, fehlende Instandhaltung, Abrisse oder Druck von Eigentümer*innen. Wir haben uns als rot-rot-grüne Koalition dazu verpflichtet, die fortschreitende soziale Spaltung der Stadt aufzuhalten. Dafür ist der Mietendeckel ein wichtiger Baustein, denn wir wollen in Berlin einen Wohnungsmarkt erreichen, bei dem auch Gering- und Normalverdiener*innen wieder eine Chance haben, zu bezahlbaren Preisen eine Wohnung zu finden.

Der Senatsbeschluss

Am 18. Juni 2019 wurde ein erstes Eckpunktepapier für ein Berliner Mietengesetz bzw. einen Mietendeckel durch den Senat beschlossen. Daher ist der 18. Juni der Stichtag, ab dem der Mietendeckel gelten soll, sobald ein Gesetz bis Anfang 2020 verabschiedet sein wird. Ziel ist es, die Mieten in Berlin für fünf Jahre einzufrieren bzw. zu deckeln. Dabei sollen Mietobergrenzen je Baualtersklasse der Wohnhäuser definiert werden. Die Lage soll dabei keine Rolle spielen, um die soziale Spaltung der Quartiere und Bezirke zu überwinden. Überhöhte Mieten sollen auf die Miettabellen-Werte abgesenkt werden, so der Beschluss, der von allen drei Koalitionen getragen wurde.

Juristisches Neuland

Vor einigen Wochen wurde der Presse ein Vorentwurf eines Referentenentwurfs zugespielt. Er war nicht die Arbeitsgrundlage für den tatsächlichen Senatsentwurf und enthält eine Vielzahl von möglichen Instrumenten für einen Mietendeckel, die noch nicht in der Koalition abgestimmt waren und so auch nicht von der Senatorin vorgeschlagen wurden. Dass der Mietspiegel 2011 als Maßstab für möglich Mietobergrenzen gelten sollte, wurde nie abschließend innerhalb der Koalition geklärt, weil diese Frage leider nie genau untersucht wurde. Besonders ärgerlich ist dabei, dass den Mieter*innen durch die Veröffentlichung suggeriert wurde, dieses Modell würde bald Realität werden. Es gibt aber nicht nur den einen Mietendeckel, sondern verschiedene Modelle. Wir betreten juristisches Neuland. Das haben wir immer wieder betont und das bedeutet doch auch, dass wir uns natürlich gerade in einem Abwägungs- und Diskussionsprozess befinden, erst dann kann entschieden werden, welches Modell es werden kann. Jedes Modell hat bezüglich der Gerechtigkeitsfrage und der Umsetzung Vor- und Nachteile, die es gegenüber zu stellen und rechtlich zu prüfen gilt.

Und bei dem Mietendeckel geht es eben nicht alleine um die Frage, was wir wohnungspolitisch für geboten halten, sondern ob dies auch juristisch haltbar und damit verhältnismäßig und am Ende rechtssicher ist. Der Mietendeckel wird vielen juristischen Auseinandersetzungen stand halten müssen. Es gibt kein Recht auf unendliche Renditen, aber es gibt eben auch die Verhältnismäßigkeit, die beim Eingriff in die Eigentumsfreiheit zu gelten hat. Wird diese nicht beachtet, droht der Mietendeckel vor Gericht zu scheitern. Und das kann keiner wollen. Der unabgesprochene Vorentwurf hätte bedeutet, dass es bei bis zu 50 Prozent der Mietverhältnissen zu Mietabsenkungen hätte kommen können, was wohnungspolitisch vielleicht wünschenswert wäre, jedoch leider nicht verhältnismäßig ist, sprich rechtlich leider nicht möglich ist. Es muss zwar eine Härtefallregelung für Eigentümer*innen geben, jedoch darf auch diese nicht zur Regel werden, sondern muss eine Härte und somit Ausnahme darstellen. Die große Herausforderung ist insgesamt, beim Gesetz für einen Mietendeckel die Balance zwischen dem Eingriff ins Eigentum und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu halten – und zwar so, dass die Mieter*innen auch effektiv geschützt werden. Der Mietendeckel muss also ebenso scharf und sozial sein, so dass er auch wirkungsvoll für alle belasteten Mieter*innen ist. Und er darf nicht so differenziert wie der Mietspiegel sein, sonst ist er für die Bezirke nicht mehr umsetzbar – vor allem weil diese bis Januar 2020 wohl kein Personal dafür bekommen bzw. einstellen können – und ähnelt auch zu sehr den Regeln des Bundesmietrechts, was wohl wiederum juristisch problematisch ist. Berlin wendet als erstes Bundesland mit dem Mietendeckel öffentliches Preisrecht beim Wohnen an. Das bedeutet kurz gesagt, dass es andere Regelungen geben muss als einfach analog das Bundesmietrecht in ein Landesgesetz zu gießen. So jedenfalls bewerten das die gutgewillten Jurist*innen bisher.

Jetziger Zwischenstand – viele Baustellen und Fragen

Im derzeitigen Referentenentwurf der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wurden daher die Mietspiegelwerte 2013 zur Berechnung der Obergrenzen herangezogen und die Berliner Einkommensentwicklung bis heute ist dabei eingeflossen. 2013 wurde ein angespannter Wohnungsmarkt für Berlin erklärt, sprich dieser Schritt machte es dem Senat möglich, mehr weitergehende wohnungspolitische Maßnahmen zu treffen, wie zum Beispiel die Mietpreisbremse zu nutzen. Die beschriebenen Obergrenzen gelten sowohl für alle Neuvermietungen als auch bei den Bestandsmieter*innen, die sonst mehr als 30 Prozent ihres Einkommens dafür aufwenden müssten. Wer mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Nettokaltmiete ausgibt, soll das Recht auf eine Mietabsenkung haben. In diesem Fall sollen die Mieter*innen einen Antrag bei den bezirklichen Wohnungsämtern stellen können. Damit wollen wir die Geschäftsmodelle überzogener Immobilienpreise und überhöhter Renditeerwartungen beschneiden, wenn nicht sogar abstellen. Denn sie entziehen anderen Wirtschaftsbereichen Kaufkraft. Investitionen, die auf Maximalrenditen durch Verdrängung, überhöhte Mieten und Luxuswohnungsbau setzen, sind schädlich für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft. Echte energetische Sanierungen, die wirklich das Klima schützen und den Geldbeutel der Mieter*innen entlasten, finden dagegen kaum statt. Stattdessen werden mit vorgeblich energiesparenden Sanierungen die Mieten weiter nach oben getrieben. Mit dem Mietendeckel wollen wir diese Spekulation und Verdrängung eindämmen und deshalb ist es zentral, dass wir überhöhte Mieten absenken. Jedoch ist es auch hier wichtig, dass wir die rechtlichen Risiken gering halten. Das heißt wir müssen noch klären, ob der Bezug auf die Mietbelastung bei Mietabsenkungen rechtlich wirklich schlüssig ist bzw. ob man die Bedarfsgruppen zielgerichteter auf alle Haushalte mit einem Einkommen, die einen Wohnberechtigungsschein beziehen dürfen, begrenzen kann bzw. sollte. Ein ebenso gangbarer Weg scheint die Definition von Wuchermieten zu sein. Das würde bedeuten, dass ab einer gewissen Überschreitung Mieten abgesenkt werden können. Ich will mit diesen Möglichkeiten aufzeigen, dass dies alles keine leichten Entscheidungen sind und miteinander im Zusammenspiel abgewogen werden müssen. Hierbei muss auch nochmal betont werden, dass wir auf Landesebene leider nicht den gleichen Handlungsspielraum wie die Bundesebene haben. Daher können wir auch nicht alle wohnungspolitischen Vorstellungen im Gesetz zum Mietendeckel unterbringen, da ansonsten damit zu rechnen ist, dass das Gesetz vor Gericht als ungültig erklärt wird – was zu Lasten aller Mieter*innen und zu Gunsten von auf Renditesteigerungen setzenden Immobilienkonzernen gehen würde.

Atmender Deckel von unten

Wie gesagt, es gibt unterschiedliche Modelle, die abgewogen werden müssen: Wenn wir mit dem Mietendeckel einen Mietenstopp meinen, würden zwar alle Mieter*innen davon profitieren, was wohnungspolitisch durchaus überzeugend ist. Das Einfrieren der Mieten würde aber auch heißen, dass die Genossenschaften und kleine private Vermieter*innen mit 2,3,4 Häusern, die ihre Mieten in den letzten Jahren gar nicht erhöht haben und teils noch weit unter dem Mietspiegel liegen, gegebenenfalls Probleme bekommen und gleichzeitig die Wohnungsunternehmen mit den bereits hochpreisigen Mieten einen Bestandsschutz erhalten. Da sehe ich eine große Gerechtigkeitslücke, die wir schließen sollten. Denn verantwortungsvolle Bestandshalter*innen und gemeinwohlorientierte Akteure wie die Genossenschaften sind unsere Verbündeten, wir brauchen mehr davon und deshalb ist doch klar, dass wir das fair gestalten müssen. Derzeit nimmt der Anteil von Genossenschaftswohnungen leider eher ab. Ein atmender Deckel, der bis zu bestimmenden Obergrenzen moderate Mietsteigerungen zulässt, schließt die Gerechtigkeitslücke, würde aber bedeuten, dass Einkommensschwache, die einen Mietenstopp brauchen und in noch vergleichsweise niedrigpreisigen Wohnungen leben, gar nichts vom Mietendeckel hätten. Das ist ebenso ungerecht. In diesem Fall könnte aber eine ergänzende Härtefallregelung für die einkommensschwachen Mieter*innen helfen. Denn klar ist auch: wir brauchen einen wirkungsvollen Mietendeckel für die Berliner*innen. Wir Grüne haben von Anfang an einen atmenden Deckel von unten gefordert, auch weil wir nicht zu viele Härtefälle erzeugen dürfen, um das Gesetz rechtssicher zu halten. Zu dem Schluss kommt auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und im jetzigen Entwurf steht folgende Regelung: alle Mieten, die unterhalb der bestimmten Mietobergrenzen liegen, dürfen ein Jahr nach dem Gesetz um dann jährlich 1,3 Prozent erhöht werden . Dass der Mietendeckel jetzt auch von oben atmen soll und die Mietobergrenzen per Rechtsverordnung nach kurzer Zeit angehoben werden können, finden wir nicht richtig. Zumindest in den ersten fünf Jahren sollten keine Mieterhöhungen erfolgen, um die versprochene Atempause auch einzulösen.

Energetische Sanierung und Modernisierungsaufschlag

Fragwürdig bzw. kritikwürdig in dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vorgelegten Entwurf ist der Vorschlag, dass die Mieten aller Wohnungen, die in den letzten 15 Jahren modernisiert wurden, einen Aufschlag von 1,40 Euro/QM bekommen sollen. Es wurde bisher weder beantwortet, wie sich diese Summe rechtfertigt, noch welche Maßnahmen dabei wie berücksichtigt werden. Dieser Vorschlag muss überarbeitet werden. Ebenso ist noch keine befriedigende Lösung beim Thema energetischer Sanierung gefunden. Der Missbrauch als Verdrängungsmotor ist bekannt. Wir stehen vor der großen Herausforderung, einerseits diesen unterbinden zu wollen und andererseits auch sinnvolle Maßnahmen für den Klimaschutz zuzulassen. Dass jetzt alle Maßnahmen bis zu einer Umlage von 1 Euro/QM nur anzeigepflichtig sein sollen, und erst danach ein Genehmigungsverfahren nötig ist, scheint dieser Herausforderung nicht gerecht zu werden. Ein Vorschlag des Berliner Mietervereins, der je nach Maßnahme Aufschläge gewährt, scheint sinnvoller. Aber auch da stellt sich die Frage, wie wir es schaffen, dass eben Altbauten nicht in dickes Styropor gepackt werden, nur damit die Miete steigt, sondern nur sinnvolle Maßnahmen wie z.B. die Dämmung der Kellergeschossdecke durchgeführt oder eine neue klimafreundliche Heizungsanlage eingebaut wird. Diese Steuerungswirkung haben wir mit dem jetzigen Entwurf noch nicht erreicht. Auch muss hier immer wieder betont werden, dass es zur Kontrolle auch das dafür ausgebildete Personal braucht. Allen muss bei diesem wichtigen Zukunftsthema klar sein, dass der Mietendeckel es nicht schaffen kann, die Sanierungsrate in Berlin zu steigern. Das geht nur mit deutlich mehr Förderung, der sozialpolitischen Absicherung der Mieter*innen und der Anwendung von Ordnungsrecht. Zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir auch bei diesem Aspekt des Mietendeckels noch viele Baustellen klären und die Vor- und Nachteile der diversen Wege beleuchten.

Anwendungsbereich und Ausnahmen

Der Mietendeckel soll nicht für alle Neubauten gelten. Ausgenommen sind dem Referentenentwurf derzeit alle Neubauten, die nach dem 1. Januar 2014 fertiggestellt wurden. Begründet wird dies mit der zu diesem Datum wieder eingeführten Wohnungsneubauförderung, die preiswerten Wohnraum im Neubau unterstützt. Ebenso sind Wohnheime und Wohnungen sozialer Träger und studentische Wohnheime davon ausgenommen. Dagegen fallen möblierte Wohnungen und Kurzzeitvermietungen von Wohnungen unter den Mietendeckel, ebenso wie Staffel- und Indexmietverträge. Auch das ist nötig, um den Missbrauch von Wohnraum als Renditeobjekt zu unterbinden und mögliche Umgehungen des Mietendeckels von vornherein zu verhindern. Dem Entwurf der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zufolge soll der soziale Wohnungsbau auch von den Regelungen des Mietendeckels ausgenommen werden. Das könnte jedoch zu absurden Verhältnissen führen, wenn einkommensschwache Mieter*innen in den Sozialwohnungen schlechter gestellt sind als die Mieter*innen auf dem „freien“ Markt. Hier bedarf es dringend einer Reform des sozialen Wohnungsbaus, die dafür sorgt, dass die sog. Kostenmieten bereinigt und mit der finanziellen Beteiligung von Eigentümern gesenkt werden. Leider ist es uns als Koalition bisher nicht gelungen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Wir Grüne schlagen schon lange vor, die Kostenmieten in einer Berliner Berechnungsverordnung zu bereinigen, bisher fehlt dafür aber die Unterstützung in der Koalition.

Härtefallregelung für Eigentümer*innen und Mieter*innen

Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Mietpreisbremse, das am 20. August bekannt gegeben wurde, bestärkt uns als Landesgesetzgeber zu handeln. Die Verfassungsrichter*innen stellen fest, dass keine Grundrechte verletzt wurden und entschieden: „Es liegt im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken“. Die Regulierung der Miethöhe sei dazu geeignet und Vermieter*nnen auch zumutbar, denn: „Ihr Vertrauen, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, wird durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt.“ Das gibt uns Rückenwind, bestätigt es doch, dass staatliche Eingriffe auf dem Wohnungsmarkt zulässig sind, wenn sie gut begründet sind und in Grenzen stattfinden – so wie es mit dem Gesetz zum Mietendeckel unser Ziel ist. Falls der Mietendeckel dazu führt, dass Eigentümer*innen oder Wohnungsunternehmen auf Dauer Verluste machen, die zur Substanzgefährdung der Mietsache führen würden, dann können Eigentümer*innen einen Härtefallantrag stellen, der eine gewisse Steigerung der Miete ermöglicht. Sollten die betroffenen Mieter*innen dies nicht zahlen können und ihr Einkommen innerhalb der WBS-Einkommensgrenzen liegen, bekommen sie den Betrag als Mietzuschuss gewährt. Dabei muss aber beachtet werden, dass nur bestimmte Wohnungsgrößen gelten, die auch beim sozialen Wohnungsbau und bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen eingehalten werden müssen. Sollte das der Fall sein, wird der Mietzuschuss anteilig bezahlt. Und auch hier ist die Krux, wie wir Missbrauch durch Wohnungsunternehmen verhindern und wie wir es schaffen, dass Unternehmen wie Akelius ihr Geschäftsmodell mit überhöhten Mieten abstellen müssen, während gemeinwohlorientierte Hausprojekte, die z.B. als Hausgemeinschaft oder Genossenschaft zu einem hohen Preis ein Haus übernommen haben und es so vor dem Verkauf an einen Immobilienfonds zu schützen, jetzt nicht doch zum Verkauf gezwungen werden und entsprechende Härtefallregelungen bekommen. Dabei stellt sich die Frage, ob es im Rahmen des Gesetzes rechtlich möglich ist, Aktiengesellschaften, die Dividenden auszahlen, anders zu behandelt als etwa Genossenschaften, die in den Bestand wieder investieren? Kann es Obergrenzen für Renditen geben und wie messen wir genau, ob eine „Substanzgefährdung“ einer Immobilie vorliegt? Fragen über Fragen, die dringend beantwortet werden müssen – und zwar spätestens im Gesetzgebungsverfahren.

Wie geht es weiter?

Der Erfinder des Mietendeckels, Peter Weber, hatte selbst bereits zu Beginn der öffentlichen Diskussion einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der in seiner Konzeption viel umfassender ansetzt – von einem Landesamt für Wohnungswesen, einem Wohnungskataster bis hin zu einem dauerhaften Preisgesetz, dass auch die Kaufpreise von Immobilien beschränkt. Das werden wir mit dem jetzigen Gesetz leider nicht mehr erreichen. Aber es gilt einen Mietendeckel zu gewährleisten, der allen beschriebenen Punkten gerecht wird. Vor uns steht ein komplexes Verfahren: Senatsbeschluss, Verbändeanhörung und Befassung im Rat der Bürgermeister und das reguläre Gesetzgebungsverfahren im Parlament. Wir führen derzeit viele Gespräche mit der Stadtgesellschaft und versuchen alles abzuwägen. Leider haben wir bis heute keinerlei Zahlen oder Folgeabschätzungen durch den Senat erhalten, um die Szenarien besser abschätzen zu können. Auch warten wir noch auf die Beantwortung eines eingereichten Fragenkatalogs. Und was brisant ist: es gibt bisher kein Konzept für das bezirkliche Personal, welches zur Umsetzung dringend nötig ist. Von 120-150 nötigen Stellen ist die Rede. Die Bezirke können ohne Gesetzesgrundlage und zusätzlicher finanzieller Ausstattung nicht einstellen oder sich vorbereiten. Doch bislang ist keine Software geplant, um ein Wohnungskataster aufzubauen, es gibt keine Anforderungsbeschreibungen für die Stellen und das Geld für die Bezirke dazu ist auch noch nicht bereit gestellt. Hier kommt es auf den Senat an, die notwendigen Schritte parallel zum Gesetzgebungsverfahren in die Wege zu leiten. Denn aus das ist für die Umsetzung und den Erfolg des Mietendeckels von großer Bedeutung. Auch an diesem Punkt werden wir uns für umsetzbare Lösungen stark machen und schnelles Handeln einfordern.

Landeskompetenz gegeben

Besonders zentral für die Frage, ob das Gesetz für einen Mietendeckel vor Gericht bestand hat, ist die Zuständigkeit vom Land Berlin. Peter Weber und viele andere versierte Jurist*innen argumentieren, dass die Länder seit der Föderalismusreform von 2006 für das Wohnungswesen zuständig sind. Daraus leitet er auch die Zuständigkeit für das öffentliche Preisrecht und damit für den Mietendeckel ab. Auch wir teilen diese Einschätzung und vor allem: so oder so lohnt es sich dafür zu kämpfen, damit Berlin eben nicht wie London oder Paris wird. In einem Interview in der Berliner Zeitung hat kürzlich der emeritierte Professor für Staats- und Verwaltungsrecht der Freien Universität und Grundgesetz-Kommentator, Christian Pestalozza, treffend festgestellt, dass eine ungeklärte Rechtsfrage für das Land Berlin kein Grund sein darf, die Hände in den Schoß zu legen – Recht hat er. Für eine andere, gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik wurden wir, Rot-Rot-Grün, gewählt und es kommt darauf an, dass wir als Koalition zusammen halten und gemeinsam einen Mietendeckel gestalten, der sozial, fair, rechtssicher und umsetzbar ist.

Debatte zum Mietendeckel im Plenum und erste Details zum Gesetz

Während der letzten Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am vergangenen Donnerstag kam es zu einer Generaldebatte über das geplante Gesetz zum Berliner Mietendeckel. Hierzu wurden seitens der Oppositionsparteien jeweils dringliche Anträge vorgelegt, die sich allesamt gegen das Ziel, den Mieter*innenschutz zu stärken richteten und einen Mietendeckel pauschal ablehnen wollten. Die Rot-Rot-Grüne Koalition hat sich hingegen geschlossen für die Einführung eines entsprechenden Gesetzes ausgesprochen. Meine Rede im Plenum ist hier zu sehen (Quelle des Videos: rbb):

Zum Zeitpunkt der Debatte lagen noch keine genauen Details über den Gesetzesentwurf vor, lediglich Zwischenstände der Überlegungen und die zuletzt diskutierten verschiedenen Varianten waren bekannt. Erst am Freitag nach der Debatte im Plenum wurden seitens der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen detaillierte Infos zum geplanten Gesetzt der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Referentenentwurf soll am heutigen Montag vorliegen und mit ihm soll dann auch die Verbändeanhörung starten.

Insgesamt lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt sagen, dass wir auf einem guten Weg zu einem atmenden Mietendeckel sind, der sozial, fair, rechtssicher und umsetzbar ist. Der Entwurf setzt ein klares Stoppzeichen für Wuchermieten und unbegrenzte Renditen für große Wohnungskonzerne. Der Mietendeckel wird insbesondere den Menschen helfen, die übermäßig stark durch hohe Mieten belastet sind. Mietabsenkungen sollen möglich sein, wenn Haushalte über 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Das Modell eines atmenden Deckels, der moderate Mietsteigerungen bis zu den festgelegten Obergrenzen zulässt, verschafft insbesondere den gemeinwohlorientierten Vermieter*innen und Genossenschaften mit preiswerten Mieten den notwendigen Spielraum, um ihre Bestände instand zu halten. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten wollen wir den aus dem Gleichgewicht geratenen Wohnungsmarkt wieder ein Stück weit gerechter machen und die Balance zwischen Mieter*innen- und Vermieter*inneninteressen wiederherstellen.

Weil wir mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten, sind Anpassungen im weiteren Verfahren natürlich noch möglich. Entscheidend für die Umsetzung wird auch sein, dass die Bezirke durch das Land unterstützt werden, die neuen Aufgaben aus dem Gesetz zum Mietendeckel mit dem dafür notwendigen Personal umsetzen zu können.

Ergänzender Nachtrag: mittlerweile ist der Referentenentwurf zum geplanten Gesetz zum Mietendeckel von der Senatsverwaltung veröffentlicht und kann online abgerufen werden.