Ein Jahr Berliner Mietendeckel – Vollzug sicherstellen und Weiterentwicklung jetzt angehen!

Die Corona-Pandemie macht einmal mehr deutlich, wie wichtig ein sicheres Zuhause ist. Der vor einem Jahr in Kraft getretene Mietendeckel ist hier ein wichtiges Schutzinstrument, das Verdrängung vorbeugt und bis zu 1,5 Millionen Berliner Haushalte entlastet, indem er sie bis 2025 vor überzogenen Mieterhöhungen schützt. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat nach langen Verhandlungen mit diesem Gesetz juristisches Neuland betreten, um die Menschen in unserer Stadt so gut wie möglich vor Verdrängung aus dem eigenen Zuhause zu schützen, aber auch um das Primat der Politik wiederherzustellen. Denn Wohnungen dürfen keine reinen Anlageobjekte sein, Wohnungspolitik ist öffentliche Daseinsvorsorge und das Grundrecht auf Wohnen muss durch Rot-Rot-Grün gewährleistet werden. Der Mietenedeckel ist also zugleich ein politischer Auftrag für die gesamte Koalition, weiterhin alles zu tun, damit wir eine gemischte, solidarische Stadtgesellschaft bleiben.

Vor allem weil die Immobilien- und Bodenpreise in ungesundem Maße gestiegen sind, so dass kostengünstiger Neubau de facto verhindert wird sowie Bestandswohnungen sich exorbitant verteuerten und Menschen verdrängt werden, ist der Mietendeckel eine konsequente Notbremse. Diese ist notwendig, damit der Berliner Wohnungsmarkt nicht noch mehr aus den Fugen gerät. Denn Berlin ist leider auch die Hauptstadt der Immobilienspekulation.

Wenngleich die Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht noch aussteht, sind die Neuvertragsmieten in Berlin durch den Mietendeckel entgegen dem allgemeinen Städtetrend gesunken und Bestandsmieten wurden eingefroren. Die Grundstückspreise sind nicht mehr so stark gestiegen und teilweise sogar gesunken. Auch scheinen sich die meisten Vermieter*innen an das Gesetz zu halten, es gibt bisher relativ wenige Härtefälle und es gibt erste Anzeichen, dass sich einige renditeorientierte Geschäftsmodelle aus Berlin zurück ziehen. Diese Geschäftsmodelle schaden unserer Stadt auch deshalb, weil sie durch die hohen Mieten die Kaufkraft der Berliner*innen schwächen, wenn diese einen immer größer werdenden Anteil ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen.

Die guten Signale können jedoch nicht über die bestehenden Vollzugsdefizite bei der Durchsetzung des Mietendeckels hinwegtäuschen: Ob Schattenmietklauseln, illegale „Abschlagszahlungen“ für Möbel oder Kündigungsdrohungen bei Mietabsenkungen – diese Umgehungen sind nicht hinzunehmen und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen steht hier in der Pflicht, die Menschen zu unterstützen, als auch selbst als Behörde Verstöße konsequent zu ahnden. Hier sehen wir noch Luft nach oben.

Die Untersagungserklärung des Bezirks Pankow gegen die Verwendung von Schattenmietklauseln unterstützen wir ausdrücklich. Diesem Vorbild sollten jetzt die anderen Behörden folgen. Auch deshalb war es uns Grünen immer wichtig, dass auch Bezirke gesetzlich die Möglichkeit bekommen, bei Bedarf juristisch gegen Verstöße gegen den Mietendeckel vorzugehen. Ein Gesetz kann seine volle Wirkung nur dann entfalten, wenn es konsequent umgesetzt wird. Die Informationen für die Berliner*innen rund um den Mietendeckel müssen weiter ausgebaut werden, weil viele nicht wissen, welche Rechte sie haben. Allen Berliner*innen raten wir, sich bei Bedarf juristischen Rat zu holen, dazu haben wir in allen Bezirken kostenfreie Beratungsstellen eingerichtet.

Bereits heute muss man die Weiterentwicklung des Mietendeckels vorbereiten: Mit der gesetzlichen Einführung eines Wohn- und Mietkatasters wollen wir alle Miethöhen sowie die Ausstattungsmerkmale von Wohnraum digital und transparent erfassen und damit den Mietendeckel nicht nur besser kontrollieren, sondern ihn auch nach 2025 weiterentwickeln. Für uns ist klar: Wir können den Mietendeckel nicht einfach auslaufen lassen solange der Berliner Wohnungsmarkt so angespannt ist. Die umfassende Datenlage, die ein Wohn-und Mietkataster bereitstellt, kann dazu genutzt werden, zielgenau Mieterhöhungen zu begrenzen – und damit quasi einen Mietendeckel 2.0 zu schaffen. Solange wir Verdrängung durch Immobilienspekulation erleben und der Bundesgesetzgeber all die Schutzlücken nicht schließt, brauchen wir eine Regulierung durch ein öffentliches Preisrecht im Wohnungswesen.

Auch der geförderte Neubau für die vielen WBS-berechtigten Haushalte sowie der Neubau für breite Schichten insgesamt muss durch R2G weiter vorangetrieben werden. Auch hier gibt es Licht und Schatten: anders als von der Opposition behauptet, ist der Neubau in Berlin laut Baugenehmigungszahlen nach dem Beschluss des Mietendeckels im Jahr 2020 nicht „eingebrochen“: „Mit 15 414 (+0,6 Prozent) gemeldeten Wohnungen blieb die Anzahl der von Januar bis September 2020 genehmigten Wohnungen auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums“, teilt das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mit.

Wir haben im Land Berlin die Förderungen für WBS-Wohnungen nicht nur jedes Jahr aufgestockt, auf jetzt bis zu 5.000 Wohnungen pro Jahr, auch die Förderkonditionen wurden zumindest etwas verbessert . Das ist noch nicht ausreichend. Vor allem die Förderung für Genossenschaften müsste weiter ausgebaut und auch in ihrer Fördersystematik deutlich verbessert werden. Auch braucht es eine Öffnung für Projekte wie das Mietshäusersyndikat. Auch sollten Transferbezieher*innen Bürgschaften bekommen, damit auch sie die teils hohen Einlagen des Genossenschaften bezahlen können. Bei der Grundstücksvergabe bzw. den Konzeptverfahren im Erbbaurecht muss es zügiger voran gehen und auch hier braucht es verlässliche langfristige Absprachen von Seiten des Senats. Städte wie München, Wien, Basel, Hamburg oder Münster zeigen doch, wie eine aktive Bodenpolitik geht. Wir müssen alles dafür tun, um das Potential der bestehenden Genossenschaften von bis zu 5.000 Neubauwohnungen pro Jahr zu heben. Wenn das Ziel des Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen 2030 erfüllt werden soll, dass bis dahin jede zweite Neubauwohnung gemeinwohlorientiert bzw. gemeinnützig ausgerichtet ist, brauchen wir dafür einen konkreten Stufenplan, wie wir dahin kommen.

Die Landeseigenen Wohnungsunternehmen konnten ihre Baufertigstellungen von 1.300 Wohnungen im Jahr 2016 auf 5.792 im Jahr 2020 zwar erhöhen. Und durch einen Mix aus Neubau und Ankauf hat sich die Anzahl der Wohnungen in öffentlicher Hand um rund 38.500 Wohnungen auf insgesamt 336.238 Wohnungen erhöht. Die Planungen gehen aber weiter: Anfang 2017 waren ca. 33.000 Wohnungen in Planung und Bau, heute sind es über 63.000. Aber auch hier gilt es jetzt, nicht nachzulassen.

Erst wenn mindestens 50 Prozent des Berliner Wohnungsbestandes nach Wiener Vorbild so ausgerichtet sind, dass preisgünstige Wohnungen dauerhaft breiten Schichten zur Verfügung stehen und wir die Spekulation mit Wohnraum z.B. durch eine neue Wohngemeinnützigkeit und durch ordentliche Steuerregeln und einen transparenten Wohnungsmarkt deutlich ausgebremst haben und so eine deutliche Marktmacht zur Sicherstellung der sozialen Wohnraumversorgung erreicht haben, haben wir die notwendige Neuausrichtung der Berliner Wohnungspolitik geschafft.

Untersuchungsausschuss zur Diese eG als Wahlkampfinstrument der Opposition

Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP haben kürzlich einen Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses eingebracht, der sich mit dem Vorkaufsrecht sowie der Diese Genossenschaft beschäftigen soll. Hierzu gab es in der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses eine Debatte.

Zwar ist es ein wichtiges Recht der Opposition, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Beim Vorkaufsrecht für die DIESE eG wollen sie aber nichts untersuchen. Stattdessen geht es um Wahlkampf und darum, weiterhin mit Diffamierungen und Vorverurteilungen um sich zu werfen sowie das Instrument des Vorkaufsrechst zu beschädigen. Das wurde auch während der Debatte im Plenum an den Redebeiträgen der Opposition deutlich.

Meinen Redebeitrag dazu gibt’s hier (Quelle: rbb):

Die Opposition stellt dabei seit Monaten Behauptungen auf, für die sie keine Beweise haben, in der Hoffnung, dass etwas Dreck schon hängen bleibt. Dass die Staatsanwaltschaft die Verfahren u.a. gegen Bezirksstadtrat Florian Schmidt eingestellt hat, weil die Staatsanwaltschaft offenbar keinen Grund für Ermittlungen erkennen kann, das wird dabei wider besseres Wissen ignoriert.

Wichtig dabei zu wissen ist, dass der Auslöser für die Ermittlungen mehrere Anzeigen von Sandra von Münster waren. Frau von Münster ist bei der FDP und dort Ortsvorsitzende in Weißensee (laut Webseite der FDP Pankow mit Stand vom 10.11.2020). Zudem ist sie im Vorstand von „Neue Wege für Berlin“ und Mitbegründerin der „AG Eigentum schützen“. Hinzu kommt, dass sie als Anwältin für Immobilienrecht tätig ist und die Interessen von „Immobilienentwicklern“ vertritt.

Gerade angesichts dieser und weiterer engen Verbindungen zur Immobilienlobby bei einigen Oppositionsvertretern wird klar, worum es eigentlich zu gehen scheint: das Problem ist wohl, dass Genossenschaften im Gegensatz zu Aktiengesellschaften zeigen, wie eine andere Form von Immobilienwirtschaft funktioniert, bei der es eben nicht um die maximale Steigerung der Rendite geht – und deswegen ist der Widerstand gegen sie auch so vehement.

Erfolgsmodell Mietendeckel – aktuelle Stunde im Plenum

Bilanz Berliner Mietendeckel: ein Erfolgsmodell – so lautete auf unseren Antrag hin die Überschrift der aktuellen Stunde in der heutigen Plenarsitzung. Seit dem 23. Februar diesen Jahres ziehen wir mit dem Mietendeckel eine radikale Notbremse gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung. 1,5 Mio Haushalte können seitdem aufatmen. Jetzt knapp 9 Monate später steigen wir in die 2. Stufe des Mietendeckels ein und senken überhöhte Mieten ab. Denn es gibt kein grundgesetzlich garantiertes Recht auf unendliche Renditen, erst recht nicht wenn es um das Grundrecht auf Wohnen geht.

Meinen Redebeitrag zur aktuellen Stunde gibt’s hier (Quelle: rbb):

Der Mietendeckel ist aber nicht nur ein Erfolgsmodell, weil wir die Mieten begrenzen, sondern vor allem weil wir damit das Primat der Politik wiederherstellen. Der Mietendeckel verschafft den Menschen dabei nicht nur eine Atempause, er trägt auch zum sozialen Frieden bei. Es wurde eine Trendumkehr eingeleitet, denn im Gegensatz zu anderen Städten sind in Berlin die Neuvermietungsmieten seit Einführung des Mietendeckels um fast 10 Prozent gesunken und eben nicht weiter gestiegen. Er hilft, dass eine Wohnung, nur weil sie neu vermietet wird, eben nicht mehr automatisch 30 Prozent teurer wird. Und in den allermeisten Fällen wird der Mietendeckel von den Vermieterinnen und Vermietern auch eingehalten und sie gehen unseren Weg mit.

Der Mietendeckel ist zugleich erst der Auftakt hin zu einer neuen gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik: denn um eine soziale Wohnraumversorgung für alle Berliner zu gewährleisten, gehören mindestens 50 Prozent des Bestands in öffentliche und genossenschaftliche Hand. Mit dem Vorkaufsrecht, der Rekommunalisierung und gezielten Ankäufen haben wir schon einiges geschafft. Aber wir brauchen beim Bestandsschutz von Wohnraum auch ein Miet- und Wohnungskataster, damit wir endlich die Black Box Wohnungsmarkt transparent machen und wissen, wem die Stadt gehört. Ich bin froh, dass wir als Koalition an einem Gesetz arbeiten und diesen nächsten Schritt gehen.

Bericht zum Fachgespräch: Was bedeuten die Pläne der SIGNA für unsere Kieze in Kreuzberg und Neukölln?

Ende September haben meine Fraktionskollegin Susanna Kahlefeld und ich zu einem Online-Fachgespräch eingeladen, um mit Expert*innen, Anwohnenden und allen Interessierten über den aktuellen Stand und die möglichen Auswirkungen eines solchen Projektes zu diskutieren. Dabei ging es auch um eine Bewertung der Einigung zwischen Senat und SIGNA und die Frage, welche konkreten Möglichkeiten bestehen, hier drauf noch Einfluss zu nehmen. Teil der Diskussion war ebenso, was die Menschen vor Ort brauchen und wollen – jenseits der Vorstellung des Investors.

Ein Audiomitschnitt des Fachgesprächs ist hier zu finden.

Los ging die Diskussion mit einem kurzen Überblick zum aktuellen Stand. Seit einiger Zeit sieht der Plan der SIGNA für das Karstadt-Gebäude am Hermannplatz dessen Abriss und den Neubau eines deutlich größeren Gebäudes mit Fassade Baus von 1927-29 vor. Der Immobilienkonzern kämpft derzeit mit allen Mitteln für eine Baugenehmigung. Mit dem Letter of Intent (LOI), den SIGNA mit dem Berliner Senat abgeschlossen hat, verspricht SIGNA vorerst vier der sechs zu schließenden Karstadt-Filialen Berlins zu retten, um im Gegenzug vom Senat eine Baugenehmigung für drei verschiedene Orte zu erhalten. Somit sollen Neubauten am Kurfürstendamm, am Alexanderplatz und am Hermannplatz ermöglicht werden. Bezüglich des Baus am Hermannplatz soll ein zügiges Masterplanverfahren durchgeführt werden. Der Senat würde damit die Planungshoheit über den Hermannplatz an sich ziehen, welche bisher auf Bezirksebene in Friedrichshain-Kreuzberg gelegen hat. Der Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks hatte 2019 die Neubaupläne SIGNAs abgelehnt.

SIGNA stellt seine Neubau-Pläne als soziales und alternatives Projekt vor, doch schon lange formiert sich in der Zivilgesellschaft erheblicher Widerstand gegen die Pläne. Zusammen mit Susanna Kahlefeld und der grünen BVV-Fraktion in Friedrichshain-Kreuzberg fordern wir daher, dass das Planungsrecht auch weiterhin auf Bezirksebene verbleibt und dass es zur Umgestaltung des Hermannplatzes ein ergebnisoffenes, transparentes Beteiligungsverfahren geben soll.

Als Expertin für das Fachgespräch war Theresa Keilhacker eingeladen. Sie ist Architektin bei „Aktiv für Architektur“ mit dem Fachgebiet nachhaltiges Planen und Bauen. Sie bezweifelt die ökologische Bilanz des Neubaus, wie sie von SIGNA veröffentlicht wurde. Die Berechnung der CO2 Bilanz sei kompliziert und in einem so frühen Stadium der Planung kaum möglich. Jeder Abriss sollte soweit es möglich ist aus ökologischen Gesichtspunkten immer in Frage gestellt werden. Zudem sei beim Abriss des Gebäudes am Hermannplatz auch der geltende Denkmalschutz zu beachten.

Dass das Verkehrskonzept des Platzes dringend überarbeitet werden muss, dürfte allen klar sein, eine solche Planung sei aber von den Plänen SIGNAs völlig unabhängig. Da SIGNA beide Vorhaben in seinen Darstellungen oft miteinander verknüpft, ist es also wichtig der Bevölkerung klarzumachen, dass ein verbessertes Verkehrskonzept für den Hermannplatz auch unabhängig von der Planung des Karstadt Gebäudes durchgeführt wird. Keilhacker war bei der Planung für den Checkpoint Charlie beteiligt, auch hier gab es anfangs einen Letter of Intent, dessen Inhalt aber durch ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis gekippt werden konnte. Bei diesem Prozess sei klar geworden, so Keilhacker, dass Berlin sich nicht von Investor*innen unter Druck setzen lassen muss, sondern die Gestaltungshoheit von für die Stadt wichtigen Plätzen behalten muss. Die Festschreibung von sozialer Bodennutzung in B-Plan-Verfahren sei eine Möglichkeit dazu.

Beim Fachgespräch mit dabei war auch Hülya Kilic, seit 13 Jahren Inhaberin eines Ladens in der Oranienstraße und bei der Initiative Oranienstraße Kreuzberg 36 (IOK36) aktiv. Sie hebt hervor, dass durch den geplanten SIGNA Neubau die Preise für Mieter*innen und Gewerbetreibende der Umgebung massiv in die Höhe getrieben werden würden, was den Kiez langfristig und unumkehrbar verändern würde. In der Umgebung gäbe es zudem eine große Diversität, u.a. besonders viele Ladeninhaber*innen und Mieter*innen mit Migrationshintergrund, die durch eine solche Entwicklung von Verdrängung bedroht wäre. Sie wünscht sich, dass die Bevölkerung sowie die Ladeninhaber*innen besser vom Bezirk über die Planungen informiert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass große Teile der Bevölkerung gar nicht oder nur durch die SIGNA Kampagne Informationen erhalten. Einem möglichen Beteiligungsprozess stehen Kilic und viele weitere Teilnehmer*innen der Runde mit Skepsis gegenüber, da das bei anderen Projekten wiederholt genutzt worden seien um schon feststehende Pläne zu legitimieren. Keilhacker erläutert, dass sich im Falle vom Checkpoint Charlie das Beteiligungsverfahren bewährt habe, insbesondere dadurch, dass aufsuchende Beteiligung eine große Rolle gespielt hat. So wurden Bewohner*innen und Nutzer*innen einbezogen, die sich ansonsten nicht beteiligt hätten.

Dritter eingeladener Gast war Tobias Losekandt von der Kreativwirtschaftsagentur Berlin. Er berät schon seit Jahren Kunst- und Kreativschaffende in Neukölln und ganz Berlin. Er stellt fest, dass ein großer Teil der Kreativ- und Kulturschaffenden Neuköllns für alternative Lebens- und Arbeitsformen stehen, die durch die derzeitigen Entwicklungen zunehmend bedroht seien. Ein SIGNA Neubau würde diese Bedrohung noch verstärken, da die Mieten dadurch voraussichtlich stärker ansteigen. Allerdings gäbe es, so Losekandt, auch Beispiele, in denen eine Veränderung der Baustruktur durch einen guten Einbezug der Bevölkerung und der Kunst- und Kulturszene eine positive Wirkung auf das Umfeld mit sich gebracht hat. Das Aufbauhaus am Moritzplatz sei so ein Fall. Auch Keilhacker berichtet von einem Gebäude welches durch die Einbeziehung bestehender Strukturen und Bedarfe der Bevölkerung sowie behutsamer Sanierungen einen positiven Effekt auf den Kiez hatte. Das alte Hertie Gebäude in der Turmstraße wurde so aus dem Bestand heraus behutsam entwickelt.

Befürchtungen aus dem Publikum, dass die Karstadt-Angestellten bei einem Nichtzustandekommen des Deals in die Arbeitslosigkeit rutschen würden, sind nachvollziehbar. Allerdings seien die Arbeitsplätze höchstens für ein paar Jahre abgesichert und würden nur einen unsicheren Aufschub der Kündigungen bedeuten, wie in der Diskussion erläutert wird. Dies dürfe kein Argument sein, um mehreren städtebaulich sehr relevanten Bauvorhaben, die die Stadt und die Kieze langfristig verändern, grünes Licht zu geben.

Klar ist, das Thema wird uns auch in den nächsten Monaten noch begleiten. Es ist für die umliegenden Kieze und ihre Entwicklung in den nächsten Jahren ein entscheidender Faktor. Zusammen mit meiner Fraktionskollegin Susanna Kahlefeld planen wir daher, Anfang nächsten Jahres ein weiteres Gespräch zum Thema zu organisieren.