Versprochen? Gebrochen! Senat blockiert Bau eines Atelierhaus in der Osdorfer 17/18

Letzten Freitag war ich in der Osdorfer Str 17/18 in Steglitz-Zehlendorf. Dort sollten eigentlich 25 Ateliers entstehen, das Land Berlin hatte das Grundstück 2019 ausgeschrieben und die Genossenschaft Eine für Alle eG hatte mit ihrem Konzept eines Atelierhauses gewonnen. Aus heiterem Himmel hat die neue Koalition dann beschlossen, das Projekt doch nicht umzusetzen – ohne echte Begründung und ohne eine Alternativplanung.

Fest steht: Das Land Berlin hat einen erheblichen Bedarf an Atelierräumen, aktuell fehlen insgesamt fast 2600 Ateliers in ganz Berlin und die Osdorfer 17/18 wäre der perfekte Ort, um dauerhaft bezahlbare Räume für Künstler*innen zu schaffen.

Außerdem kann es nicht sein, dass Schwarz-Rot ein über 4-jähriges Verfahren im letzten Moment kippt und einer Genossenschaft sehr hohe Kosten und viel Ärger macht. Wir finden, dass man so mit gemeinwohlorientierten Akteuren nicht umgehen kann. Das schafft sicher kein Vertrauen in „die Politik“.

Gemeinsam mit Vertreter*innen der Eine für Alle eG und Künstler*innen sowie meiner Kollegin aus dem AGH Daniela Billig und zwei grünen Mitgliedern der BVV SteZe haben wir uns am Freitag beraten, ob und wie man Schwarz-Rot doch noch dazu bewegen kann, das Atelierhaus umzusetzen. Nicht nur die Künstler*innen, auch die Nachbarschaft würde sich sehr freuen.

Tuntenhaus gerettet – Vorkaufsrecht durch Pankow erfolgreich gezogen – Gratulation und Danke an alle Beteiligten

Wir sind erleichtert und freuen uns sehr für die Tunten. Denn das Tuntenhaus ist dank einer Stiftung nun gerettet, das Vorkaufsrecht konnte durch den Bezirk erfolgreich vorbereitet und nun auch gezogen werden. Nach drei Monaten des Bangens und Kämpfens hat auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen grünes Licht gegeben. Damit kann ein Stück alternatives Berlin und eine langjährige Institution der queeren Szene gesichert werden. Ich gratuliere vor allem den aktiven Bewohner*innen, die mit buntem Protest, unerschütterlichem Glamour und Glitzer sowie hartnäckigem Engagement beharrlich für den Erhalt ihres Hauses gekämpft haben. Unzählige Demonstrationen (in Berlin und Bayern), kreative Öffentlichkeitsarbeit sowie eindringliche Appelle an die Landes- und Bezirkspolitik haben mit dazu geführt, dass sogar Schwarz-Rot hier das Vorkaufsrecht für das Haus in der Kastanienallee 86 befürwortet hat.   
Dieser Erfolg hat viele Mütter und Väter: Der Bezirk und die beiden Senatsverwaltungen haben erfolgreich an einem Strang gezogen und gezeigt: Da wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg, um Häuser zu retten. Aber auch die Genossenschaft Selbstbau eG und die Stiftung Edith Maryon haben von Anfang an das Haus mutig unterstützt und somit den Erfolg des Vorkaufsrechts erst ermöglicht.

Klar ist: Das Tuntenhaus darf kein Einzelfall bleiben. Der Senat steht in der Pflicht, gemeinsam mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen, den Genossenschaften, Stiftungen und anderen gemeinwohlorientierten Akteur*innen eine berlinweite Ankaufsstrategie zu entwickeln. Es muss Priorität des Senats werden, so viel wie möglich der bedrohten Häuser dem freien Markt und damit der Immobilienspekulation zu entziehen und in gemeinwohlorientierte Hand zu bringen. Denn nur ein mehrheitlich gemeinwohlorientierter Wohnungsmarkt kann zu dauerhaft stabilen Mieten und sozialen Kiezen nach Wiener Vorbild führen.

Bezahlbaren Wohnraum schützen – Verdrängung durch Abriss verhindern!

Letzten Samstag (27.04.2024) habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Jian Omar und einigen solidarischen Nachbar*innen und Mieter-Inis die verbliebenen Mieter*innen der Jagowstr. 35 besucht. Diese ist Eigentum der Jagowstraße 35 Immobilienverwaltungs GmbH, die einem bekannten Musikproduzenten sowie einem etablierten Konzertveranstalter gehört. Bis zu einem Tagesspiegel Artikel zu dem geplanten Teilabriss im März 2023 war auch eine sehr bekannte deutsche Sängerin Mit-Geschäftsführerin der Immobilienverwaltungs GmbH. Die Mieter*innen hatten um Unterstützung gebeten, weil ihre Wohnungen vom Rechtsanwalt der Eigentümer, Herrn Jotzo (ehemals Mitglied des Berliner Abgeordnetenhaus und wohnungspolitischer Sprecher für die FDP), besichtigt wurden. Dieser sollte für die Eigentümer feststellen, in welchem Umfang die Miete erhöht werden dürfte. Begründet wurde die Begehung mit einer anstehenden Modernisierung. Das Vorderhaus wollen die Eigentümer abreißen lassen und durch einen teuren Neubau mit Tiefgarage ersetzen. Und das, obwohl das Gebäude auch leicht saniert und aufgestockt werden könnte. Unter dem Vorwand, es würden ja mehr Wohnungen entstehen, sollen die Bestandsmieter*innen weichen – angekündigt sind 24 Monate in Umsetzwohnungen. Die Wohnungen sind bereits als Eigentumswohnungen aufgeteilt und sollen nach Modernisierung bzw. Neubau weiterverkauft werden. Als die Eigentümer das Haus 2019 gekauft haben, wurde den Mieter*innen noch angekündigt, man wolle ein verantwortungsvoller Bestandshalter sein. Im Jahr 2024 soll nun preiswerter, bestehender Wohnraum abgerissen werden und den Mieter*innen droht die Verdrängung. Andere Beispiele belegen, dass der neue Wohnraum nach Modernisierung bzw. Neubau oft gar nicht mehr bezahlbar für die Mieter*innen ist. Für die Mieter*innen in der Jagowstraße 35 würde das einen gezwungenen Wegzug aus dem sozialen Umfeld bedeuten.

Man darf sicher fragen, warum die Eigentümer solche Geschäftsmodelle auf Kosten der Mieter*innen verfolgen, wie viel Rendite denn erwartet wird und ob die beiden Eigentümer sich nicht besser auf ihr eigentliches berufliches Standbein Musikproduktion und Konzertveranstaltungen konzentrieren sollten, wenn sie so mit Mieter*innen umgehen? Deshalb fordere ich die Eigentümer auf, das Gebäude zu erhalten und behutsam zu sanieren. Denn auch ohne Abriss und Luxussanierung müssen sie sich sicherlich keine Sorge um ihre Existenz machen.

Dieses Beispiel verdeutlicht erneut, wie dringend eine Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes und der Bauordnung sind. Deshalb hatten wir das „Am besten nicht abreißen – Gesetz“ eingebracht, welches Abriss von intaktem Wohnraum zur Ausnahme machen soll und strenge, soziale Auflagen macht, wenn es zu Abriss kommt.

Das ganze Gesetz findet man hier: Beschlussempfehlung – sw19-0173-v.pdf

Siehe auch: Am besten nicht abreißen! – Gesetz für den Erhalt und Schutz von Wohnraum vor Abriss längst überfällig – Katrin Schmidberger

PM: Zukunft des „Tuntenhauses“ muss gesichert werden!

Grüne und Linke Fraktionen fordern Senat auf, das Vorkaufsrecht für die Kastanienallee 86 zu unterstützen – Soziokulturelles queeres Wohnprojekt „Tuntenhaus“ muss dauerhaft gesichert werden

Dazu erklären die folgenden grünen und linken Fraktionsmitglieder Katrin Schmidberger (Sprecherin für Wohnen und Mieten), Daniela Billig (Wahlkeisabgeordnete), Sebastian Walter (Sprecher für Queerpolitik), Niklas Schenker (Sprecher für Wohnen und Mieten), Elif Eralp (Vorsitzende Ausschuss Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen) sowie Klaus Lederer (Sprecher für Queerpolitik):

Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke fordern in einem Antrag für das nächste Plenum (Donnerstag 21.3.2024) den Senat auf, den Bezirk Pankow dabei zu unterstützen, sein kommunales Vorkaufsrecht für das soziokulturelle, queere Wohnprojekt, auch bekannt als „Tuntenhaus“, in der Kastanienallee 86 auszuüben – zugunsten einer Genossenschaft, einer Stiftung oder eines landeseigenen Wohnungsunternehmens.

Da das Haus einen deutlichen städtebaulichen Missstand im sog. Milieuschutzgebiet aufweist, kann das Vorkaufsrecht gezogen werden. Das heißt aber auch, dass wenn das Vorkaufsrecht nicht gezogen wird, den Bewohner*innen wohl überteuerte Modernisierungen und damit Verdrängung sowie das „Aus“ des Wohnprojekts drohen.

Beim „Tuntenhaus“ handelt es sich um das älteste queere Wohnprojekt in der Stadt (seit 1990). Wer die queere Vielfalt in unserer Stadt fördern und erhalten will, so jedenfalls das Bekenntnis des Regierenden Bürgermeisters bei seinem Amtsantritt, muss das Haus aus der Spekulationsspirale holen und in gemeinwohlorientierte Hand bringen. Nur so können die Bewohner*innen und das Projekt dauerhaft gesichert werden.

Der Bezirk ist stark engagiert und tut bereits alles, was an Vorbereitungen notwendig ist, um das Vorkaufsrecht zu ziehen. Jetzt muss auch der Senat seine Hausaufgaben machen und die notwendigen Gelder – Zuschuss an ein landeseigenes Wohnungsunternehmen oder die Genossenschaftsförderung – zur Verfügung stellen. Die Zeit drängt, denn die Frist für das Vorkaufsrecht läuft bereits Mitte Mai aus. Es kann nicht sein, dass Schwarz-Rot das ohnehin stark eingeschränkte Vorkaufsrecht nicht mehr nutzen will obwohl sie sich dazu im Koalitionsvertrag bekannt haben. Durch seine Verweigerung, finanzielle Mittel bereit zu stellen, droht der Senat das Vorkaufsrecht ganz zu beerdigen. Das wäre eine vertane Chance. Das kann sich der Mieterschutz in Berlin nicht leisten und ist angesichts der neuen erschreckenden Ergebnisse des IBB-Wohnungsmarktberichts unverantwortlich. Die mittlere Angebotsmiete in Pankow liegt bei knapp 15 Euro/qm, wobei das obere Drittel davon bereits bei 25 Euro/qm liegt.