Nachbesserung des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes: Der Schutz von Wohnraum bekommt größte Priorität

Die Koalitionsfraktionen haben das Gesetz zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum verschärft. Der Erhalt von Wohnraum zu Wohnzwecken bekommt dabei höchste Priorität , aber auch die Rückgewinnung. Aufgrund mangelhafter Regelungen und vieler Praxiserfahrungen ist dies notwendig.

Trotz des Zweckentfremdunsverbotsgesetzes erleben wir stadtweit eine Zunahme von spekulativem Leerstand von Wohnraum und legalen Abrissen, aber auch von Untervermietungen als Ferienwohnungen. Seit 2014 wurden zwar insgesamt wieder ca. 8000 Wohnungen dem Mietwohnungsmarkt zugeführt, das ist jedoch angesichts des Wohnraummangels in der Stadt nicht ausreichend.

Meine Rede im Plenum zu den Änderungen des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes gibt es hier (Quelle des Videos: rbb):

Wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, wird bestehender Wohnraum zukünftig stärker vor Abriss und spekulativem Leerstand geschützt: Bisher galt, dass bei einem Abriss jeder beliebige Neubau als Ersatzwohnraum anerkannt werden musste. Hier ist eine haarscharfe Klarstellung notwendig: Nur wenn neuer Wohnraum im gleichen Bezirk und mit vergleichbaren Mietpreisen geschaffen wird, soll dieser als Ersatzwohnraum anerkannt werden. So wollen wir den finanziellen Fehlanreiz beseitigen, der bisher bestand, weil keinerlei Bedingungen an den Ersatzwohnraum gestellt wurden. Zwar ist diese Regelung sehr weitgehend, doch notwendig, damit die Konzentration der Ferienwohnungen auf die Innenstadtbezirke nicht weiter angeheizt wird. Zudem werden die genehmigungsfreien Leerstands-Fristen von sechs auf drei Monate verkürzt, damit die Bezirke früher einschreiten können.

Auch werden die Regeln zum Rückbau und zur Wiederherstellung von Wohnraum nach Verstößen gegen das Zweckentfremdungs-Verbotsgesetz verschärft. Um Verstöße gegen das Gesetz bei wiederholter Missachtung zukünftig schlagkräftiger ahnden zu können, wird ein sogenanntes Treuhänder-Modell eingeführt: Wird der Aufforderung zur Beseitigung einer Zweckentfremdung nicht nachgekommen und helfen andere Sanktionen nicht, dann soll zukünftig als letztes Mittel ein Treuhänder für die entsprechenden Wohnungen oder Gebäude eingesetzt werden. Der Treuhänder sorgt dann für die Sicherung der Wohnnutzung. Unbestritten dabei ist, dass das Land die Bezirke dabei mit Personal und finanziellen Mitteln unterstützen muss, damit das Instrument überhaupt zur Anwendung kommen kann.

Ebenso werden die Geldbußen bei Verstößen – nach Münchner Vorbild – auf bis zu 500.000 Euro erhöht. Denn Abriss, spekulativer Leerstand oder illegale Ferienwohnung sind oft so profitabel, dass die bisher verhängten Geldstrafen einfach hingenommen werden.

Bei den Ferienwohnungen hat sich die rot-rot-grüne Koalition für die Beibehaltung der Genehmigungspflicht und für die Einführung von Registriernummern entschieden. Damit wird einerseits „Homesharing“ zugelassen, andererseits aber das Geschäftsmodell „Ferienwohnungen“ so weit wie möglich unterbunden. Berliner*innen, die ihre Hauptwohnung Dritten überlassen wollen, können das zeitweise tun, jedoch müssen sie wie bisher eine Genehmigung dafür beantragen und die Gründe dafür darlegen. Dabei hat sich die Koalition gegen eine feste Tagesregelung entschieden, um individuelle Lösungen zu ermöglichen. Nach heftigen Protesten der Bezirke war es besonders wichtig die Genehmigungspflicht aufrecht zu erhalten. Nur wenn die Unterlagen vorab eingereicht werden, kann eine Kontrollierbarkeit der Behörden gewährleistet werden. Zusätzlich soll eine Registriernummer beim Anbieten auf den Portalen die Kontrollierbarkeit für die Bezirke verbessern.

Im Gegensatz dazu werden bei den Zweit- beziehungsweise Nebenwohnungen die Möglichkeiten diese als Ferienwohnungen zu vermieten auf 90 Tage eingeschränkt. Die bisherige Rechtssprechung hatte bis zu 182 Tage pro Jahr erlaubt, weil der Gesetzgeber das bisher nicht beschränkt hatte. Da bei einer Nebenwohnung die Eigentumsfreiheit geringer ist, halten wir eine Begrenzung von 90 Tagen für angebracht. Damit wollen wir dem Trend entgegenwirken, dass Wohnungen in Berlin gekauft, und mit dem Vermieten als Ferienwohnung die Kredite schneller abbezahlt werden statt sie normal zu vermieten.

Besonders notwendig ist die Streichung der sogenannten Genehmigungsfiktion. Mit dieser Regelung sollten Genehmigungen für Ferienwohnungen automatisch als erteilt gelten, wenn die Bezirksämter nicht binnen 14 Wochen widersprechen. Diese Regelung war von Anfang an ein Konstruktionsfehler, denn es kann nicht sein, dass der Poststempel darüber entscheidet, ob und wo eine Ferienwohnung erlaubt ist.

Mit all diesen gesetzlichen Änderungen nutzen wir als Rot-Rot-Grün die uns zur Verfügung stehenden Mittel, um eine konsequente Wohnungspolitik im Sinne der Mieter*innen zu machen.

Spekulation am Mehringdamm 67: Haus für 7,1 Mio. versteigert – Vorkaufsrecht wird geprüft

Am 21. März wurde in einer Zwangsversteigerung zur Aufhebung der bisher bestehenden Eigentümergemeinschaft das Mietshaus Mehringdamm 67 mit 27 Wohnungen und drei Gewerbeeinheiten wurde für spekulative 7,1 Millionen Euro vom Amtsgericht an eine private Bietergemeinschaft verkauft. Damit liegt der Verkaufspreis über 40 Prozent über dem vom Amtsgericht festgestellten Verkehrswert von 5 Millionen Euro. Dabei war bereits dieser Wert umstritten und einer im Vorfeld vom Bezirksamt vorgenommenen Bewertung des Verkehrswertgutachtens zu hoch angesetzt.

Der jetzt deutlich höhere spekulative Verkaufspreis aus der Versteigerung lässt vermuten, dass dieser durch teure Modernisierungen, Verdrängung der Altmieter, Aufteilung in Eigentumswohnungen und Mietsteigerungen refinanziert werden soll. Bestärkt wird diese Befürchtung durch die Tatsache, dass mindestens zwei der drei Akteure der privaten Bietergemeinschaft, die vom Amtsgericht den Zuschlag erhielt, durch Entmietung und Verstöße gegen den Milieuschutz im Bezirk bereits auffällig geworden sind.

Einmal mehr droht damit preiswerter Wohnraum verloren zu gehen und die bisherigen Mieter*innen aus ihren oft seit Jahrzehnten genutzten Wohnungen verdrängt zu werden. Neben den Bewohner*innen gehören dazu auch die traditionsreiche Kreuzberger Kneipe „Destille“, die seit über 130 Jahren eine zentrale Institution des Bergmannkiezes ist, sowie die bereits einmal aus der Bergmannstraße verdrängte Espresso Lounge.

Zusammen mit den Mieter*innen habe ich mich dafür stark gemacht, dass auch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft mitbietet. Das hat zwar leider nicht geklappt. Das Bezirksamt hat aber bereits im Vorfeld angekündigt, das Vorkaufsrecht nach einer Versteigerung zu prüfen, z.B. in Zusammenarbeit mit einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft. Ziel muss sein, die Mieter*innen vor Verdrängung zu schützen. Dafür müssen alle zur Verfügung stehenden Instrumente konsequent genutzt werden. Auch eventuell zu schließende Abwendungsvereinbarungen müssen entsprechend streng im Sinne der Mieter*innen und der Gewerbetreibenden festgelegt werden.

Land und Bezirk müssen gemeinsam gegen spekulative Verkäufe vorgehen. Bei der massiven Überschreitung von über 40 Prozent des Verkehrswertes muss auch eine preislimitierende Ausübung des Vorkaufsrechts zum Verkehrswert in Erwägung gezogen werden. Zwar bestehen rechtlich unterschiedliche Auffassungen, ob das bei Versteigerungen möglich ist. Diese Frage muss aber anhand dieses Falles notfalls in einem Klageverfahren bis in die höchste Instanz geklärt werden.

Gleichzeitig steht dieser Fall exemplarisch für einen Teil der dringend nötigen Reformen, die auf Bundesebene nötig sind, um die Mieter*innen wirksam vor Verdrängung und steigenden Mieten zu schützen: Abschaffung der Modernisierungsumlage in ihrer bisherigen Form, wirksame Mietpreisbremse ohne Ausnahmen, Verkehrswertberechnung ohne spekulative Elemente, Abschaffung der Ausnahmen der Umwandlungsverordnung.

Wohnpolitischer Aufruf anläßlich der Sondierungen zwischen CDU/CSU und SPD

Sondierungen/Verhandlungen über eine neue GROKO

„Eine schlechte Wohnung macht brave Leute verächtlich.“
(Johann Wolfgang von Goethe, Was wir bringen, Lauchstädt 3, 1802)

Was Goethe schon 1802 wusste, kann den Spitzen der Politik heute nicht verborgen sein. Die Verfügung über Wohnraum ist existentiell. Niemandem dürfte entgangen sein, dass heute insbesondere in deutschen Städten bezahlbarer Wohnraum ein knappes Gut ist. Die Mietpreise explodieren und entwickeln sich um ein Vielfaches schneller als die Einkommen. Diese Entwicklung bedroht in vielen Städten ihre Bewohner*innen. Und die Konsequenzen bedrohen auch die Städte. Keine Stadt wird mehr so sein, wie wir sie mögen, wenn nur Geld entscheidet, wer wo wohnt. Die Wohnungsfrage ist heute eine der wichtigsten sozialen Fragen, die jetzt geregelt werden muss. Sie betrifft besonders in Städten optional alle, die nicht reich sind. Damit liegt auch die Demokratiefrage auf dem Tisch. Wer regiert für wen?

Wir richten diesen Appell an die Verhandler*innen über eine mögliche neue Große Koalition. Die Wohnungsversorgung ist eine öffentliche Aufgabe und kann nicht allein dem Markt überlassen werden. Stellen Sie sich dieser Verantwortung! Verweigern Sie sich nicht, denn dies wird gravierende Folgen für die Mieter*innen und den Zusammenhalt in den Städten haben, aber auch für die Verhandler*innen selbst. Politisch. Nachhaltig. Keine Regelungen für Mieter*innen ist ein Statement gegen sie.

10 Punkte sind von der neuen Bundesregierung unabdingbar zu regeln:

  1. Leistbares Wohnen muss vom Bund stärker gefördert werden – auch über 2019 hinaus. Die Mittel für geförderten Wohnungsbau müssen deutlich aufgestockt werden – insbesondere für Ballungszentren.
  2. Der Bund unterlässt grundsätzlich, selbst als Preistreiber am Markt aktiv zu sein durch den Verkauf öffentlicher Liegenschaften zum Höchstpreis. Er verpflichtet sich, alle öffentlichen Liegenschaften im Besitz der BIMA vorrangig den Kommunen preisgünstig zur Verfügung zu stellen.
  3. Der Bund schafft alle Steuervorteile für Immobilienverkäufe ab, um der Spekulation mit Immobilien zu begegnen. Die Grunderwerbssteuer wird für alle Verkäufe verpflichtend. Daher Abschaffung der
    • Vorteile bei anteiligen Immobilienverkäufe (share deals),
    • Vorteile bei Immobilienverkäufen nach zehn Jahren.
  4. Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit zur steuerlichen Begünstigung von gemeinwohlorientierten Bauträgern, die preiswerten Wohnraum mit dauerhaften Belegungsbindungen schaffen und sichern.
  5. Der Mietspiegel muss preiswertere Bestandsmieten einbeziehen, damit er nicht mehr nur die Mietsteigerungen der letzten vier Jahre abbildet.
    • Erfassungszeitraum bei Neuverträgen/Vertragsänderungen auf mindestens zehn Jahre ausweiten
    • Erlass verbindlicher Kriterien des Bundes als Vorgabe für einen qualifizierten und verbindlichen Mietspiegel, den alle Kommunen verbindlich einführen.
  6. Die Mietpreisbremse muss Wirkungsmacht entfalten können. Dazu müssen alle Ausnahmeregelungen gestrichen und die Vermieter in die Pflicht genommen werden. Sie muss über 2020 entfristet werden.
    • der Vermieter muss rechtlich verbindlich die Vormiete nachweisen
    • rückwirkender Anspruch des Mieters auf Erstattung bereits geleisteter Überzahlungen
    • möblierte Wohnungen werden einbezogen.
  7. Die Modernisierungsumlage muss deutlich gesenkt, insgesamt gekappt und befristet werden, da sie zur Verdrängung missbraucht wird.
    • die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von energetischen Modernisierungen müssen nachgewiesen und die Betriebskosten gesenkt werden.
  8. Mieterhöhungen müssen begrenzt werden. Kappung von Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserungen von maximal 15 Prozent innerhalb von fünf Jahren.
  9. Das Baugesetzbuch wird reformiert, um Kommunen einen wirkungs-vollen Milieuschutz zu gewährleisten (Erhaltungsverordnung nach § 172 BauGB).
    • gestrichen wird die Genehmigungsfreiheit für Umwandlungen in Eigentumswohnungen durch Vorkaufsrecht des Mieters innerhalb von sieben Jahren, da sie regelhaft missbraucht wird. Wird das Schlupfloch nicht gestopft, können Umwandlungen in Milieuschutzgebieten trotz Umwandlungsverbot nicht verhindert werden, obwohl Mieter die Wohnung nicht kaufen.
    • eingefügt wird, dass auch Kleingewerbe und soziale Träger einem Schutz und besonderer Mietregelungen unterliegen, um aus städtebaulichen Erhaltungsgründen und/oder dem Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung eine bestimmte gewerbliche Nutzung zu erhalten.
  10. Eine zeitgemäße Bodenpolitik muss Grundstücke aktivieren und Spekulation verhindern. Die anstehende Reform der Grundsteuer sollte dafür genutzt werden.

Berlin, 14. Januar 2018

Gaby Gottwald, MdA, Abgeordnetenhaus von Berlin, Die LINKE Friedrichshain-Kreuzberg
Katrin Schmidberger, MdA, Abgeordnetenhaus von Berlin, Bündnis 90/Die Grünen Friedrichshain-Kreuzberg

Der komplette Aufruf und die Liste der Unterstützer*innen kann hier abgerufen werden.

Reformpaket im Bundesrat für mehr Mieter*innenschutz – Antrag eingebracht

Mieterinnen und Mieter besser schützen – preiswerten Wohnraum erhalten“, so lautet der Titel unseres Antrags, den wir vergangene Woche ins Parlament eingebracht haben. Darin fordern wir den Senat auf, unverzüglich im Bundesrat ein Reformpaket zum Schutz der Mieterinnen und Mieter vorzulegen. Die Ziele sind: Abschaffung der Ausnahmen bei der Mietpreisbremse sowie die Einbeziehung von möblierten Wohnungen, Kappung von Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserungen auf maximal 15 Prozent innerhalb von fünf Jahren,  Absenkung der Modernisierungsumlage von derzeit elf auf künftig sechs Prozent und Einführung einer zeitlichen Befristung der Umlage bis zur vollständigen Refinanzierung, Stärkung des Mietspiegels und Erweiterung des Bezugszeitraums von vier auf zehn Jahre.

Meine Rede zum Antrag im Plenum gibt es hier:

(Quelle des Videos: rbb)