Erfolgsmodell Mietendeckel – aktuelle Stunde im Plenum

Bilanz Berliner Mietendeckel: ein Erfolgsmodell – so lautete auf unseren Antrag hin die Überschrift der aktuellen Stunde in der heutigen Plenarsitzung. Seit dem 23. Februar diesen Jahres ziehen wir mit dem Mietendeckel eine radikale Notbremse gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung. 1,5 Mio Haushalte können seitdem aufatmen. Jetzt knapp 9 Monate später steigen wir in die 2. Stufe des Mietendeckels ein und senken überhöhte Mieten ab. Denn es gibt kein grundgesetzlich garantiertes Recht auf unendliche Renditen, erst recht nicht wenn es um das Grundrecht auf Wohnen geht.

Meinen Redebeitrag zur aktuellen Stunde gibt’s hier (Quelle: rbb):

Der Mietendeckel ist aber nicht nur ein Erfolgsmodell, weil wir die Mieten begrenzen, sondern vor allem weil wir damit das Primat der Politik wiederherstellen. Der Mietendeckel verschafft den Menschen dabei nicht nur eine Atempause, er trägt auch zum sozialen Frieden bei. Es wurde eine Trendumkehr eingeleitet, denn im Gegensatz zu anderen Städten sind in Berlin die Neuvermietungsmieten seit Einführung des Mietendeckels um fast 10 Prozent gesunken und eben nicht weiter gestiegen. Er hilft, dass eine Wohnung, nur weil sie neu vermietet wird, eben nicht mehr automatisch 30 Prozent teurer wird. Und in den allermeisten Fällen wird der Mietendeckel von den Vermieterinnen und Vermietern auch eingehalten und sie gehen unseren Weg mit.

Der Mietendeckel ist zugleich erst der Auftakt hin zu einer neuen gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik: denn um eine soziale Wohnraumversorgung für alle Berliner zu gewährleisten, gehören mindestens 50 Prozent des Bestands in öffentliche und genossenschaftliche Hand. Mit dem Vorkaufsrecht, der Rekommunalisierung und gezielten Ankäufen haben wir schon einiges geschafft. Aber wir brauchen beim Bestandsschutz von Wohnraum auch ein Miet- und Wohnungskataster, damit wir endlich die Black Box Wohnungsmarkt transparent machen und wissen, wem die Stadt gehört. Ich bin froh, dass wir als Koalition an einem Gesetz arbeiten und diesen nächsten Schritt gehen.

Bericht zum Fachgespräch: Was bedeuten die Pläne der SIGNA für unsere Kieze in Kreuzberg und Neukölln?

Ende September haben meine Fraktionskollegin Susanna Kahlefeld und ich zu einem Online-Fachgespräch eingeladen, um mit Expert*innen, Anwohnenden und allen Interessierten über den aktuellen Stand und die möglichen Auswirkungen eines solchen Projektes zu diskutieren. Dabei ging es auch um eine Bewertung der Einigung zwischen Senat und SIGNA und die Frage, welche konkreten Möglichkeiten bestehen, hier drauf noch Einfluss zu nehmen. Teil der Diskussion war ebenso, was die Menschen vor Ort brauchen und wollen – jenseits der Vorstellung des Investors.

Ein Audiomitschnitt des Fachgesprächs ist hier zu finden.

Los ging die Diskussion mit einem kurzen Überblick zum aktuellen Stand. Seit einiger Zeit sieht der Plan der SIGNA für das Karstadt-Gebäude am Hermannplatz dessen Abriss und den Neubau eines deutlich größeren Gebäudes mit Fassade Baus von 1927-29 vor. Der Immobilienkonzern kämpft derzeit mit allen Mitteln für eine Baugenehmigung. Mit dem Letter of Intent (LOI), den SIGNA mit dem Berliner Senat abgeschlossen hat, verspricht SIGNA vorerst vier der sechs zu schließenden Karstadt-Filialen Berlins zu retten, um im Gegenzug vom Senat eine Baugenehmigung für drei verschiedene Orte zu erhalten. Somit sollen Neubauten am Kurfürstendamm, am Alexanderplatz und am Hermannplatz ermöglicht werden. Bezüglich des Baus am Hermannplatz soll ein zügiges Masterplanverfahren durchgeführt werden. Der Senat würde damit die Planungshoheit über den Hermannplatz an sich ziehen, welche bisher auf Bezirksebene in Friedrichshain-Kreuzberg gelegen hat. Der Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks hatte 2019 die Neubaupläne SIGNAs abgelehnt.

SIGNA stellt seine Neubau-Pläne als soziales und alternatives Projekt vor, doch schon lange formiert sich in der Zivilgesellschaft erheblicher Widerstand gegen die Pläne. Zusammen mit Susanna Kahlefeld und der grünen BVV-Fraktion in Friedrichshain-Kreuzberg fordern wir daher, dass das Planungsrecht auch weiterhin auf Bezirksebene verbleibt und dass es zur Umgestaltung des Hermannplatzes ein ergebnisoffenes, transparentes Beteiligungsverfahren geben soll.

Als Expertin für das Fachgespräch war Theresa Keilhacker eingeladen. Sie ist Architektin bei „Aktiv für Architektur“ mit dem Fachgebiet nachhaltiges Planen und Bauen. Sie bezweifelt die ökologische Bilanz des Neubaus, wie sie von SIGNA veröffentlicht wurde. Die Berechnung der CO2 Bilanz sei kompliziert und in einem so frühen Stadium der Planung kaum möglich. Jeder Abriss sollte soweit es möglich ist aus ökologischen Gesichtspunkten immer in Frage gestellt werden. Zudem sei beim Abriss des Gebäudes am Hermannplatz auch der geltende Denkmalschutz zu beachten.

Dass das Verkehrskonzept des Platzes dringend überarbeitet werden muss, dürfte allen klar sein, eine solche Planung sei aber von den Plänen SIGNAs völlig unabhängig. Da SIGNA beide Vorhaben in seinen Darstellungen oft miteinander verknüpft, ist es also wichtig der Bevölkerung klarzumachen, dass ein verbessertes Verkehrskonzept für den Hermannplatz auch unabhängig von der Planung des Karstadt Gebäudes durchgeführt wird. Keilhacker war bei der Planung für den Checkpoint Charlie beteiligt, auch hier gab es anfangs einen Letter of Intent, dessen Inhalt aber durch ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis gekippt werden konnte. Bei diesem Prozess sei klar geworden, so Keilhacker, dass Berlin sich nicht von Investor*innen unter Druck setzen lassen muss, sondern die Gestaltungshoheit von für die Stadt wichtigen Plätzen behalten muss. Die Festschreibung von sozialer Bodennutzung in B-Plan-Verfahren sei eine Möglichkeit dazu.

Beim Fachgespräch mit dabei war auch Hülya Kilic, seit 13 Jahren Inhaberin eines Ladens in der Oranienstraße und bei der Initiative Oranienstraße Kreuzberg 36 (IOK36) aktiv. Sie hebt hervor, dass durch den geplanten SIGNA Neubau die Preise für Mieter*innen und Gewerbetreibende der Umgebung massiv in die Höhe getrieben werden würden, was den Kiez langfristig und unumkehrbar verändern würde. In der Umgebung gäbe es zudem eine große Diversität, u.a. besonders viele Ladeninhaber*innen und Mieter*innen mit Migrationshintergrund, die durch eine solche Entwicklung von Verdrängung bedroht wäre. Sie wünscht sich, dass die Bevölkerung sowie die Ladeninhaber*innen besser vom Bezirk über die Planungen informiert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass große Teile der Bevölkerung gar nicht oder nur durch die SIGNA Kampagne Informationen erhalten. Einem möglichen Beteiligungsprozess stehen Kilic und viele weitere Teilnehmer*innen der Runde mit Skepsis gegenüber, da das bei anderen Projekten wiederholt genutzt worden seien um schon feststehende Pläne zu legitimieren. Keilhacker erläutert, dass sich im Falle vom Checkpoint Charlie das Beteiligungsverfahren bewährt habe, insbesondere dadurch, dass aufsuchende Beteiligung eine große Rolle gespielt hat. So wurden Bewohner*innen und Nutzer*innen einbezogen, die sich ansonsten nicht beteiligt hätten.

Dritter eingeladener Gast war Tobias Losekandt von der Kreativwirtschaftsagentur Berlin. Er berät schon seit Jahren Kunst- und Kreativschaffende in Neukölln und ganz Berlin. Er stellt fest, dass ein großer Teil der Kreativ- und Kulturschaffenden Neuköllns für alternative Lebens- und Arbeitsformen stehen, die durch die derzeitigen Entwicklungen zunehmend bedroht seien. Ein SIGNA Neubau würde diese Bedrohung noch verstärken, da die Mieten dadurch voraussichtlich stärker ansteigen. Allerdings gäbe es, so Losekandt, auch Beispiele, in denen eine Veränderung der Baustruktur durch einen guten Einbezug der Bevölkerung und der Kunst- und Kulturszene eine positive Wirkung auf das Umfeld mit sich gebracht hat. Das Aufbauhaus am Moritzplatz sei so ein Fall. Auch Keilhacker berichtet von einem Gebäude welches durch die Einbeziehung bestehender Strukturen und Bedarfe der Bevölkerung sowie behutsamer Sanierungen einen positiven Effekt auf den Kiez hatte. Das alte Hertie Gebäude in der Turmstraße wurde so aus dem Bestand heraus behutsam entwickelt.

Befürchtungen aus dem Publikum, dass die Karstadt-Angestellten bei einem Nichtzustandekommen des Deals in die Arbeitslosigkeit rutschen würden, sind nachvollziehbar. Allerdings seien die Arbeitsplätze höchstens für ein paar Jahre abgesichert und würden nur einen unsicheren Aufschub der Kündigungen bedeuten, wie in der Diskussion erläutert wird. Dies dürfe kein Argument sein, um mehreren städtebaulich sehr relevanten Bauvorhaben, die die Stadt und die Kieze langfristig verändern, grünes Licht zu geben.

Klar ist, das Thema wird uns auch in den nächsten Monaten noch begleiten. Es ist für die umliegenden Kieze und ihre Entwicklung in den nächsten Jahren ein entscheidender Faktor. Zusammen mit meiner Fraktionskollegin Susanna Kahlefeld planen wir daher, Anfang nächsten Jahres ein weiteres Gespräch zum Thema zu organisieren.

Rigaer Straße 94: Dringlicher Antrag und Debatte um Brandschutzmängel im Plenum

In der letzten Plenarsitzung habe ich mich zu der aktuellen Debatte rund um die Rigaer Straße 94 geäußert. Die CDU hatte einen dringlichen Antrag im Plenum gestellt, nachdem am Dienstag durch einen Bericht von rbb Kontraste unterstellt wurde, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg absichtlich Brandschutzmängel in der Rigaer Straße 94 ignoriert hätte. In dem Antrag wurde dem Bezirksamt vorgeworfen, wissentlich eine angebliche „Gefährdung für Leib und Leben“ für Menschen innerhalb des Gebäudes und für Anwohnende in Kauf genommen zu haben.

Es ist klar, dass Brandschutzmaßnahmen äußerste Wichtigkeit haben – daher werden diese Vorwürfe aktuell genau geprüft. Aber der CDU konnte es nicht schnell genug gehen: Trotz der Bekräftigung des Rechtsamtes des Bezirks vom Vortag, dass das Vorgehen des Bezirkstadtrats und der Bezirksbürgermeisterin als gesetzeskonform einzuschätzen sei, hatte die CDU den dringlichen Antrag gestellt. Das lässt ahnen, dass nicht die Rigaer Straße, sondern vielmehr mal wieder eine Skandalisierung der gemeinwohlorientierten Politik der GRÜNEN und insbesondere das Lieblingsziel von FDP und CDU – Florian Schmidt – im Fokus stand.

Trotzdem bin ich in meiner Plenarrede nur auf die Faktenlage rund um die Rigaer Straße eingegangen. Hier die Argumente im Überblick:

  1. Eine „Gefährdung für Leib und Leben“ lag nach derzeitigem Kenntnisstand nicht vor: Die Polizei hatte Brandschutzmängel am 11. Juli dokumentiert. Diese wurden allerdings erst am 21. September an das Bezirksamt übermittelt. Demnach kann eine akute Gefährdung ausgeschlossen werden, da keine zeitnahe Übermittlung erfolgt.
  2. Die Eigentümerstruktur der Rigaer muss dringend geklärt werden: Der Eigentümer ist grundsätzlich für die Umsetzung der Brandschutzmaßnahmen zuständig. Dieser ist allerdings in dem Fall der Rigaer Straße ungeklärt und konnte so nicht in die Pflicht genommen werden. Interessantes Detail: Der besagte Anwalt, der Akteneinsicht genommen hatte, wurde mehrfach vor Gericht nicht als Vertreter anerkannt.
  3. Das Bezirksamt hatte rechtskonform gehandelt: Das Rechtsamt des Bezirkes hat bestätigt, dass der Ermessensspielraum des Baustadtrats rechtens und eine Abwägungsentscheidung zulässig war.
  4. Berichten zufolge waren nach Besichtigungen vor Ort die bauliche Mängel nicht so gravierend, wie teils dargestellt. So war u.a. ein Mitarbeiter der Bauaufsicht im Haus und auch der Schornsteinfeger stellte keine unmittelbare Gefahr hinsichtlich des Brandschutzes fest.

Meine Rede könnt ihr hier vollständig ansehen (Quelle: rbb):

Zur Volksinitiative „Neue Wege für Berlin“ – Debatte und Beschluss im Plenum

In der letzten Plenarsitzung wurde über die Initiative „Neue Wege für Berlin“ und unterschiedliche Anträge abgestimmt. Das Abgeordnetenhaus hat hierzu mit den Stimmen von rot-rot-grün einen Beschluss gefasst, der zu den Forderungen der Volksinitiative Stellung bezieht. Im Mittelpunkt steht dabei die Forderung der Initiative, ein Sofortprogramm für den Neubau von 100.00 bezahlbarer Wohnungen bis 2030 aufzulegen.

Das hört sich auf den ersten Blick vernünftig an, auch ich setze mich für eine Erweiterung des sozialen Neubaus ein. Als rot-rot-grüne Koalition haben wir die Neubauförderung für Sozialwohnungen in den letzten Jahren ausgebaut. Auch sind die im letzten Jahr die Zahl der Neubauwohnungen insgesamt um 16,8 Prozent gestiegen und bis 2030 sind 30.000 weitere geplant.

Leider gilt immer noch, dass zwar viel gebaut wird in der Stadt, aber zu oft am Bedarf vorbei. Denn entscheidend ist, WER baut und FÜR WEN gebaut wird. Wenn man sich näher mit den Forderungen der Initiative beschäftigt, sieht man, dass der Teufel im Detail liegt: Vor allem kritisiere ich, dass die Initiative von den jährlich zu fördernden 12.500 Wohnungen 7500 für die sogenannte Mittelschicht und nur 5000 für den sozialen Wohnbau fordert.

Außerdem soll nach der Initiative die Preisbindung für die gebauten Wohnungen nur für 30 Jahre gelten. Das reicht bei weitem nicht aus, um auch langfristig bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Anstatt Neubau bei privaten Investoren zu fördern, sollte es also Priorität sein, die Kooperation mit Genossenschaften und weiteren gemeinwohlorientierten Akteuren wie z.B. dem Mietshäusersyndikat auszubauen und die enge Zusammenarbeit mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften weiter zu stärken.

Auffällig ist auch, dass sich die Initiative explizit gegen Bestandsschutz stellt und den Mietendeckel und das Volksbegehren zur Enteignung von großer Wohnunternehmen angreift. Wer sich wirklich für die bezahlbaren Wohnraum in Berlin einsetzt, sollte aber auch diese Maßnahmen unterstützen.

Bevor das Abgeordnetenhaus über die Entschließung der Volksinitiative abgestimmt hat, gab es eine Aussprache der Fraktionen. Meine Rede vor dem Beschluss könnt ihr nachschauen. (Quelle: rbb)

Besonders interessant war natürlich, dass Herr Evers von der CDU nicht auf meine Frage nach den Neubauzahlen in den CDU-geführten Bezirken eingegangen ist. Es ist nämlich so, dass Herr Evers auf der einen Seite fehlende Neubautätigkeit kritisiert, aber Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf mit CDU-Baustadträt*innen am schlechtesten abschneiden: In Steglitz-Zehlendorf wurden 2018 lediglich 624 Neubauwohnungen genehmigt, in Reinickendorf sogar nur 619. Der berlinweite Durchschnitt liegt bei 1773 Wohnungen.