Ein Kiez droht seinen Fahrradladen zu verlieren – Warum ich mich für den „Bike Park“ einsetze

Seit über zwei Jahrzehnten gehört der Fahrradladen von Selami Akosman fest zum Kiez. Kinder haben hier ihr erstes Rad gekauft, Studierende ihr Gebrauchtrad reparieren lassen, Nachbar*innen quatschen beim Pumpen der Reifen noch schnell über den Tag und Kinder und Jugendliche, die kein Fahrrad besitzen, können hier Fahrräder kostenfrei nutzen. Ein Laden, der weit mehr ist als ein Geschäft: Er ist Teil der sozialen Infrastruktur des Viertels. Gerade in Kiezen wie um den Mehringplatz ist eine soziale Gewerbevermietung, die sich an den Bedarfen der Bewohner orientiert, zentral und der Bike Park ist genau so ein Gewerbe.

Doch nun steht dieser Ort vor dem Aus. Nach 20 Jahren Betrieb hat der Inhaber eine fristlose Kündigung von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge erhalten. Offiziell geht es um einen Mietrückstand von zwei Monaten. Doch die Geschichte ist deutlich komplizierter – und sie wirft Fragen auf, die weit über einen einzelnen Laden hinausreichen.

Selami Akosman ist nicht nur Fahrradhändler. Er ist ehemaliger Ringer, frischgebackener Vater, ausgebildeter Bauingenieur, jemand, der sich hier vor vielen Jahren bewusst selbstständig machte, weil er im Kiez eine Zukunft sah. Er zahlt rund 9500 Euro Miete im Monat, eine Summe, die zeigt, unter welchen Belastungen Kleingewerbe inzwischen auch im Eigentum landeseigener Unternehmen arbeiten. Dennoch lief sein Geschäft, er beschäftigte zwei Auszubildende, investierte in Onlineverkauf und Reparaturen.

Also warum die Kündigung? Akosman wurde gesagt, dass er während angekündigter Sanierungsarbeiten zwei Monate keine Miete zahlen müsse. Also räumte er zeitweise seinen Laden aus, wartete auf Handwerker, die nie kamen. Stattdessen bekam er die fristlose Kündigung zugestellt. Die Howoge bestreitet dies. Doch für den Mieter blieb der Eindruck, dass Kommunikation nicht stattgefunden hat und ein Missverständnis zum existenziellen Risiko wurde.

Besonders irritiert: Akosman verfügt über rund 30.000 Euro Guthaben aus Rückzahlungen und Kautionen, mehr als genug, um den angeblichen Mietrückstand sofort zu begleichen. Er bietet an, sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten beider Seiten zu tragen und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Bislang ohne Reaktion.

Gleichzeitig steht das Gebäude, in dem sich der „Bike Park“ befindet, zum Teil leer. Das Objekt ist sichtbar renovierungsbedürftig. Doch die Howoge äußert sich nicht dazu, ob Sanierungen geplant sind oder warum sie dennoch an der Kündigung festhält. Für die beiden Auszubildenden bedeutet dies eine ungewisse Zukunft. Für den Kiez bedeutet es den drohenden Verlust eines gewachsenen Gewerbestandorts.

Und genau deshalb mische ich mich ein.

Als Sprecherin für Wohnen und Mieten im Berliner Abgeordnetenhaus und direkt gewählte Abgeordnete für den Mehringplatz sehe ich hier nicht nur einen Gewerbesstreit, sondern ein strukturelles Problem. Landeseigene Wohnungsunternehmen müssen vorbildlich handeln. Sie haben die Verantwortung, nicht wie renditeorientierte Private aufzutreten, sondern sozial, fair und verlässlich zu agieren. Gerade sie müssen in der Lage sein, Missverständnisse aufzuklären, statt fristlos zu kündigen. Sie müssen Gespräche anbieten, statt über die Köpfe der Menschen hinweg Entscheidungen zu treffen, die deren Existenz bedrohen.

Es geht hier um mehr als zwei Monatsmieten. Es geht um Vertrauen. Um Verlässlichkeit. Und um den Erhalt der Kiezstrukturen, die Berlin ausmachen. Ein Laden wie der „Bike Park“ entsteht nicht einfach neu, wenn er einmal verschwindet. Was über 20 Jahre gewachsen ist, lässt sich nicht ersetzen.

Ich habe die Howoge deshalb aufgefordert, die Kündigung zurückzunehmen und mit dem Mieter eine tragfähige Zukunftsperspektive zu erarbeiten. Denn die Situation ist lösbar und sie muss gelöst werden. Es wäre ein Skandal, wenn ein landeseigenes Unternehmen einen solchen Betrieb aus dem Kiez drängt, obwohl eine Einigung möglich ist.

Solche Fälle zeigen, wie dringend Berlin verlässliche Regelungen für Gewerbemietverhältnisse braucht, besonders in öffentlicher Hand. Und sie zeigen, warum wir weiterhin dafür kämpfen müssen, dass unsere Stadt ihre lebendigen Strukturen behält.

Ich werde weiter dranbleiben. Für Selami Akosman. Für seine Auszubildenden. Und für einen Kiez, der seine Orte nicht verliert, nur weil Kommunikation versagt hat.

Der „Bike Park“ gehört zum Mehringplatz. Und genau dort soll er bleiben.