Dragoner-Areal: Verkauf wird endlich rückgängig gemacht

Lange hat es gedauert, nun hat der Bund endlich seine Blockade aufgegeben: der Kaufvertrag zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und einem Wiener Immobilienkonsortium wird rückabgewickelt. Bereits am 10. September 2015 wurde der Verkauf durch eine rot-grüne Mehrheit im Finanzausschusses des Bundesrats abgelehnt. Bisher verweigerte sich die BImA aber, den Beschluss zu akzeptieren. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass die Privatisierung des Dragoner-Areals endlich rückgängig gemacht wird.
 
Dragoner-ArealDie Rückabwicklung des Kaufvertrages kann aber nur der erste Schritt sein. Jetzt muss der Bund das Grundstück zu fairen Konditionen an das Land Berlin abtreten. Einen erneuten Verkauf durch die BImA zum Höchstpreis an private Investoren darf es nicht geben.

Unser Ziel bleibt weiterhin, auf dem Dragoner-Areal eine kiezfreundliche Mischung aus sozialer Infrastruktur, Kleingewerbe, Grünflächen und Kultur zu ermöglichen. Wohn- und Gewerberäume müssen preiswert sein und die bisherigen Nutzer dürfen nicht verdrängt werden. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag der neuen Rot-Rot-Grüne Landesregierung festgeschrieben – dort heißt es: „Die Koalition beabsichtigt, das Dragonerareal in Landeseigentum zu überführen und dort ein Projekt für preisgünstiges Wohnen und Arbeiten (Kleingewerbetreibende und Kreativwirtschaft) in Kooperation zwischen Bezirk, städtischen Wohnungsbaugesellschaften und gemeinwohlorientierten freien Trägern mit umfassender Bürgerbeteiligung umzusetzen.“

Ein Jahr AV-Wohnen: Bilanz über die Kosten der Unterkunft für Beziehende von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe

Am 7. Juli 2016 zogen Sigmar Gude, Leiter des Stadtforschungsinstituts Topos und ich in einem gemeinsamen Pressegespräch Bilanz über die derzeit gültige Aufwendungsverordnung Wohnen (AV Wohnen). Anlass war das einjährige Bestehen der Verordnung seit dem 1. Juli 2015. Sie regelt die Sätze der Kosten der Unterkunft (KdU), die Haushalten mit geringem Einkommen nach dem SGB II und SGB XII zur Deckung ihrer Wohnkosten zugesprochen werden. Die Vorgängerregelungen wurden in mehreren Gerichtsinstanzen aufgrund unschlüssiger Berechnungsmodelle für ungültig erklärt.

Vor dem Pressegepräch hatten wir in schriftlichen Anfragen zu klären versucht, ob die derzeitige AV Wohnen ihrem Zweck gerecht wird, also Anspruchsberechtigte Haushalte ausreichend Geld bekommen, um ihre Wohnkosten zu decken und nicht aus ihren Wohnungen verdrängt zu werden (Links zu den Anfragen „Schützen die Kosten der Unterkunft vor Verdrängung?“ und „Nachfrage zur schriftlichen Anfrage 17/18175“). Die von Sigmar Gude und mir ausgewerteten Daten, ergaben das beunruhigende Bild einer dauerhaften Unterversorgung eines großen Teiles der Bedarfsgemeinschften in Berlin. Über wichtige Eckdaten, wie die Gesammtzahl der KdU-Empfangenden Bedarfsgemeinschaften, die über den Richtwerten der AV Wohnen liegen, konnte der Senat gar keine Auskunft geben. In unserem Pressepapier und der Präsentation von Sigmar Gude brachten wir etwas Licht ins Dunkel der finanziellen Unterversorgung der Berliner KdU-Empfänger*innen:

Trotz einiger Änderungen trägt auch die neue AV-Wohnen nicht zum verlässlichen Erhalt von angemessenem Wohnraum und zum Schutz vor Verdrängung bei. Mit Höchstwerten von ca. 5,50 €/m², die den Leistungsberechtigten für ihre Nettokaltmiete zugestanden werden, liegen die Mietvorgaben der AV-Wohnen weit jenseits der Realität am Berliner Wohnungsmarkt. Schon jetzt müssen Leistungsberechtigte nach dem SGB II in Berlin durchschnittlich zwei Euro mehr, also 7,47 €/m² zahlen, um eine Wohnung anzumieten. Die Konsequenzen dieser systematischen Unterversorgung von Geringverdienerhaushalten äußert sich neben der Verdrängung der betroffenen Bedarfsgemeinschaften (BG) an den Stadtrand in zunehmender Verarmung und der Überbelegung vieler leistungsberechtigter Haushalte.

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