Wohnraumversorgungsgesetz beschlossen – ein erster Schritt, aber das Ziel ist noch lange nicht erreicht

Das von der Initiative Mietenvolksbegehren dem rot-schwarzen Senat abgerungene und am vergangenen Donnerstag beschlossene Wohnraumversorgungsgesetz ist ein erster Schritt auf einem langen Weg. Aber reicht ein erster Schritt für eine echte Lösung? Leider nein. In der Berliner Wohnungspolitik bleibt weiterhin noch viel zu tun. Das Ziel, bezahlbare Sozialwohnungen in Berlin nachhaltig zu sichern, ist mit dem Gesetzesentwurf leider noch nicht erreicht.

Meine Rede im Plenum zum neuen Wohnraumversorgungsgesetz:

Mit dem Wohnraumversorgungsgesetz wird der Versorgungsauftrag der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften für finanziell Benachteiligte endlich gesetzlich verankert. Die Rechte der MieterInnen werden gestärkt und Verkäufe landeseigener Wohnungen erschwert. Positiv ist auch der Vorschlag eines revolvierenden Fnonds für Neubau, Modernisierung, sozialverträgliche energetische Sanierung sowie den Ankauf von Wohnungen.

Kritisch bleibt, dass von dem Gesetz nur rund 20 Prozent der MieterInnen des sozialen Wohnungsbaus finanziell profitieren werden. Deshalb haben wir Grünen dem Gesetz zwar zugestimmt, gleichzeitig aber Nachbesserungen beantragt. So fordern wir etwa eine geringere Mietbelastung für SozialmieterInnen und eine höhere Quote für Wohnberechtigungsscheine bei der Vergabe von landeseigenen Wohnungen, damit einkommensschwache Familien besser mit Wohnraum versorgt werden können.

Die zentrale Lehre aus dem Mietenvolksbegehren und den Diskussionen der vergangenen Monaten ist jedoch nicht der Gesetzentwurf, sondern das Signal: die Berlinerinnen und Berliner erwarten zu Recht mehr. Sie fordern: Schluss mit dem Zögern und Zaudern. Der Senat muss vom Getriebenen endlich zum Vorreiter einer sozial und ökologisch nachhaltigen Wohnungspolitik werden.

Was in dem Gesetz komplett fehlt, ist eine Lösung der Probleme im Sozialen Wohnungsbau, da das Problem der ansteigenden Kostenmieten nicht gelöst wird.

Noch immer liegen 60 % der Mieten im Sozialen Wohnungsbau über dem Berliner Durchschnitt. Das seit 30 Jahren bekannte Problem der überhöhten Baukosten und der weiter steigenden Mieten bleibt weiter bestehen. Die finanziellen Zuschüsse werden bei vielen MieterInnen nicht ausreichen – auch weil der Senat nur einen maximalen Zuschuss von 2,50 Euro pro Quadratmeter gewährt.

Deshalb braucht es eine Korrektur des „alten“ Sozialen Wohnungsbaus: Die Kostenmiete im öffentlich geförderten Mietwohnungsbau muss auf die „wirtschaftlich erforderlichen“ Kosten begrenzt werden. Dazu braucht es eine objektbezogene Prüfung, die die Einführung einer sozialen Richtsatzmiete ermöglicht, die unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Die fiktiven Kosten müssen abgeschafft werden, um das absurde Geschäftsmodell, dass Vermieter Kosten ihres Vorgängers anrechnen obwohl sie den Neueigentümern nie entstanden sind, zu beenden.

IMG_0511aUm gesetzliche Möglichkeiten auszuloten, haben wir als Grüne Fraktion ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis zeigt klar: Es gibt einen Weg, um die Probleme im Sozialen Wohnungsbau zu lösen. Es ist möglich, die überhöhten Baukosten zu überprüfen. Die Grünen-Fraktion hat daher u.a. in Änderungsanträgen und in dem Antrag „Grünen Sozialen Wohnungsbau retten und alle Sozialmieter/-innen schützen: Überhöhte Kostenmieten korrigieren und Soziale Richtsatzmiete einführen“ gefordert:

  • Das Unrecht der fiktiven Kostenmieten muss schnellstens beseitigt werden.
  • Die überhöhten Kostenmieten müssen überprüft und korrigiert werden.
  • Schaffung einer sozialen Richtsatzmiete, die allen SozialmieterInnen zu Gute kommt und auch die Eigentümer finanziell mit in die Pflicht nimmt.
  • Einrichtung einer Expertenkommission zur Aufarbeitung der Rechtslage und Erstellung eines Korrekturgesetzes.

Und das ist nicht das Einzige, was am Gesetz halbherzig ist. Das Hauptproblem ist die Härtefallregelung für Mieter in Landeseigenen Wohnungen und Sozialbauten. Die Nettokaltmiete bei 30 % des Nettoeinkommens zu kappen, reicht nicht aus. Denn viele Familien werden trotzdem fast die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben – das haben auch der Berliner Mieterverein und der Republikanische Anwaltsverein im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses kritisiert. So ist es leider auch nicht verwunderlich, dass diese geplante Härtefallregelung nur 20 % der SozialmieterInnen helfen wird. Wie lange das wirken wird, ist fraglich. Eine echte Brückenlösung ist das nicht. Nicht umsonst fordern Sozialverbände wie die AWO hier eine Nachbesserung. Und auch wir Grüne wollen nach wie vor eine Härtefallregelung, die MieterInnen auch wirklich entlastet.

In Sachen neues Wohnraumversorgungsgesetz ziehen wir Grüne insgesamt also eine gemischte Bilanz: Das Gesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das Gesetz ist auch viel mehr als der Senat je von selbst auf den Weg gebracht hätte. Aber es ist auch weniger als die Mieterbewegung und wir erreichen wollten. Am Ziel sind wir also noch lange nicht, es ist noch viel zu tun!