Zum fragwürdigen Deal mit der Signa-Gruppe – Unser Brief an den Regierenden Bürgermeister Müller

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Müller,

teil des jüngst von Vertreter*innen des Berliner Senats und der Signa-Gruppe unterzeichneten Letter of Intent (LOI) sind auch Verabredungen zu den Bauvorhaben der Signa-Gruppe am Karstadt-Standort Hermannplatz im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Als gewählte Vertreter*innen unseres Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg möchten wir Sie stellvertretend für den gesamten Senat darüber in Kenntnis setzen, dass wir weiterhin schwerwiegende Bedenken gegen die bisher bekannt gewordenen Pläne von Signa für den Hermannplatz haben und das nunmehr im LOI angedachte Vorgehen für hochproblematisch halten. Bestätigt sehen wir uns in dieser Haltung auch durch die fast durchweg negativen Reaktionen, die wir von Bewohnerinnen und Bewohnern unseres Bezirks auf die diesbezüglichen Verabredungen im LOI erhalten haben.

Wir wissen die Anstrengungen des Senats zu schätzen, möglichst viele Arbeitsplätze im Einzelhandel und aktuell insbesondere bei Galeria Karstadt Kaufhof zu erhalten. Und wir wissen auch, dass dieses Bemühen den Hintergrund bot für die Verhandlungen mit Signa. Wir hielten es jedoch in verschiedener Hinsicht für einen großen Fehler, sollte jetzt tatsächlich dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Zuständigkeit für dieses Vorhaben entzogen werden und die weitere Standortplanung auf Basis des bisherigen Konzeptes von Signa erfolgen. Aus unserer Sicht wäre der vollständige Abriss eines intakten Bestandsgebäudes nicht nur ökologisch mehr als fragwürdig. Auch eine Rekonstruktion des ursprünglichen Gebäudes in alter monumentaler Größe ist mit Blick auf das Stadtgefüge am Hermannplatz aus unserer Sicht in der heutigen Zeit völlig unangemessen. Die Rekonstruktion einer historischen Architektur aus der Endphase der Weimarer Republik fällt aus der Zeit und schafft keine „identitätsstiftende Architektur“ im heutigen Kreuzberg oder Neukölln, wie es im LOI gewünscht wird.

Wir teilen diesbezüglich auch ausdrücklich die fachliche Stellungnahme des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 30. August 2019, in der es heißt: „Aufgrund von Dimension, Wirkung und geplanter Nutzung des Gebäudes würde es im umgebenden Stadtgefüge wie ein Fremdkörper wirken und könnte daher nicht nur keine Symbolkraft für die angrenzenden Bezirksflächen entfalten, sondern würde vielmehr ein irreführendes Signal senden und letztlich weitgehend nur für sich stehen.“Das Vorhaben steht zudem im Widerspruch zu bisherigen bezirklichen Verkehrs-und Grünflächenkonzepten und würde im Rahmen der baulichen Umsetzung einen zentralen Verkehrsknotenpunkt zweier Bezirke über Jahre hinweg lahmlegen.

Vor allem aber sorgt uns, dass ein neuer Konsum-und Eventpalast für gravierende Umstrukturierungen im Stadtteilumfeld sorgen dürfte. Noch ist das Karstadt-Warenhaus am Hermannplatz das Ankerzentrum im lokalen Markt und hat eine stabilisierende Funktion für das Umfeld. Wir beobachten jedoch bereits jetzt rund um den Hermannplatz eine massive Verdrängung des herkömmlichen Kleingewerbes, das auf den Alltagsbedarf für die lokale Bevölkerung ausgerichtet ist, durch ein wachsendes Angebotan Gastronomie, das auf Tourismus ausgerichtet ist. Eine monumentale Signa-Mall am Hermannplatz dürfte diese Entwicklung deutlich beschleunigen.

In diesem Zusammenhang sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass der geplante Abriss und Neubau des Gebäudes am Hermannplatz auch den dortigen Karstadt-Standort selbst und die dortigen Arbeitsplätze in Frage stellt. Nicht anders dürfte es auch zu verstehensein, dass im LOI weder Zusagen über den Erhalt der jetzigen Verkaufsfläche von Karstadt am Hermannplatz noch eine Garantie für den Erhalt der dortigen Arbeitsplätze während der zu erwartenden langjährigen Bauphase fixiert wurden. Es wird hingegen immerdeutlicher: im Mittelpunkt des Interesses der Signa-Gruppe steht nicht das Warenhausgeschäft, sondern die Renditen, die durch Immobilienhandel und -verwertung zu erzielen sind. Die Warenhäuser sind dabei bestenfalls Mittel zum Zweck zur Optimierung des Geschäftes mit Immobilien und wurden in Berlin genau in diesem Sinne eingesetzt. So bestehen im Übrigen auch ganz erhebliche Zweifel, dass die Schließungsankündigungen für die Berliner Warenhaus-Filialen tatsächlich in erster Linie betriebswirtschaftlich motiviert waren. Laut Auskunft von Signa waren die Berliner Standorte jedenfalls vor Beginn der Corona-Krise noch im Plus.

Signa hat die Corona-Krise viel mehr als Chance begriffen, um ihren eigentlichen Interessen im Immobiliengeschäft Nachdruck zu verleihen.Unter dem Strich bleibt es eine inakzeptable Form der politischen Erpressung, wenn die Signa-Gruppe Hunderte von Beschäftigten und ihre Arbeitsplätze an verschiedenen Standorten in unserer Stadt in Geiselhaft nimmt, um an einem Ort wie dem Hermannplatzeigene Bau-Interessen als Immobilienkonzern brachial durchzusetzen. Für Signa mag ein gigantischer Retro-Bau seinen Werbezweck erfüllen, der insbesondere auch Tourist*innen anziehen dürfte, und zudem dem Konzern Renditen im Immobiliengeschäft garantiert–für den betroffenen Stadtteil selbst und die angrenzenden Nachbarschaften wäre er ganz sicher vor allem eines: eine große Belastung.

Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass der Berliner Senat die Zuständigkeit für die Bauvorhaben von Signa am Hermannplatz federführend weiter beim Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg belässt und seine diesbezüglichen Vorstellungen in die bezirklichen Prozesse einspeist. Nur so bleiben eine bürgernahe Debatte und Entscheidung möglich. Signa sollte ihre Pläne für den StandortHermannplatz grundsätzlich überdenken, von dem geplanten Abriss Abstand nehmen und eine behutsame und städtebaulich verträgliche Weiterentwicklung des Bestandsgebäudes im Rahmen der bezirklichen Vorgaben in Angriff nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Reza Amiri
Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Fraktion DIE LINKE in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg

Canan Bayram
MdB Bündnis 90/Die Grünen Friedrichshain-Kreuzberg

Annika Gerold
Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg

Gaby Gottwald
MdA DIE LINKE Friedrichshain-Kreuzberg

Pascal Meiser
MdB DIE LINKE Friedrichshain-Kreuzberg

Oliver Nöll
Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg

Katrin Schmidberger
MdA Bündnis 90/Die Grünen Friedrichshain-Kreuzberg

Julian Schwarze
Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg

Mieterschutz durch Milieuschutz – Spekulation eindämmen!

Am 19. Februar 2015 haben wir den Antrag Berlin braucht mehr "Soziale Erhaltungsgebiete" – Mieterschutz stärken und Spekualation eindämmen ins Plenum eingebracht. In meiner Rede fordere ich den Senat dazu auf sich verstärkt für die Schaffung neuer Milieuschutgebiete in Berlin einzusetzen (Link zur Derfinition: Erhaltungssatzung). Nur wenn eine entschiedene Ausweitung sozialer Erhaltungsgebiete auf große Teile der Stadt erfolgt kann der Wohnungnot in Berlin begenget werden (Link zur Karte der jetzigen Berliner Milieuschutzgebeite).  Die Bezirke, die das Verfahren zur Erstellung eines Milieuschutzgebietes oder eines Erhaltungsgebietes in Gang setzen können brauchen dabei dringend die Unterstützung durch den Senat. Die wichtigsten Gründe für die Schaffung neuer Milieuschutzgebiete sind: der Schutz vor überteuerten Luxussanierungen, der Erhalt kleiner Wohnungen durch die Verhinderung von Wohnungszusammenlegungen, die Wahrnehmung des Vorkaufsrechtes von Immobilien durch die Bezirke und ein wirksames und schnelles Vorgehen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Auch die angekündigte Umwandlungsverordnung des Senats, die den Verkauf von Mietwohnungen genehmigungspflichtig machen soll, kann nur in Milieuschutzgebiten angewandt werden. Nun ist es am Senat dieses Instrument mit allen Mitteln zu stärken.

 

500 Tage für ein bezahlbares, kreatives und vielfältiges Berlin

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe grüne Aktive, liebe Interessierte und UnterstützerInnen,

500 Tage ist es nun her, dass ich ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt wurde.
Die Zeit ist wie im Flug vergangen, sie war aufregend und ereignisreich.
In vielen parlamentarischen und außerparlamentarischen Begegnungen erfuhr ich positive Resonanz und Unterstützung, die mich immer wieder aufs Neue motivierte, meine Ziele mit großer Energie zu verfolgen.

Besondere Freude bereitete mir die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Initiativen und BürgerInnen. Die vielfältigen Herausforderungen meines Mandats machen meine Arbeit zu meinem persönlichen Traumberuf.
Umso mehr, da ich Politik für die Menschen machen kann, die für gewöhnlich kein Gehör beim Senat finden.

Die  thematisblogchen Schwerpunkte meiner politischen Arbeit in den vergangenen 500 Tagen waren unter anderem die soziale Gestaltung des Berliner Wohnungsmarktes, eine faire Mietenpolitik und eine nachhaltige Liegenschaftspolitik sowie eine soziale Stadtentwicklung von unten. Als Sprecherin für Clubkultur machte ich mich für den Erhalt und die Stärkung der vielfältigen Berliner Club- und Subkultur stark. Um Euch einen Überblick über meiner Tätigkeiten zu geben, habe ich die Themen, mit denen ich mich in den vergangenen 500 Tagen auseinandergesetzt habe, in einem kompakten Dokument zusammengefasst.

Vom Bundesmietrecht zur GEMA-Tarifreform bis zur Zweckentfremdung könnt ihr Euch, wenn ihr Lust habt, in meine Arbeitsbereiche einlesen.
Den Link zum PDF findet ihr hier.

Viel Spaß beim Schmökern!
Eure Katrin Schmidberger

 

Die große Rettung Musicboard?

Einladung zum Vernetzungstreffen am 03.09.2012 um 19 Uhr im Edelweiss/Görlitzer Park

Liebe Freund_innen der Berliner Musik- und Clubkultur, der Berliner Senat hat für das Jahr 2013 die Einrichtung eines Musicboards angekündigt. Ausgestattet mit einem Jahresetat von 1 Millionen Euro soll es die Rahmenbedingungen für die Szene und die Kommunikation mit der Senatsverwaltung verbessern. Aber erkennt der Senat die selben Herausforderungen wie die vielfältige Szene in ihrer ganzen Breite, von den in Verbänden organisierten Playern bis zu den parzellierten Nischen der Subkultur in dieser Stadt?

Was bisher an Planungen für dieses neue Förderinstrument bekannt geworden ist, bleibt abstrakt und schöpft aus dem Repertoire herkömmlicher Wirtschafts- und Standortpolitik. Unter dieser Perspektive lassen sich aber nicht alle Akteure einbeziehen.

Dies gilt es zu ändern. Welche Instrumente sind sinnvoll, um die Vielfalt der Berliner Musikszene und -wirtschaft zu erhalten und gezielt die Nöte der Clubs und Veranstalter_innen anzugehen? In welcher Form kann Stadtentwicklung als zentrales Element aufgrund des wachsenden Drucks auf dem Wohnungsmarkt, den weniger werdenden Freiräumen und den Nutzungskonflikten von einem Musicboard aufgegriffen werden? Zuletzt, welche Organisationsstruktur brauchen wir hierfür?

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